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Breed: Roman (German Edition)

Breed: Roman (German Edition)

Titel: Breed: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chase Novak
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um.
Ach ja.
Es kommt zurück. Er muss seinen Nachwuchs finden.
     
    Nach all den Jahren ihre Schwester wiederzusehen, hat Leslie in einen Zustand der annähernden Menschlichkeit zurückkatapultiert, und nun sitzt sie mit ihr in der Küche und lässt ihren Tränen freien Lauf, so überwältigt von Kummer, Sorgen und einem Wirbel aus anderen, unnennbaren Emotionen, dass es ihr fast unmöglich ist zu sprechen.
    Cynthia sieht zu, wie ihre Schwester in ihre Hände weint. Mit ständig zunehmender Abscheu und Besorgnis blickt sie sich in der Küche um. Das Spülbecken ist voll schmutzigem – nein: dreckstarrendem – Geschirr. Mit Tellern, die man vermutlich nicht mehr abkratzen und sauber bekommen kann und lieber wegwerfen sollte. Der Boden wiederum ist weniger schmutzig als ölig und schmierig. Es ist schon eine Zumutung, von einem Teil der Küche in einen anderen zu gehen. Wie können sie nur so leben? Es ist kein Wunder, dass die Kinder verschwunden sind – die wollten einfach der beklemmenden Hässlichkeit dieses Ortes entkommen! Es ist ein Wunder, dass das Jugendamt sie ihren Eltern noch nicht weggenommen hat! Der billige Kalender an der Wand stammt vom vergangenen Jahr. Der einzige Hinweis auf eine Existenz, die mehr wäre als reines tierisches Überleben, ist eine Vase mit Schnittblumen, doch selbst diese Geste hat sich in ihr Gegenteil verwandelt: Die Blumen sind tot und schwarz, und das Wasser in der Vase schimmert dunkelgrün und hat einen fauligen Geruch.
    Wie kann Leslie – die sich als Mädchen geweigert hat, aus Getränkedosen mit nach innen klappendem Verschluss zu trinken, weil die mit Keimen verseucht sein könnten – wie kann sie nur so leben? Wie?
    »Ich hab mich so bemüht, eine gute Mutter zu sein«, sagt Leslie.
    »Ich weiß, ich weiß«, sagt Cynthia, obwohl sie die Qualität von Leslies mütterlichen Anstrengungen nur nach dem Zustand dieses Hauses beurteilen kann, der auf krasse Vernachlässigung schließen lässt.
    Leslie nimmt die Hände vom Gesicht und klatscht sich damit heftig auf beide Wangen. »Weißt du, eigentlich wollte ich nie Kinder haben.«
    »Ich weiß. Ich ja auch nicht. Wir haben offenbar keinen besonderen Drang, uns fortzupflanzen.«
    »Aber du bist deiner Haltung treu geblieben.«
    »Ich hatte keinen Alex, der mich unter Druck gesetzt hat.«
    »Alex können wir nichts vorwerfen. Menschen sind eben so, wenn sie sind.«
    Cynthia runzelt die Stirn.
Menschen sind eben so, wenn sie sind?
    »Was meinst du damit?«, fragt sie.
    »Ich hab
wo
gemeint«, sagt Leslie. »Nein.
Wie.
« Sie senkt den Blick. »Ich bin sehr müde.«
    »Was sagt eigentlich die Polizei?«, fragt Cynthia.
    Leslies Augen weiten sich, und sie sieht aus, als wollte sie etwas sagen, schweigt jedoch. »Nichts«, bringt sie schließlich heraus. Sie versucht, ihrer Schwester direkt in die Augen zu schauen, doch das schafft sie nicht. Stattdessen betrachtet sie die Unordnung im Raum. »Tut mir leid, dass hier so ein Durcheinander ist«, murmelt sie.
    »Willst du mir nicht sagen, was hier eigentlich los ist?«, fragt Cynthia. »Wo ist euer ganzes Zeug, um Himmels willen?«
    »Ach, das hat Alex verkauft. Das meiste jedenfalls. Manches … tja, manches ist einfach irgendwie kaputtgegangen.«
    »Und wieso verkauft Alex Antiquitäten, die seit Generationen im Besitz seiner Familie sind?«
    »Weil wir Geld brauchen. Beruflich läuft es nämlich nicht so gut. Bei uns beiden eigentlich. Du weißt schon, die Krise. Und dieses Haus … es kostet viel Geld, es zu unterhalten.«
    »Ja, das kann ich mir vorstellen. Ihr habt ein ganzes Haus mitten in Manhattan. Wieso zieht ihr nicht in etwas Kleineres? In eine Wohnung?«
    »Tja, hier sind wir ungestört. So was ist unbezahlbar.«
    Plötzlich, wie um ihr Argument zu bestätigen, dringt ein Heulen durch die Bodendielen, gedämpft, entfernt, aber unverkennbar.
    »Leslie!«, sagt Cynthia. »Was zum Teufel ist das?«
    »Was denn?«, fragt Leslie, als könnte sie sich nicht vorstellen, worum es geht.
    »Was habt ihr da unten?«
    »Ach, das … ja. Unser Hund. Ein Teil von der Schalldämmung ist abgefallen. Es ist so schwierig, Handwerker zu bekommen, und da müssen Alex und ich alles selber tun.«
    »Wieso braucht ihr denn Schalldämmung für einen Hund?«
    »Tja, äh, es sind Hunde. Mehr als einer.«
    »Wie viele?«
    »Zwei?«
    »Fragst du mich das, oder sagst du es mir?«
    »Drei«, sagt Leslie. Sie rutscht auf ihrem Stuhl herum. Sie schluckt.
    »Was geht hier vor sich, Leslie? Ich bin

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