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Breaking News

Breaking News

Titel: Breaking News Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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ist niedergebrannt.«
    »Und das andere?«
    »Wurde beschädigt, aber wenn wir ein bisschen was in die Reparatur stecken, können wir –«
    »Bau es nicht wieder auf.«
    Gab ihm klar zu verstehen, dass nur ein Putsch ihn von der Ausführung seines Plans abhalten könne, und seltsam: Man hört jemanden reden, präzise in der Formulierung, unzweideutig in der Wortwahl, und fragt sich im Nachhinein, warum man dennoch alles anders abgespeichert hat. Schon im Moment der Lautaufnahme musste ein mentales Filtriersystem in Jehudas Kopf kritische Inhalte ausgesondert haben, bevor sie in Erkenntnis umgesetzt werden konnten. Mit dem Ergebnis, dass er nichts von alledem glaubte. Arik halt. Ein fliegender Fisch, Großmeister des Gesinnungswandels. Der in diesem Augenblick ganz sicher meinte , was er sagte – und zu gegebener Zeit ebenso sicher etwas anderes meinen würde.
    Wenn er sich nicht mehr zu dem Schritt gezwungen sähe.
    Jetzt geht ihm auf, dass Arik von keinerlei Zwang getrieben war. Er koppelt Israel von Gaza ab, nicht weil er muss.
    Weil er es will.
    »Jahrzehntelang war er einer von uns«, schimpft Benjamin in den Medien. »Hat uns gesagt, wie seien die vorderste Verteidigungslinie gegen die arabischen Massen. Wie kann er uns so verraten?«
    Falsch, denkt Jehuda.
    Er war nie einer von euch.

    Von uns, verbessert er sich. Hör endlich auf, Gräben zwischen dir und den Ideologischen zu ziehen, wir leben auf besetztem Gebiet, also werden wir in einen Topf geworfen: ein Haufen Spinner, die sich Israel nicht länger leisten mag. Und stimmt ja auch, bis heute hat der Spaß Milliarden gekostet, alleine, uns hier zu schützen: zwei Soldaten pro Siedler! Während im Kernland die Arbeitsämter verstopfen, werden wir von Steuergeldern alimentiert, als wüsste der Staat nicht, wohin damit, aber wie wär’s mal mit der Gegenrechnung? Dass Israel fast zehn Prozent seiner landwirtschaftlichen Güter aus Gaza bezieht, Tomaten, Zitrusfrüchte, Paprika und Kräuter. Stell dir vor, ein Ultraorthodoxer beißt auf eine Blattlaus, was für ein Geschrei, nicht auszudenken. Kann ihm mit Salat aus Gaza nicht passieren. Koscher, Stempel vom Rabbi. Oder Rafiach Jam, Textilfertigung, schicke Fummel für Teenies aus Tel Aviv, trotz Intifada arbeiten dort Dutzende Palästinenser, die heilfroh wären, wenn die Siedler blieben. Kauf Blumen, Geranien, Rosen, Amaryllis, und du kaufst den Gazastreifen mit. Kilometer um Kilometer reihen sich hier die Treibhäuser aneinander, wir sind verdammt noch mal ein Wirtschaftsfaktor!
    Wieder rechnet er es durch.
    Seine Gedanken türmen sich wie eine Pyramide Turner übereinander, jedes Mal, wenn er glaubt, so könnte es gehen, schwingt sich einer zu viel obendrauf und bringt das Ganze zum Einsturz. Und wenn er hundert Mal rechnet, fest steht, sie können die komplette Jahresproduktion vergessen. Die Ernte beginnt im August, zwei Monate dauert sie, aber dann wird Elei Sinai Geschichte sein.
    Und die Amaryllis werden verdorren.
    Ein Jahr ohne Einkommen.
     
    Natürlich haben sie Anspruch auf Kompensation.
    Eigens dafür wurde eine Behörde namens SELA ins Leben gerufen, »Hilfe für die umgesiedelten Bewohner von Gaza und Nord-Samaria«. Das Problem ist, Hunderte hier glauben, wenn sie Gaza aufgeben, falle als Nächstes Jerusalem. Das Pathos der Frömmler ist bühnenreif, sie kennen wie immer keine Zwischentöne. Wenn auf der Straße nach Hebron nur eine Fahrbahn gesperrt ist, geht es gleich schon um die Zukunft des jüdischen Volkes, wie muss man sich da erst den Abzug aus Gaza vorstellen! Schon in der Rückgabe des Sinai erblickten sie den Untergang Israels, doch Jamit fiel, ohne dass sich das Meer der Geschichte nur gekräuselt hätte. Andere Ereignisse schlugen Wellen, erste Intifada, Oslo, Rabins Tod, der Horror der vergangenen fünf Jahre –

    Das waren Stürme!
    Was sich im August abspielen wird, ist allenfalls ein Sturm im Wasserglas. Arik wird Spuren hinterlassen, die Siedler hinterlassen nur ein bisschen aufgewühlten Sand.
    Bis dahin jedoch verursachen sie helle Aufregung, also packt der Premier sie so gut es eben geht in Watte. Er selbst kann sich in Gaza nicht mehr blicken lassen, darum hat er Jonathan Bassi zum Leiter der SELA berufen, einen streng religiösen Kibbuznik und ausgewiesenen Siedlerfreund, der nicht müde wird, sich und sein 30-köpfiges Team als Erbauer neuer Welten zu verkaufen. Üppige Summen sollen fließen zur seelischen und materiellen Wundheilung, ungeschickt nur, dass Bassi

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