Breathe - Flucht nach Sequoia: Roman (German Edition)
Platz neben mir. »Wo ist Maks?«, fragt er. Ich nicke unauffällig zum Podest, wo Maks neben Vanya sitzt, mich aber keine Sekunde aus den Augen lässt. »Stalker«, murrt Silas. Er löffelt sich eine Ladung Kakerlaken auf den Teller. »Wie kommen wir hier jetzt raus?«
»Quinn hat mir erzählt, dass in der Kuppel ein Aufstand geplant ist. Wir müssen zurück und helfen.« Ich nehme mir eine Scheibe Eiweißbrot und schiebe sie mir in den Mund. Es ist so trocken, dass es mir am Gaumen kleben bleibt.
»Ist er sicher?«
»Scheint so. Aber da ist noch was… Maude und Bruce sind in Gefahr. Abel bringt mich heute Nacht zu ihnen.«
Wren, die Silas gegenübersitzt, beugt sich näher zuuns heran. »Häh?«, macht sie und spuckt dabei ihre Brösel bis auf Silas’ Teller.
»Lass mich in Frieden«, fährt Silas sie an und Wren zieht sich beleidigt zurück und schmollt, den Körper leicht abgewendet. Silas rutscht näher zu mir. »Abel war derjenige, der uns zum Bleiben überredet hat.« Er schlägt mit der Faust auf den Tisch.
»Vielleicht hat er nicht geglaubt, dass einer von uns Stifter werden könnte.«
»Du begleitest ihn auf keinen Fall. Ich will nicht, dass du als Nächste da draußen verbuddelt wirst«, sagt Silas.
»Sobald wir Maude und Bruce haben, können wir zurück und das Ministerium stürzen. Ist das nicht, was wir immer gewollt haben?« Auf jeden Fall ist es das, was ich immer gewollt habe.
Silas späht um sich. Quinn und Dorian sitzen am anderen Ende des Speisesaals bei den übrigen Akademikern, aber von Maude und Bruce keine Spur. »Schön, geh mit Abel«, sagt er. »Und wegen der Rückkehr in die Kuppel…«, fängt er an, doch plötzlich ist es mucksmäuschenstill im Raum.
Vanya ist aufgestanden. »Heute Abend muss ich nur eine Sache ansprechen.« Sie macht eine Kunstpause und alle, die noch gegessen haben, legen ihr Besteck ab. »Unser Hausmeister Peter Crab, der nicht nur für das Gelände innerhalb Sequoia verantwortlich ist, sondern auch jenseits der Mauer den Anschein von Ordnung aufrechterhält, ist verschwunden. Wenn einer von euch ihm über den Weg laufen oder irgendeine Idee haben sollte, wo er stecken könnte, wendet euch bitte umgehendan Maks.« Maks’ Augen tasten den Saal ab. Doch Silas und ich schauen uns nicht an.
Nicht das allerkleinste bisschen. Wir wissen auch so, dass uns die Zeit davonläuft.
Als ich das Labor verlasse, bin ich ganz hibbelig von der EPO-Spritze. Immerhin bin ich um die Tabletten rumgekommen, indem ich sie unter der Zunge versteckt und beim Warten auf Abel unter den Flurläufer geschoben habe. Abel kommt aus einem anderen Raum, begleitet von Sugar, die sich den Unterarm reibt. Die stumpfen blonden Strähnen hängen ihr ins Gesicht.
»Meditation lass ich heute mal sausen, Sugar«, sagt Abel. »Ich fühl mich nicht gut.«
»Ach ja?«, sagt sie mit eisiger Stimme. Ich will nicht eifersüchtig sein, aber ich spüre trotzdem einen kleinen Stich. Sie scheint Abel noch nicht mal zu mögen und trotzdem darf sie den ganzen Tag mit ihm verbringen. Und die ganze Nacht.
»Ich hab mir den Nacken gezerrt. Wahrscheinlich vorhin bei der Bergtour«, sagt Abel.
»Okay«, meint Sugar und beäugt mich ungnädig. »Dann gute Besserung.« Damit stiefelt sie über den Flur davon, sich immer noch den Arm reibend.
»Was ist mit Maks? Was hast du ihm erzählt?«, fragt Abel.
»Der muss irgendwas für Vanya erledigen. Hat gemeint, wir sehen uns erst später im Zimmer. Eine Stunde haben wir, würd ich sagen.«
»Gut«, sagt Abel. Ohne eine weitere Sekunde zu vergeuden,hasten wir den Flur entlang und eine Treppe hinab. Unten am Treppenabsatz fingert Abel an einem riesigen Gemälde an der Wand herum, bis es mit einem Klicken beiseiterutscht und einen verborgenen Gang freigibt. »Mir nach«, sagt er. Wir huschen hinein und Abel zieht das Bild hinter uns zurück an Ort und Stelle. Ich will abwarten, bis meine Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt haben, doch da warte ich umsonst. Hier verirrt sich kein Lichtstrahl hinein. Ich strecke meine Hand nach Abel aus und er ergreift sie. Das bedeutet überhaupt gar nichts , ermahne ich mich. Ich darf mich nicht schon wieder so gehen lassen.
»Vorsicht«, sagt er und wir stapfen los. Meine freie Hand gleitet an der Mauer entlang, mein Fuß tastet vorsichtshalber jede Stufe ab.
»Es war echt schwer, als du verschwunden bist. Die haben dich für tot erklärt. Kam sogar in den Nachrichten«, sage ich. So in Finsternis verborgen lässt es sich
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