Breathe - Flucht nach Sequoia: Roman (German Edition)
zwischen uns wird immer größer. Als der Lärm der Zip endlich verhallt und alles ruhig ist, bleibe ich stehen. Oscar winkt mir, ihm zu folgen, doch mein Herz rast zu sehr für Worte und so holpere ich mühsam auf ihn zu und lasse mich von ihm an der Hand weiterschleifen. »Was ist los?«, flüstert er.
»Ich war kein Premium.« Verwirrt fasst er sich ans Ohrläppchen. Ohne meine Hand loszulassen, zieht er mich eine Gasse hinunter.
»Ganz langsam atmen«, sagt er. Ich halte an und holeein paarmal tief Luft, während er wieder in Hose, Hemd und Mantel steigt.
»Hier!«, ruft eine Stimme ganz in unserer Nähe. Oscar nimmt mich wieder bei der Hand und wir verstecken uns hinter einer stinkigen alten Mülltonne. Er hält seinen Mantel auf und zieht mich mit darunter. Ich spüre seine Brust an meinem Rücken und lasse mich tiefer in seine Wärme sinken. Er legt seine Hand samt Pistole auf meinen Bauch.
»Okay?«, flüstert er. Mir klappern die Zähne. Mir ist viel zu kalt zum Nicken.
Als jemand die Gasse entlangstreicht, zieht Oscar mich noch enger an sich heran. Knirschende Stiefelsohlen zerquetschen den Müll. Ein Pistolenlauf wird sichtbar. Und ein Gesicht.
Quinn.
»Bea?« Da bin ich, dicht an Oscar gekuschelt, und Quinn fallen die Augen aus dem Kopf.
Wieder hören wir Schritte, dann eine Stimme in der Gasse. »Siehst du was?«
Quinn wendet den Blick ab. »Nichts. Ich schau noch dort hinten. Weit können sie ja nicht sein.« Die Schritte entfernen sich.
Ich befreie mich aus Oscars Umklammerung und werfe die Arme um Quinn. Er steht stocksteif da. »Quinn«, flüstere ich, bücke mich und ziehe mir Oscars Pulli über den Kopf. Meine Beine sind nackt. Quinn kann nicht hinschauen, ebenso wenig wie Oscar. Ich spüre Tränen in meinen Augenwinkeln, doch ich wische sie mir rasch mit dem Handrücken weg.
»Oscar Knavery?«, sagt Quinn. »Und wo ist Jazz?«
»Dein Vater hat sie abgeholt«, sagt Oscar. »Sie ist in Sicherheit.«
»Mein Vater?«
»Er will, dass du zurückkommst. Er wird dich schützen«, sagt Oscar.
Quinn schaut ihn feindselig an. Er traut Oscar genauso wenig über den Weg wie ich am Anfang. »Lass uns gehen, Bea«, sagt er und nimmt mich bei der Hand.
»Wo willst du hin?«, fragt Oscar.
»Nicht dein Bier.« Quinn will mich wegzerren, doch ich bleibe einfach stehen.
»Ich glaube, dein Vater sucht echt nach dir, Quinn.« Ich drücke meine Hand an seine Wange, damit er mich ansieht.
Und es funktioniert. »Du glaubst ihm?«, fragt er. Doch hier geht’s nicht darum, ob ich Oscar glaube oder nicht, hier geht es um Quinn und seine Chance auf eine Versöhnung mit seinem Vater. Wenn mir irgendwer so was in Aussicht gestellt hätte, dann hätte ich ihn zumindest ausreden lassen.
»Wir haben einen Plan, wie wir das Ministerium loswerden, wenn wir deinen Vater zum Mitmachen überreden können.«
»Dir hört er ganz bestimmt zu, da bin ich mir sicher«, sagt Oscar.
» Mir? Der hasst mich. Geh einfach nach Hause, Oscar.« Quinn klingt gönnerhaft. Aber das hat Oscar nicht verdient. Er war einfach nur freundlich und ohne ihn wären wir nicht mehr am Leben, Jazz und ich.
»Komm zurück in die Kuppel und wir packen die Veränderungen gemeinsam an«, sagt Oscar und lässt eine Faust in seine Hand fallen. »Warum sich hier draußen abquälen?«
Quinn lacht. »In der Kuppel wird sich höchstens was verändern, wenn einer dieser Minister den Löffel abgibt«, sagt er.
»Dann lasst uns da doch etwas nachhelfen«, entgegnet Oscar.
Damit hat er Quinns Aufmerksamkeit. Er stupst Oscar in die Brust. »Als ob du dein schickes Haus und dein Atelier für jemanden wie Bea aufs Spiel setzen würdest.«
»Er meint es ernst«, sage ich, obwohl ich dafür auch nicht die Hand ins Feuer legen kann. Ich weiß nur, was er mir erzählt hat.
»Wo stecken die denn?«, ruft jemand hinten auf der Straße. Quinn blinzelt und schaut mich an.
»Die Ausgestoßenen würden weder dem Sohn von Jude Caffrey noch dem von Cain Knavery über den Weg trauen. Ich brauche euch beide«, sagt Oscar.
»Vanya hackt dir die Leber raus und verspeist sie zum Abendessen«, ruft die Stimme.
Quinn umfasst mein Gesicht. Oh, er hat mir so gefehlt. »Besteht der Hauch einer Chance, dass das funktioniert?«, fragt er.
Ich nicke. »Dein Vater hat Jazz mitgenommen. Ich glaube, bei ihm tut sich was, Quinn. Wenn auch nur eine vage Möglichkeit besteht, dann sollten wir die beim Schopf packen, oder?«
»Vanya ist völlig übergeschnappt. Wenn wir da ohne
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