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Breed: Roman (German Edition)

Breed: Roman (German Edition)

Titel: Breed: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chase Novak
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können und manchmal Entsetzen. Doch bald werden sie von dem Geräusch des Schlüssels, der zitternd und schabend den Weg ins Schloss findet, erregt. Ihr Hunger triumphiert über die flackernde Erinnerung an die schrecklichen Dinge, die sie schon gesehen haben, und sie geben flehentliche Laute von sich, vom Wimmern bis zum Heulen.
    Cynthia dreht den Schlüssel. Das Schloss leistet Widerstand, gibt dann jedoch mit einem schweren Knacken nach. Ihre Hand umfasst das kalte, fettige Messing des Knaufs. Sie hält inne – in die Kakophonie mischt sich … eine menschliche Stimme. Kann das möglich sein? Kann sich dort unten ein
Mensch
befinden? Ja, das Geräusch ist unverkennbar. Ein Mann. Aber was sagt er? Zuerst klingt es wie eine Drohung, wie etwa:
Komm nicht näher. Bleib, wo du bist.
Aber das ist es nicht. Sie lauscht aufmerksamer, dann zieht sie die Tür auf – nur einen Spalt. Sie drückt das Knie dagegen, falls jemand oder etwas auf sie zuspringen will.
    In Scherben
, das ist es, was die Stimme sagt.
    »Hallo?«, ruft Cynthia. »Hallo?« Sie öffnet weit die Tür und späht in die feuchte Dunkelheit unter ihr. Was könnte sie wohl für einen in einem Keller eingesperrten Mann tun, der von Scherben faselt? Wer könnte das sein? Wieso lungert er nur da unten herum? Und was zum Teufel liegt in Scherben, verdammt noch mal?
    Sie betastet die Wand nahe der Tür, findet den Lichtschalter und betätigt ihn. Eine trübe, nackte Glühbirne, die etwa in der Mitte der Holztreppe an der Decke hängt, flammt auf. Das Licht scheint aus ihr herauszusickern wie Wasser, das schwach und unsicher aus dem Hahn tropft. Wie ist es möglich, dass eine Beleuchtung alles nur noch dunkler macht? Die hölzerne Treppenstufe direkt unter der Birne ist dunkelgrau, doch alles jenseits davon ist wie in die Schwärze einer mondlosen, sternenlosen Winternacht getaucht.
    »Hallo?«, ruft Cynthia erneut. Als sie das ängstliche Zittern in ihrer eigenen Stimme hört, räuspert sie sich und wiederholt den Ruf, wobei sie sich zwingt, selbstbewusster und weniger furchtsam zu klingen. Die Hunde reagieren auf ihre Stimme mit wildem, erbärmlichem Bellen und Jaulen, und Cynthia hört das Scheppern und Klappern der Käfige, gegen die sie sich mit dem Körper werfen. Plötzlich entsteht in dem tierischen Tumult eine Pause, und in dieser kurzen Stille hört sie wieder die menschliche Stimme. Aber der Mann sagt nicht
In Scherben
. Wenn er es doch täte! Wieder und wieder und wieder sagt er mit stumpfsinniger Hartnäckigkeit wie ein Häftling, der seine Blechtasse an die Steinwand schlägt: »Ich sterbe, ich sterbe.« Seine Stimme ist matt und hoffnungslos.
    Cynthia ergreift die Fassung der Glühbirne und versucht, diese auf das untere Ende der Treppe zu richten. Im Lichtschein blitzt kurz das helle Chrom eines Käfigs auf, verschwindet aber gleich wieder in der Dunkelheit und wird durch die sehnsüchtig starrenden Augen eines Hundes ersetzt. Eine Reihe von Messern, die an irgendetwas hängen … Die Fassung ist zu heiß, um sie länger anzufassen, und mit einem kleinen Schmerzensschrei – bei dem die Hunde wieder losjaulen, lauter denn je – lässt Cynthia sie los. Die Birne schwingt hin und her, wobei sie nach allen Richtungen wirre, schwindlig machende Schatten wirft.
    Inzwischen ist Cynthias Bewusstsein praktisch in zwei Teile gespalten. Die verbliebene Vernunft rät ihr, sich umzudrehen, wieder hinaufzugehen und die schwere Tür hinter sich zu schließen. Doch ihr
Instinkt
treibt sie vorwärts in die Dunkelheit und den Lärm des Kellers, und sie nähert sich Schritt für Schritt dem unteren Ende der Treppe, begleitet von dem immer leidenschaftlicheren Heulen der eingesperrten Hunde und der weinerlichen, jammervollen Stimme des Menschen, der sie ebenfalls erwartet und der lediglich in der Lage ist, ständig zu wiederholen:
Sterbe sterbe sterbe.
Und schließlich:
Bitte helft mir.
    Der Boden des Kellers überrascht ihre Füße – sie hat Holz oder Beton erwartet, aber es ist harte, gestampfte Erde, die so eisig ist, dass die Kälte geradewegs durch die Sohlen ihrer Schuhe in ihre Knochen kriecht. Ihre Beine zittern und geben um ein Haar nach; sie greift blind ins Nichts, um Halt zu finden. Dann eine Überraschung: Sie stolpert vorwärts, hört ein leises Klicken, und plötzlich ist der ganze Keller erleuchtet – ein Bewegungsmelder hat das Licht eingeschaltet, sodass es darin nun so hell ist wie in einem Operationssaal. Cynthia schwankt und versucht

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