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Breaking News

Breaking News

Titel: Breaking News Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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heißt noch lange nicht, dass er auch mit Nachdruck handeln wird«, sagt Dichter.
    »Kann«, korrigiert Arik.
    »Was?«
    »Handeln kann .«
    »Wo ist der Unterschied?«
    »Im Willen. Es wird Rückschläge geben, sicher. Damit können wir leben. Hauptsache, er will .«
    »Sie hören meine Worte.«
    »Ja, und ich träume davon. Wenn ich mich nachts auf die andere Seite wälze, liegen Sie schon da mit Ihren Bedenken.«
    Genau das erschüttert sein Vertrauen in Dichter am Ende dann doch. Oder besser gesagt, es trübt Ariks Gewissheit, dass er für den Job noch der Richtige ist. In Zeiten blutiger Konflikte? Idealbesetzung! Israels Dank wird ihm auf ewig gewiss sein, aber leider steht der Inlandsgeheimdienstchef nicht zu 100 Prozent hinter der Abkopplung, und das macht es unmöglich, ihn langfristig im Amt zu halten.
    Also wird Arik ihn ablösen.
    Er weiß das Gros der Bevölkerung hinter sich, die Medien sind geschlossen auf seiner Seite. Nie war die Zwei-Staaten-Lösung populärer. Sie entspringt dem innigen Wunsch, einander endlich los zu sein. Drei Viertel der Israelis bringen für die Siedler kein Verständnis mehr auf, haben die Nase voll von Besatzung und demografischer Verfilzung, der Blutzoll war einfach zu hoch: 1558 Tage Intifada, rund 20   000 Anschläge, über 1000 Tote, mehr als 7000 Verletzte, und auch die Palästinenser sind mit dreieinhalbtausend Todesopfern restlos bedient. Beide Völker sehnen Ruhe und Koexistenz herbei, wie üblich sind es die Minderheiten, die alles daransetzen, jedes bisschen Normalität im Keim zu ersticken.
    »Diese Typen lieben es, die Welt brennen zu sehen«, sagt Arik. »Ich werde mir von denen nicht mein Handeln diktieren lassen, und schon gar nicht von meiner eigenen Partei. Wozu habe ich mehrere Misstrauensanträge überstanden, die Blockade durch die Nationalreligiöse Partei und die Nationale Einheit, die Siedlerproteste, Bibis Querschüsse –«

    »Der übrigens gegen die Entkopplung stimmen wird«, informiert ihn Dichter.
    »Ach ja? Wen interessiert’s?«
    Bibis Herumeiern und Pokern. Mal war er zur Entkopplung bereit, dann wieder dagegen. Jetzt hat er überreizt, und Arik hat gewonnen. Die Abkopplung ist beschlossene Sache.
    Dichter schaut versonnen auf seine Hände.
    »Ich kümmere mich dann um den Wachdienst.«
    »Danke, Awi. Das ist nett von Ihnen.«
    Der Geheimdienstchef lächelt und geht hinaus. Arik versucht eine Minute zu meditieren, den Kopf frei zu bekommen, doch seine Gedanken kreisen um Lily.
    Grabschänder. Du lieber Himmel!
    Er weiß, das kommt von ein paar Durchgeknallten, die meisten Siedler sind friedliebende Leute, aber gerade fragt er sich, ob das ganze Siedlungsabenteuer nicht ein einziger Irrsinn war, der sich hätte vermeiden lassen.
    Ich hab keine Angst vor euch, denkt er. Ich hatte nie Angst. Na ja. Fast nie. Damals in Latrun, als uns die Jordanische Legion unter Feuer nahm – da hatte ich welche.
    Kurz.
    Aber seitdem niemals wieder.
    Also legt euch nicht mit mir an.
    Beginnt die Räumungsbefehle zu unterschreiben, 20 für den Gazastreifen, vier für die Westbank. Die Entschlossenheit verleiht seinem Namenszug Schwung.
Gaza, Elei Sinai
    Jehuda kalkuliert es durch und durch, doch nach jeder neuen Berechnung liest sich das Ergebnis nur umso deprimierender.
    Man könnte sagen, sie sind in Schwierigkeiten.
    In einer unglücklichen Situation.
    In einem vorübergehenden Engpass.
    Es gibt viele Umschreibungen für das, was ihnen gerade widerfährt, de facto sind sie im Arsch.
    Arik hat Ernst gemacht.
    Es kann doch nicht sein, denkt er, dass wir die verfluchte Intifada durchgestanden haben, nur um jetzt ein zweites Jamit zu erleben. Wasbleibt uns denn, ich bin 77, Phoebe wird im Herbst 75, alles, was wir besitzen, sind dieses Zuhause und ein paar Brutstätten für Amaryllis, Arik, das kannst du nicht machen!
    Die meisten Siedler denken in diesen Tagen so.
    Das kannst du nicht machen!
    Mit demselben Effekt, als würden sie denken, Sonne, du kannst doch nicht untergehen. Über ein Jahr hat es Arik gekostet, den Prozess in Gang zu setzen, jetzt ist die Abkopplung nicht mehr aufzuhalten. Ebenso gut könnten sie sich einem fahrenden Zug entgegenwerfen.
    Und Jehuda hat es gewusst.
    Verdammt, er hat es gewusst!
    Vor einem Jahr, nachdem Haaretz das Interview brachte, hat er Arik angerufen, ob das wirklich sein Ernst sei, er solle bei Leib und Leben schwören, die Wahrheit zu sagen, und Arik fragte zurück:
    »Du hast zwei Gewächshäuser verloren?«
    »Eines

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