Breit - Mein Leben als Kiffer
der
Geschichte Ärger bekommen können.
Wie erwartet machen die Lehrer in den
nächsten Tagen einen Riesenaufstand. Natürlich
wissen sie, dass wir das Buch haben
verschwinden lassen, doch sie können uns
nichts nachweisen. Das mit dem gelöschten
Strafregister hat leider nicht funktioniert: Die
Lehrer hatten bereits eine Kopie von allen
Einträgen gemacht. «Amon stört wiederholt
durch Werfen von Papierkügelchen.» – «Dirk
schießt mit einem Gummiband Papierkugeln auf
Tina.» – «Markus hört trotz wiederholter
Ermahnung heimlich Musik über Kopfhörer.»
Kein Wunder, dass wir so sind, wie wir sind,
wenn man uns auf diese Art und Weise
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behandelt. Wir sind beim ganzen Kollegium als
Problemklasse bekannt und stolz auf unseren
Ruf. Für uns ist es die Hauptsache, etwas zum
Lachen zu haben. Also tun wir alles, um
möglichst viel und häufig lachen zu können.
Unsere Klasse ist angeblich die schlimmste, die
es je auf unserer Schule gegeben hat. Wir
haben schon zwei Referendare vergrault, indem
wir einfach die Mitarbeit verweigert und sie,
wenn sie sich zur Tafel drehten, mit
Papierkugeln beschossen haben. Irgendwann
baten sie bei der Schulleitung dann darum,
unsere Klasse abgeben zu dürfen. Man erzählt
sich auch, dass sogar schon mal Lehrer wegen
uns geweint haben und vollkommen verzweifelt
gewesen sind.
Manchmal lassen sich Jan, ich oder einer der
anderen freiwillig im Klassenschrank
einsperren, um durch die Unruhe, die entsteht,
wenn man sich in der Stunde plötzlich
bemerkbar macht, die Unterrichtszeit zu
verkürzen und zur allgemeinen Erheiterung
beizutragen. Nach der letzten Stunde laufen
Dirk und ich gerne mal zu den Fahrrädern der
Mädchen und lassen aus einigen Reifen die Luft
raus, schrauben die Ventile ab oder haken
Vorder- und Hinterbremse aus, um dann aus
sicherer Entfernung zuzusehen, wie die
Mädchen vor Wut anfangen zu weinen.
In den Pausen schleichen wir uns meistens
durch den Raucherkeller der Oberstufe aus der
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Schule und rauchen in einer Einfahrt oder
gehen zum Kiosk.
Dort hängt häufig eine geistig behinderte
Frau rum, die laute Reden schwingt und sich
auch sonst sehr sonderbar verhält. Immer
wieder stürzt sie direkt auf uns zu und brabbelt
irgendetwas Unverständliches. Sie kann nicht
richtig sprechen, sondern gibt nur wortähnliche
Grunzlaute von sich. Jedes Mal, wenn wir sie
sehen, müssen wir von neuem lachen.
In allen von uns steckt aber auch ein Teil, der
schon ein bisschen erwachsen ist, die tragische
Situation der Frau erkennt und Mitleid mit ihr
hat. Diesen Teil, den aufgeklärten und
erwachsenen, stellt allerdings niemand von uns
gern zur Schau, doch wir alle haben ihn. Ich
frage mich, ob die Lehrer das nicht schon längst
mitbekommen haben und uns nur deshalb nicht
auffliegen lassen wollen.
In den Pausen geht es am Kiosk aber auch
schon mal hoch her. Obwohl ich nie auf
Prügeleien aus bin, gerate ich ständig mit
jemandem aneinander, besonders mit Jens und
Marc, zwei Jungen aus meiner Parallelklasse,
mit denen ich sonst eigentlich kaum etwas zu
tun habe.
Als wir uns einmal vor den Weihnachtsferien
gegenseitig Wunschzettel verfassen sollten,
schrieb Marc auf meinen Zettel: «Den Tod» und
Jens: «Wenn du mich noch einmal provozierst,
kriegst du richtig was aufs Maul.» Meine
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Deutschlehrerin meinte, dass ich gute Gedichte
schreiben kann.
Heute gehe ich wie jeden Donnerstag nach der
Schule zu meiner Schwester. Meine Großmutter
besuche ich inzwischen nicht mehr so
regelmäßig. Sie beschwert sich zwar immer
darüber und jammert, dass sie mich fast gar
nicht mehr zu Gesicht bekommt, aber bei
meiner Schwester fühle ich mich einfach
wohler. Katharina wohnt ein paar Straßen von
uns entfernt in einer geräumigen und cool
eingerichteten Wohnung. Sie legt ab und zu
Platten auf, schreibt gerade an einem Buch und
geht zu Poetry Slams, auf denen sie moderne
Gedichte vorträgt und schon mal den ersten
Preis gewonnen hat.
In ihrer Toilette hängt ein Interview mit
Madonna, in dem sie auf die Frage, ob Sex
schmutzig ist, ganz lässig antwortet: «Nur,
wenn man sich hinterher nicht wäscht.» Mitten
im Wohnzimmer steht ein professionelles
Mischpult mit zwei Plattenspielern samt
dazugehörender hochklassiger
Plattensammlung, die hauptsächlich auf
Siebziger-Jahre-Dance-Classics, Disco, Soul und
Hip Hop ausgerichtet ist.
Ich bewundere meine Schwester für ihre
coole
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