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Breit - Mein Leben als Kiffer

Breit - Mein Leben als Kiffer

Titel: Breit - Mein Leben als Kiffer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amon Barth
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dort aus den Heften der
    Mädchen die Hausaufgaben abzuschreiben. Wir
    haben im Pavillon Unterricht, einem langen, von
    beiden Seiten durchsichtigen Glaskasten mit
    vier Räumen. Wenn die Stunde vorbei ist,
    öffnet einer von uns unauffällig das
    Notausgangfenster. Schnell rennen wir dann
    alle zum anderen Ende des Pavillons und
    verstecken uns so lange hinter der Ecke, bis
    alle Schüler draußen sind und die
    Pausenaufsicht ihre Position eingenommen hat.
    Jetzt kommt es auf das richtige Timing an:
    Während der Lehrer in Richtung unseres
    Klassenzimmers marschiert, springen wir über
    das Tor zum Biogarten und schleichen gebückt
    unter den Fenstern bis zu unserem Raum. Jetzt
    müssen wir bloß noch den richtigen Moment
    abpassen und warten, bis die Aufsicht auf dem
    Rückweg ist, und schon haben wir unsere
    Mission erfüllt und können durch den
    Notausgang in den Klassenraum klettern.
    Auch diesmal gelingt es. Wir schreiben die
    Hausaufgaben ab und spielen ein paar Runden
    Fingerkloppe, ein einfaches Kartenspiel, bei
    - 22 -

    dem der Verlierer eine Anzahl von Hand- und
    Fingerfolterungen über sich ergehen lassen
    muss. Ich habe das Gefühl, dass Jan es heute
    auf mich abgesehen hat. Wäre ja nichts Neues.
    Wir mögen uns zwar, aber zwischen uns
    herrscht eine unausgesprochene Rivalität um
    die Gunst von Markus und Florian. Da Jan ein
    wahres Sportass ist, liegt er häufig vorn. Bei
    diesem Spiel kann man zeigen, ob man hart ist
    und cool. Ich habe genug Gelegenheit dazu,
    denn ich verliere ständig. Meine Hand glüht
    feuerrot, als wir fertig sind, aber ich lasse mir
    nichts anmerken. Als wir den Rückzug antreten
    wollen, bemerken wir, dass unser Lehrer, Herr
    Kittlitz, zum ersten Mal seit Klassengedenken
    die Tür abgeschlossen hat und wir somit
    unausweichlich in der Falle sitzen. Ich schlage
    vor, dass wir uns verstecken und dann einfach
    so tun können, als ob wir gerade mit den
    anderen hereinkommen. Die Jungs halten das
    für keine so gute Idee und versuchen, durch
    den Biogarten zu fliehen. Doch da schließt Herr
    Kittlitz auch schon die Tür auf. Ich verstecke
    mich schnell hinter einem Vorhang, aber ein
    paar von den Mädchen entdecken mich sofort
    und fangen laut an zu rufen:
    «Oh, guckt mal, da ist ja Amon.»
    «Amon ist schon drin.»
    «Hallo, Amon!»
    Ich laufe rot an. Natürlich stellt Herr Kittlitz
    mich zur Rede. Als er fragt, ob noch jemand
    - 23 -

    dabei gewesen ist, kommen nach kurzem
    Zögern auch alle anderen nach vorn. Zur Strafe
    kriegen wir einen Klassenbucheintrag und zwei
    Wochen Tafeldienst.
    Das macht uns allerdings nicht das Geringste
    aus, denn wir haben sowieso vor einiger Zeit
    beschlossen, das Klassenbuch verschwinden zu
    lassen. Wir haben inzwischen so viele Einträge,
    dass wir herbe Konsequenzen befürchten: blaue
    Briefe, Gespräche mit den Eltern, was weiß ich.
    Das muss verhindert werden. Wenn das
    Klassenbuch weg ist, haben die Lehrer kein
    Beweismittel mehr.
    Vor dem Kunstunterricht bietet sich eine gute
    Gelegenheit. Das Buch liegt einsam und
    verlassen im Pavillon, und alle warten, dass sie
    in den Raum dürfen. Markus und Jan haben zu
    viel Schiss. Da irgendwer die Nummer erledigen
    muss, stecke ich es schließlich ein und
    deponiere es, bis die Stunde vorbei ist, auf dem
    Schrank vor dem Kunstraum. Nach dem
    Unterricht schmuggle ich das Klassenbuch nach
    draußen, und wir versammeln uns alle bei
    einem Altpapiercontainer. Das Klassenbuch liegt
    vor uns auf dem Boden.
    «Los, lass uns schnell machen, es kann jeden
    Moment ein Lehrer vorbeikommen.»
    Viele treten ein paar Mal willenlos auf das
    Klassenbuch, aber wieder traut sich keiner, das
    Ding zu beseitigen. Es in diesem Zustand
    zurückzubringen ist jedoch auch unmöglich.
    - 24 -

    Ich weiß gar nicht, wovor die anderen ständig
    Angst haben. Nicht nur bei dieser Geschichte,
    sondern prinzipiell. Andauernd haben sie
    «Bedenken» oder einfach zu viel Schiss. In
    Wirklichkeit sind sie jedoch viel schlauer als ich
    und lassen andere für sich die Drecksarbeit
    machen. Das war bisher auch bei den
    Telefonstreichen meistens so. «Los, mach du
    mal, Monsen, du kannst das doch am besten» –
    und ich Idiot glaub denen das auch noch
    immer. Mir dämmert, dass sie meine Dummheit
    ausnutzen, doch ich will keine Schwäche
    zeigen. Also nehme ich das Klassenbuch und
    werfe es kurzerhand ins Altpapier. Alle sind
    erleichtert, aber auch schockiert, weil sie sich
    nicht sicher sind, ob wir nicht doch wegen

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