Breit - Mein Leben als Kiffer
mein
Schlüsselbein ist gebrochen.»
Torsten stiert mich nur an; er ist nicht in der
Lage, irgendwie darauf zu reagieren. Meine
Schulter schmerzt tierisch, und ich muss ihn
loslassen. Er kotzt ein weiteres Mal. Bleibt
einfach liegen, mit seinem Gesicht mitten in der
Kotze. Mich kümmert das nicht, denn ich
bekomme langsam Panik wegen meiner
Schulter. Gott sei Dank habe ich viel Alkohol
intus, sonst wäre der Schmerz bestimmt noch
schlimmer.
Ich halte Ausschau nach einem Taxi. Ein
Streifenwagen hält an. Die beiden Polizisten
wollen wissen, ob wir Alkohol getrunken haben.
Was für eine Frage! Ich weiß nicht, wieso ich so
dämlich bin, Torsten in ein Taxi zu setzen und
mir von den Polizisten einen Krankenwagen
bestellen zu lassen. Das ist wohl so ein Muster:
Wenn du dir was gebrochen hast, brauchst du
einen Krankenwagen. Ich stecke Torsten mein
letztes Geld in die Tasche, denn er hat seins
komplett versoffen, und lasse mich ins
Krankenhaus fahren.
Tatsächlich habe ich mir das Schlüsselbein
gebrochen. Schmerzmittel wollen sie mir nicht
geben, wegen des Alkohols. Scheiße! Nachdem
mir die Ärzte einen Stützverband verpasst
haben, darf ich endlich nach Hause. Nicht ohne
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Ermahnungen, in Zukunft besser auf mich
aufzupassen.
Um sechs Uhr morgens falle ich schließlich
todmüde ins Bett. Als ich meiner Mam alles
erzähle, sagt sie nur: «Wirklich, Amon. Du
sollst doch nicht so viel trinken. Am besten
solltest du gar keinen Alkohol trinken, du siehst
ja, wohin das führt.»
Neue Quellen und wieder abgezockt
In einer Seitenstraße kommt mir ein
mittelgroßer, kräftiger Typ mit einem Pitbull
entgegen. Keine Ahnung, wieso ich auf die Idee
komme, ihn nach einer Zigarette zu fragen.
Vielleicht weil ich Angst vor ihm habe.
«Paradoxe Intervention» hat das meine
Mutter mal genannt: «Wenn dich jemand
anrempelt, dann lenk ihn ab und frag ihn nach
der Uhrzeit.»
Der Typ heißt Kerim, und schon nach kurzer
Zeit sind wir bei meinem
Standardgesprächsthema, dem Kiffen,
angelangt. Es stellt sich heraus, dass Kerim
Leute kennt, die dealen. Er selbst verkauft auch
ab und zu Gras. Was für ein Glücksfall
angesichts unserer schwierigen
Versorgungslage!
Es fängt an zu regnen, und wir gehen über
die Hauptstraße in den Park, in dem wir
während der Pausen immer kiffen. Ich habe
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echt Angst vor solchen Hunden wie Kerims
Pitbull. Vor Kerim auch, doch er wirkt sehr
freundlich, wahrscheinlich, weil er Geschäfte
machen will. Trotzdem ist es kalt und
ungemütlich an seiner Seite.
«Komm heute Abend um sieben hierher, und
ich kann dir ’nen Beutel klarmachen.»
«Okay, Kerim, ich bin da.»
Um sechs mache ich mich ziemlich aufgeregt
auf den Weg zu dem Park, denn ich habe Angst,
dass der Kerl mich übers Ohr hauen will. Aber
mir bleibt nichts anderes übrig. Wir brauchen
dringend wieder was zu kiffen.
Als ich ihn nach dem Gras frage, vertröstet er
mich. Wir müssen noch auf seine Kollegen
warten, die in den Park kommen wollen. Dann
tanzen die beiden endlich an, und ich werde
langsam echt misstrauisch. Die Jungs sehen
ziemlich finster aus. Auf jeden Fall nicht wie
normale Schulkids. Eher wie Typen, die auf den
falschen Film gekommen sind und sich für
krasse Dealer halten. Ich schaue mir den Beutel
genau an und erinnere mich an Dirk, dem
angeblich jemand mal angemalte Pappe
verkauft hat.
«Ey Jungs, ist das auch keine angemalte
Pappe?», nehme ich all meinen Mut zusammen.
Das hätte ich lieber nicht fragen sollen. Der
Typ, der während des Deals mit einem Überfall
auf eine Spielhalle prahlt, wird auf einmal
ziemlich ungemütlich.
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«Das ist keine Pappe, du Mongo! Das is
krasses Ott, Alter, musste ma’ dran riechen.»
Tatsächlich, wie peinlich. Als die Typen
endlich abhauen und ich mich verabschiede,
kommt der eine ganz dicht zu mir her.
«Alles klar diesmal, aber merk dir, Digger,
komm nie wieder mit dieser angemalten
Pappenscheiße, kapiert?»
Ich nicke schnell – nichts wie nach Hause.
Kerim rät mir, mich besser nicht mit denen
anzulegen, das würde nicht gut für mich enden.
Endlich zu Hause. Endlich der wohlverdiente
Joint. Ich habe den Gashahn wieder aufgedreht.
Kurze Zeit später stehen plötzlich Markus, Jan,
ein Typ, den ich nicht kenne, und Serdar, der
mir beim Weihnachtsbasar die
Luftschlangensprays abgezogen hat, vor der
Tür.
«Hey Monsen, Alter, wir waren gerade so in
der Gegend und dachten,
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