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Breit - Mein Leben als Kiffer

Breit - Mein Leben als Kiffer

Titel: Breit - Mein Leben als Kiffer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amon Barth
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nicht, wieso ich
    überhaupt keine Skrupel habe, meinen Eltern
    irgendwas wegzunehmen, seien es Bücher oder
    Geld. Vielleicht weil ich mich fühle, als hätten
    sie mir durch ihre Trennung auch etwas
    Wichtiges weggenommen, nämlich ein normales
    Leben. Zum Vorwurf mache ich ihnen das nicht
    – schließlich fällt die Liebe hin, wo sie hinfällt.
    - 176 -

    Und Geld brauche ich nun mal, um mir die
    Dinge kaufen zu können, die ich will. Da fällt
    mir ein, dass Dirk mir immer noch
    fünfundzwanzig Euro schuldet. Arschloch! Auch
    wenn wir nicht mehr viel miteinander zu tun
    haben, wurmt es mich doch, ihn jeden Tag in
    der Schule zu sehen und zu wissen, dass ich
    das Geld immer noch nicht zurückbekommen
    habe.
    Die Zeit ist reif für einen kleinen Denkzettel.
    Ich telefoniere ein bisschen durch die Gegend,
    um herauszufinden, wo Dirk sich so rumtreibt.
    Nach ein paar Anrufen weiß ich Bescheid,
    schnappe mir Markus und Florian und fahre mit
    ihnen zu einem Park in der Nähe. Ich stecke
    meine kleine Erbsenpistole samt Munition ein.
    Eine Soft Air hat in der Regel genug Druck, um
    jemandem wehzutun, wenn man aus zehn
    Metern Entfernung auf ihn schießen würde.
    Dirk sitzt mit einem Kollegen im Park auf
    einer Bank und grinst mir höhnisch entgegen.
    Als ich mein Geld zurückfordere, lacht er nur
    laut auf.
    «Ich schulde dir gar nichts», blafft er, steht
    auf und geht einfach weg. Als ich ihn das erste
    Mal mit der Soft Air am Bein treffe, schreit er
    laut auf. Ich schieße nochmal. Jetzt rastet Dirk
    richtig aus, zückt sein Taschenmesser und
    rennt auf mich zu. Ich habe paar Einkäufe
    dabei, und um ihn und das Messer von mir fern
    zu halten, greife ich in meine Tüte und bewerfe
    - 177 -

    ihn mit einem Becher Sahne. Treffer! Der
    Becher platzt, und Dirk ist voller Sahne. Laut
    lachend schwingen Markus, Florian und ich uns
    aufs Fahrrad und fahren nach Hause. Mein Geld
    habe ich zwar immer noch nicht wieder. Aber
    dafür Dirk ganz schön blamiert. Dirk, den
    dicken, stinkenden Käse.
    Wie erbärmlich wir doch sind. Aber dann
    tröste ich mich damit, dass mein Verhalten im
    Grunde ganz normal ist.
    Manchmal glaube ich allerdings, dass ich den
    Verstand verloren habe. Weggekifft. Als Markus
    mich am nächsten Morgen anruft und mir
    vorschlägt, mit ihm zusammen bei Jan
    einzubrechen, um ihm ein paar Moneten zu
    klauen, sage ich sofort, dass ich mit von der
    Partie bin. Wie erwähnt, Geld kann ich immer
    gebrauchen.
    «Wenn wir erwischt werden, behaupten wir
    einfach, es wäre um Hausaufgaben gegangen.»
    Auf eine so dämliche Ausrede kann auch nur
    ein Kiffer kommen.
    Gegen Abend kommt Markus bei mir vorbei.
    Wir warten ab, bis es ganz dunkel ist, gehen zu
    Jans Wohnung und hebeln das Toilettenfenster
    auf, das halb offen steht.
    «Scheiße!» Ich bin mit dem Arm an die
    Toilettenlampe gekommen, daraufhin ist die
    Birne auf den Boden gefallen und geplatzt. Erst
    als ich die Scherben sehe, wird mir klar, was für
    eine riesige Scheiße wir hier gerade bauen. Wir
    - 178 -

    brechen tatsächlich bei Jan ein! Bei einem
    unserer besten Freunde! Auch Markus bekommt
    Schiss. Schnell beseitigen wir die Scherben und
    klettern wieder raus.
    Ein Wunder, dass uns niemand gesehen hat.
    Ich schäme mich.
    Ein paar Tage später fahren Jan, Florian,
    Markus und ich Tretboot. Nach einer Weile gehe
    ich kurz an Land, um Eis für uns zu holen. Als
    ich zurück zum Steg komme, sind die drei
    wieder auf die Alster hinausgefahren und wollen
    sich schier ausschütten vor Lachen, als sie mich
    mit dem Eis hilflos am Steg stehen sehen. Mir
    platzt der Kragen, ich renne zur nächsten
    Hauptstraße und fahre mit einem Taxi zum
    Bootsverleih. Dort nehme ich aus Rache erst
    mal Florians Rucksack an mich und
    verabschiede mich bei dem Tretbootvermieter
    mit den Worten: «Ich nehme den schon mal für
    die Jungs mit, die bezahlen dann, wenn sie
    zurückkommen. Tschüs!»
    Als ich zu Hause bin, packt mich die Neugier,
    und ich gucke in Florians Rucksack, um zu
    sehen, was so drin ist. Mir fallen fast die Augen
    aus dem Kopf: Obenauf liegt Tante Elses
    Sparbuch. Dreihundert Euro sind abgehoben
    worden. Die Sache wird ein Nachspiel haben,
    Freunde.
    Als wir uns am nächsten Tag in der Schule
    sehen, sind die Jungs, auch Florian, weder
    - 179 -

    eingeschnappt noch sonderlich sauer, was mich
    ziemlich verblüfft. Ich hatte gedacht, dass sie
    nie mehr mit mir reden werden. Stattdessen
    habe ich das Gefühl, mir durch mein Verhalten
    mehr Respekt

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