Breit - Mein Leben als Kiffer
wir schau’n mal
vorbei.»
Grinsend stürmt Serdar mit den anderen in
die Wohnung.
Mir ist das nicht ganz geheuer. Na ja.
Immerhin sind Markus und Jan da, wird schon
nichts passieren, denke ich.
In meinem Zimmer fängt Serdar ohne zu
fragen sofort an, in meinen
Schubladenschränken rumzuwühlen, in denen
ich allen möglichen Kram aufbewahre:
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Boxershorts, Comics, CDs, meine Kamera, den
Gameboy, den Game Gear – all die Dinge, die
man eben so anhäuft, wenn man wohlhabend
ist und jung.
«Amon, ich liebe deine Schubladen, die sind
einfach großartig», wiederholt Serdar immer
wieder, während er eine nach der anderen
aufreißt.
Mir passt das alles gar nicht. Hilfe suchend
schaue ich zu Jan und Markus, aber die sind mit
Jointdrehen beschäftigt und kümmern sich nur
um sich. Irgendwie habe ich Angst vor Serdar.
Er strahlt so etwas vordergründig Nettes aus,
das eigentlich die ganze Zeit sagt: Noch bin ich
freundlich, aber ein falsches Wort und das
ändert sich ganz schnell.
Ich bitte ihn, meine Schubladen in Ruhe zu
lassen, doch er macht einfach weiter. Da fragt
sein Freund mich nach etwas zu essen. Ich
ahne, dass er mich damit nur von Serdar und
meinen Schubladen ablenken will. Niemals
würde ich jedoch zugeben, dass ich Angst habe,
also mache ich ein paar Fertignudelsuppen, die
wir schweigend essen. Obwohl der Joint echt
reinhaut, ist die Atmosphäre gespannt. Nach
dem Essen haben es Serdar und sein Freund
plötzlich ziemlich eilig zu verschwinden. Ich
meine zu sehen, dass Serdar etwas unter seiner
Jacke versteckt.
«Ey Serdar, was haste denn da unter deiner
Jacke?»
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Ich versuche, cool zu wirken, und klopfe ihn
ab, aber er wendet sich hektisch hin und her,
sodass ich nicht merke, ob er was geklaut hat
oder nicht.
«Was willst du denn, Alter, bist du behindert
oder was?»
So schnell wie möglich hauen er und sein
Kumpel ab. Ich bin inzwischen viel zu breit, um
ihnen nachzulaufen, und lasse sie ziehen. Im
Zimmer schaue ich nach, ob etwas fehlt. Mein
Game Gear ist weg.
«Ey, das gibt's doch nicht. Der hat meinen
Game Gear geklaut! Macht doch mal was! Was
bringt ihr die eigentlich hierher? Spinnt ihr? Ihr
wisst doch, wie die drauf sind!», schnauze ich
Jan und Markus an.
«Reg dich mal ab, Alter. Wir haben damit
nichts zu tun, wir haben die nur zufällig
getroffen. Können wir ja nich’ ahnen, dass die
so drauf sind, oder? Jetzt komm mal wieder
runter!»
Schweigend rauchen wir eine Zigarette. Je
länger ich dasitze und der Musik zuhöre, desto
gleichgültiger werde ich – und unsicherer, ob
der Game Gear tatsächlich in dieser Schublade
gelegen hat.
Vielleicht habe ich den ja auch schon lange
nicht mehr, denke ich träge. Verloren oder
ausgeliehen womöglich? Nachweisen kann ich
Serdar auf jeden Fall nichts. Und am Ende
überwiegt das Gefühl der Erleichterung, dass
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nicht mehr passiert ist. Ist ja nur ein Game
Gear.
Ein italienischer Sommer
Die Sommerferien verbringe ich zur
Abwechslung mal mit meinem
Kindergartenfreund Michael und seiner Mutter
in deren Ferienhaus in Italien. Mit Michael ist
das komisch: Wir haben nur noch sehr selten
Kontakt, weil wir inzwischen völlig
unterschiedliche Interessen haben. Aber als er
mich eingeladen hat, habe ich sofort zugesagt.
Ist mal was anderes als das Abhängen mit den
Jungs. Michael ist sanftmütig, sehr
zurückhaltend, niemals roh. Wir lesen viel, ich
versuche mich an einigen Raptexten, Michael
und ich spielen Boule. Ich habe außerdem den
Text von Leonce und Lena dabei, um mich auf
das Vorspielen nach den Ferien in der
Theatergruppe unserer Schule vorzubereiten.
Ich komme ziemlich gut voran und freue mich
schon wahnsinnig auf die Proben.
Hier in Italien kiffe ich nicht ein einziges Mal.
In Hamburg muss ich einfach nur zugreifen, die
Gelegenheit beim Schopfe packen, dort ist
immer jemand, der gerade auch kiffen will –
und wenn nicht, ziehe ich eben alleine einen
durch. Hier ist das anders. Ich habe nichts
mitgenommen, und da Michael nicht kifft, tue
ich es auch nicht. Es ist seltsam, das erste Mal
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seit einem Dreivierteljahr zwei ganze Wochen
lang überhaupt nicht zu rauchen. Obwohl ich
das Gefühl habe, innerlich aufzublühen, weil ich
mich mit vielen anderen Dingen beschäftige,
vermisse ich das Breitsein schon nach wenigen
Tagen, habe echt Schmacht. Um mich
abzulenken, fange ich an zu schreiben.
Mit Michael rede ich nicht viel
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