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Breit - Mein Leben als Kiffer

Breit - Mein Leben als Kiffer

Titel: Breit - Mein Leben als Kiffer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amon Barth
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wir schau’n mal
    vorbei.»
    Grinsend stürmt Serdar mit den anderen in
    die Wohnung.
    Mir ist das nicht ganz geheuer. Na ja.
    Immerhin sind Markus und Jan da, wird schon
    nichts passieren, denke ich.
    In meinem Zimmer fängt Serdar ohne zu
    fragen sofort an, in meinen
    Schubladenschränken rumzuwühlen, in denen
    ich allen möglichen Kram aufbewahre:
    - 169 -

    Boxershorts, Comics, CDs, meine Kamera, den
    Gameboy, den Game Gear – all die Dinge, die
    man eben so anhäuft, wenn man wohlhabend
    ist und jung.
    «Amon, ich liebe deine Schubladen, die sind
    einfach großartig», wiederholt Serdar immer
    wieder, während er eine nach der anderen
    aufreißt.
    Mir passt das alles gar nicht. Hilfe suchend
    schaue ich zu Jan und Markus, aber die sind mit
    Jointdrehen beschäftigt und kümmern sich nur
    um sich. Irgendwie habe ich Angst vor Serdar.
    Er strahlt so etwas vordergründig Nettes aus,
    das eigentlich die ganze Zeit sagt: Noch bin ich
    freundlich, aber ein falsches Wort und das
    ändert sich ganz schnell.
    Ich bitte ihn, meine Schubladen in Ruhe zu
    lassen, doch er macht einfach weiter. Da fragt
    sein Freund mich nach etwas zu essen. Ich
    ahne, dass er mich damit nur von Serdar und
    meinen Schubladen ablenken will. Niemals
    würde ich jedoch zugeben, dass ich Angst habe,
    also mache ich ein paar Fertignudelsuppen, die
    wir schweigend essen. Obwohl der Joint echt
    reinhaut, ist die Atmosphäre gespannt. Nach
    dem Essen haben es Serdar und sein Freund
    plötzlich ziemlich eilig zu verschwinden. Ich
    meine zu sehen, dass Serdar etwas unter seiner
    Jacke versteckt.
    «Ey Serdar, was haste denn da unter deiner
    Jacke?»
    - 170 -

    Ich versuche, cool zu wirken, und klopfe ihn
    ab, aber er wendet sich hektisch hin und her,
    sodass ich nicht merke, ob er was geklaut hat
    oder nicht.
    «Was willst du denn, Alter, bist du behindert
    oder was?»
    So schnell wie möglich hauen er und sein
    Kumpel ab. Ich bin inzwischen viel zu breit, um
    ihnen nachzulaufen, und lasse sie ziehen. Im
    Zimmer schaue ich nach, ob etwas fehlt. Mein
    Game Gear ist weg.
    «Ey, das gibt's doch nicht. Der hat meinen
    Game Gear geklaut! Macht doch mal was! Was
    bringt ihr die eigentlich hierher? Spinnt ihr? Ihr
    wisst doch, wie die drauf sind!», schnauze ich
    Jan und Markus an.
    «Reg dich mal ab, Alter. Wir haben damit
    nichts zu tun, wir haben die nur zufällig
    getroffen. Können wir ja nich’ ahnen, dass die
    so drauf sind, oder? Jetzt komm mal wieder
    runter!»
    Schweigend rauchen wir eine Zigarette. Je
    länger ich dasitze und der Musik zuhöre, desto
    gleichgültiger werde ich – und unsicherer, ob
    der Game Gear tatsächlich in dieser Schublade
    gelegen hat.
    Vielleicht habe ich den ja auch schon lange
    nicht mehr, denke ich träge. Verloren oder
    ausgeliehen womöglich? Nachweisen kann ich
    Serdar auf jeden Fall nichts. Und am Ende
    überwiegt das Gefühl der Erleichterung, dass
    - 171 -

    nicht mehr passiert ist. Ist ja nur ein Game
    Gear.

Ein italienischer Sommer
Die Sommerferien verbringe ich zur
    Abwechslung mal mit meinem
    Kindergartenfreund Michael und seiner Mutter
    in deren Ferienhaus in Italien. Mit Michael ist
    das komisch: Wir haben nur noch sehr selten
    Kontakt, weil wir inzwischen völlig
    unterschiedliche Interessen haben. Aber als er
    mich eingeladen hat, habe ich sofort zugesagt.
    Ist mal was anderes als das Abhängen mit den
    Jungs. Michael ist sanftmütig, sehr
    zurückhaltend, niemals roh. Wir lesen viel, ich
    versuche mich an einigen Raptexten, Michael
    und ich spielen Boule. Ich habe außerdem den
    Text von Leonce und Lena dabei, um mich auf
    das Vorspielen nach den Ferien in der
    Theatergruppe unserer Schule vorzubereiten.
    Ich komme ziemlich gut voran und freue mich
    schon wahnsinnig auf die Proben.
    Hier in Italien kiffe ich nicht ein einziges Mal.
    In Hamburg muss ich einfach nur zugreifen, die
    Gelegenheit beim Schopfe packen, dort ist
    immer jemand, der gerade auch kiffen will –
    und wenn nicht, ziehe ich eben alleine einen
    durch. Hier ist das anders. Ich habe nichts
    mitgenommen, und da Michael nicht kifft, tue
    ich es auch nicht. Es ist seltsam, das erste Mal
    - 172 -

    seit einem Dreivierteljahr zwei ganze Wochen
    lang überhaupt nicht zu rauchen. Obwohl ich
    das Gefühl habe, innerlich aufzublühen, weil ich
    mich mit vielen anderen Dingen beschäftige,
    vermisse ich das Breitsein schon nach wenigen
    Tagen, habe echt Schmacht. Um mich
    abzulenken, fange ich an zu schreiben.
    Mit Michael rede ich nicht viel

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