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Breed: Roman (German Edition)

Breed: Roman (German Edition)

Titel: Breed: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chase Novak
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bedeckt ist, um die durch eine hastige Mahlzeit verbliebenen Flecken zu verbergen.
    »Mir ist immer noch nicht klar, wie sie rausgekommen sind«, sagt Leslie.
    Alex fährt kurz hoch, weil er meint, sie würde womöglich ihm die Schuld an der Flucht der beiden in die Schuhe schieben. In der Vergangenheit war es Leslies einzige eklatante Charakterschwäche, ihn derart anzugreifen. Aus irgendwelchen Gründen sind ihr Sprüche wie
Ist dir denn nicht in den Sinn gekommen, dass
? und
Was hast du eigentlich erwartet?
leicht von der scharfen Zunge gegangen. Nun jedoch ist ihr Bedürfnis, ihn verantwortlich zu machen, verschwunden; vielleicht besitzt sie auch nicht mehr die
Fähigkeit
dazu.
    »Ich verstehe nicht, wie sie es aufbekommen haben, dieses … wie soll man es nennen«, sagt Leslie.
    »Das Gitter«, nennt Alex die Sache beim Namen, obwohl er sich tausendmal eingeschärft hat, das nicht zu tun. »Ich glaube, einer von den beiden hat meinen Schlüssel geklaut. Wahrscheinlich Adam. Alice würde ich es allerdings auch zutrauen. Die ist zwar ruhig, aber sie hat ihre Eigenheiten.«
    Immer noch auf dem Sofa liegend, bedeckt Leslie mit dem Unterarm ihre Augen und atmet tief ein. »Ich hab die beiden so lieb. Das alles kommt mir vor wie … irgendein völlig irres Wetter.«
    »Ich weiß.«
    »Ich hab die beiden lieb.«
    »Ich weiß, Baby. Ich weiß.«
    »Ich hab sie lieb.«
    Alex erhebt sich aus seinem Sessel, geht zum Sofa, setzt sich auf die Kante und streicht Leslie über die Stirn. Er spürt einige Stellen mit mikroskopischen Stoppeln, wo sie ihren Haaransatz mit Rasierer und Pinzette in seine ursprüngliche Form zurückgedrängt hat, aber abgesehen davon ist ihre Haut weich, und er fühlt sich gut und nützlich, als er spürt, wie ihr Atem durch seine Berührung allmählich ruhiger wird. Er legt ihr die flache Hand auf die Stirn, als würde er ihre Temperatur messen. Dabei stellt er sich vor, er könnte ihre Psyche spüren, die er sich als ein in Stücke gesprungenes Ding vorstellt, glitzernd, aber zerbrochen, wie ein Kristallglas, das jemand zerschmettert hat.
    »Wie sind sie nur hinausgekommen?«, fragt Leslie, ohne sich im Klaren zu sein, dass Alex gerade versucht hat, diese Frage zu beantworten. Ihr Gedächtnis! Früher war das ein ordentlicher Ort, gefüllt mit Namen, Daten, Ideen … Nun sind diese Dinge noch immer da, aber sie teilen den vorhandenen Raum mit Gerüchen und Geräuschen, und bald, fürchtet Alex, werden diese wortlosen Erinnerungen immer mehr Platz in Anspruch nehmen, der bisher von anderen Gedächtnisinhalten belegt ist. Es war ein Wunder, dass sie ihren Job beim Verlag überhaupt noch eine Zeit lang behalten konnte, indem sie freiwillig ihr Arbeitspensum und ihre Tage im Büro reduziert hat, in der Hoffnung, die gewonnene Zeit würde ihr zumindest die Chance verschaffen, ihre Aufgaben zu erledigen. Und es ist ein Wunder, dass die Denkprozesse von Alex sich nicht so verschlechtert haben wie ihre, zumindest noch nicht. Jedenfalls nicht, soweit er das überhaupt beurteilen kann …
    Leslie strampelt die Decke von sich, rappelt sich auf und kommt zum Stehen. Sie reibt sich mit den Händen kräftig das Gesicht, um sich aufzuwecken und darauf vorzubereiten, was folgen muss.
    »Wir gehen«, sagt sie, und dann hört sie, was sie gesagt hat, was nicht immer der Fall ist, worauf sie es rasch korrigiert. »Wir sollten losgehen. Wir können nicht hierbleiben, solange sie draußen sind.«
    »Die werden schon zurückkommen. Adam war in der Wohnung seines Lehrers, aber er ist mir entwischt. Die Wohnung hättest du sehen sollen. Du lieber Himmel, was immer uns das Leben auch vorsetzt – selbst wenn wir noch so viel Geld verlieren, könnten wir nie in einem derart grässlichen Apartment leben. Immerhin haben wir noch das hier.« Er deutet auf den Fleck an der Decke, auf die Wände, von denen sich in langen Streifen die Tapete schält, auf die hellen Rechtecke, wo früher Gemälde gehangen haben.
    »Wir haben nichts, Alex. Nichts. Und das weißt du auch. Ich weiß nicht, ob ich dir vertrauen kann, was unsere Kinder angeht. Und ich weiß nicht, ob du mir vertraust. Ich weiß nicht mal, ob ich dieses Vertrauen bediene.«
    »
Verdiene
, Schatz.« Eigentlich will er sie gar nicht korrigieren, nicht jetzt, wo sonst zu viel los ist. »Sie werden wiederkommen, Leslie«, sagt er. »Wir müssen nur daran glauben. Und wir sollten hier auf sie warten.«
    »Sollten, sollten, sollten, sollten. Scheiße!«, stößt Leslie

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