Breathe - Flucht nach Sequoia: Roman (German Edition)
und knallt die Kanne zusammen mit ein paar ramponierten Bechern auf den Tisch. Old Watson schenkt sich ein und nimmt einen kleinen Schluck. Genau wie in seiner Wohnungist hier alles voll mit Pflanzen und Setzlingen in Wassergläsern. Jeder freie Quadratzentimeter ist mit Schlafsäcken und Kissen zugepflastert.
Gideon setzt sich wieder und lehnt sich zurück. »Jude Caffrey ist ein Drecksack, der seinen eigenen Sohn in den Tod geschickt hat.«
»Quinn lebt«, sagt Bea und schaut zu Boden.
Harriet kreuzt die Arme vor der Brust. »Also, wir scheiden schon mal aus«, erklärt sie. »Wir sind illegale Flüchtlinge und werden gesucht.«
»Aber ihr könnt die anderen überreden, sich mustern zu lassen. Es kann doch nicht so schwer sein, Seconds aufzutreiben, die zurückschlagen wollen«, melde ich mich erstmals zu Wort. Bea und ich haben den Plan schon durchgesprochen, aber vielleicht machen wir uns falsche Vorstellungen. Bea nickt aufmunternd. »Die Aufstände haben nichts bewirkt, weil sie so spontan stattgefunden haben. Nach unserem Plan jedoch würden die Rebellen eine Grundausbildung und vor allem Waffen bekommen. Wir würden mehr sein und besser organisiert.«
»Bei all den nächtlichen Razzien können wir schon froh sein, wenn wir ihnen noch ein paar Tage entwischen«, sagt Gideon. »Wir sind nur noch am Leben, weil wir ständig umziehen. Sobald die Messgeräte eine leer stehende Wohnung anzeigen, in der Sauerstoff verbraucht wird, stehen die auf der Matte.«
»Was willst du damit sagen?«, fragt Harriet ihren Ehemann.
»Die Grenzen sind dicht, genau wie die Biosphäre. Die haben uns den Hahn zugedreht«, antwortet er.
»Das haben sie noch nicht. Bleibt einfach in Bewegung, und wenn wir Sauerstoffflaschen auftreiben können, schaffen wir sie zu euch«, sagt Bea. »Ihr kümmert euch weiter um die Pflanzen und dann lassen wir uns alle rekrutieren und trainieren weiter, mit niedrigem Sauerstoffgehalt auszukommen.«
Old Watson gähnt und leert seine Tasse. »Von welcher Seite man’s auch betrachtet, die Alternativen heißen Krieg, Gefangenschaft oder Tod.«
»Genau so ist es«, sagt Bea. »Und jetzt lasst uns loslegen.«
Ich bringe Bea bei Wendy in Sicherheit und gehe rüber ins Haupthaus. Die Toilettenspülung gurgelt und Lance Vine tritt in die Küche, während er sich noch den Hosenstall zumacht. »Oscar«, sagt er. Er trocknet sich die Hand an der Hose, die einen Tick zu kurz ist für seine Storchenbeine.
»Sie habe ich hier gar nicht erwartet, Herr Präsident«, sage ich. Er ist sogar der Allerletzte, den ich hier erwartet hätte. Ich konzentriere mich ganz auf sein Gesicht, um nicht automatisch zu Wendy rüberzuschauen.
»Niamh hat mir geholfen, einen neuen Gesetzentwurf zu tippen. Dabei habe ich auch euer schönes Zuhause bewundert. Echter Marmor?« Er betatscht die Arbeitsplatte und pfeift durch die Zähne. »Glaube kaum, dass einer der anderen Minister in solchem Prunk lebt. Aber Cain hatte ja immer was Hedonistisches an sich.« Er öffnet einen Küchenschrank und schielt auf die Reihen von Gläsern und Porzellan. Dann lächelt er. »Keine Spurvon den RATTEN, was?« Ich schüttle den Kopf. »Also Zeit, die Zips anzuwerfen, würde ich meinen.«
»Das kann ich nicht beurteilen«, sage ich. Lance Vine ist eindeutig Judes Job. »Was ist das für ein Gesetz, an dem Sie gearbeitet haben?« Ich zücke mein Pad und gehe die Nachrichten durch, um ihn mein Interesse nicht spüren zu lassen.
»Wir saugen den Sauerstoff aus leer stehenden Wohnungen ab oder bei zahlungsunwilligen Mietern. Gerechtigkeit muss sein.« Er lässt mich nicht aus den Augen.
»Dann werden Menschen sterben«, sage ich.
»RATTEN, die dort unbefugt hausen und Luft schnorren.«
»Da bist du ja wieder!« Strahlend steht Niamh in der Tür, doch eine überstürzte, freudige Umarmung ginge ihr dann doch zu weit.
»Dein Bruder scheint nicht völlig überzeugt von unserem neuen Gesetz«, berichtet ihr Vine.
Niamh schnalzt missbilligend mit der Zunge. »Der tut immer so hart, aber im Grunde seines Herzens ist Oscar ein totaler Softie.«
»Tatsächlich?«, fragt Vine.
»Nur, wenn es um Unschuldige geht«, sage ich und mustere ihn kalt. Er macht mir nicht halb so viel Angst, wie mein Vater das konnte.
»Na, die RATTEN sind ja alles andere als unschuldig«, sagt Niamh überdeutlich, um Vine unsere Systemtreue zu demonstrieren.
»Wie kannst du dir da so sicher sein?«, fragt Vine. Niamh gerät ins Schwimmen und will sich gerade eineAntwort
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