Brenda Joyce
Frau
erzählt hatte, einer Frau, die er seit über vier Jahren nicht mehr gesehen
hatte, einer Frau, die er verachtete. In jenem Augenblick, den Francesca nie in
ihrem Leben vergessen würde, waren all ihre Hoffnungen und Träume zunichte
gemacht worden. Jetzt riss sie sich zusammen und sah ihren Vater mit einem
kleinen Lächeln an. »Warum hast du es mir nicht erzählt, Papa?«, fragte sie
leichthin.
Er starrte
sie überrascht an. »Hätte ich denn etwas sagen sollen? Ihr beide hattet euch
doch gerade erst kennen gelernt. Ich habe keine Ahnung, warum seine Frau nicht
hier bei ihm in der Stadt ist und warum sie in keinem der Zeitungsartikel erwähnt
wurde, die die Presse über Rick geschrieben hat. Ein Mann hat ein Recht auf
seine Privatsphäre, und ich habe ihn niemals gefragt, was da möglicherweise im
Argen liegt. Ich bin davon ausgegangen, dass er dich mit Respekt behandeln
wird, da du meine Tochter bist. Was geht hier vor sich?«, fügte er misstrauisch
hinzu.
Francesca
war sich bewusst, dass sie bei diesem Thema mit ausgesprochener Vorsicht
agieren musste. »Bragg und ich sind im Laufe der Ermittlungen zum Burton-Fall
Freunde geworden. Wir haben viele Gemeinsamkeiten. Ich erinnere mich nicht mehr
genau daran, warum und in welchem Zusammenhang er Leigh Anne mir gegenüber
erwähnt hat, aber es ist eine tragische Geschichte, und ich glaube ebenso wie
du, dass ein Mann das Recht auf seine Privatsphäre hat. Daher werde ich kein
Wort mehr darüber verlieren.«
»Ja, ihr
habt wirklich viel gemeinsam«, erwiderte Andrew. »Und es ist wirklich ein
Jammer, dass er nicht ledig ist. Ihr hättet gut zusammengepasst.« Er warf einen
Blick auf seine Taschenuhr. »Ich habe ebenfalls eine Verabredung zum
Mittagessen. Etwas Geschäftliches. Ich muss mich auf den Weg machen.« Er sah
seine Tochter nun wieder lächelnd an und küsste sie auf die Wange. »Bitte sei
vernünftig, Francesca.«
Sie
wusste, dass er sich auf ihre kriminalistischen Aktivitäten bezog. »Ich
verspreche zu versuchen, mich in Zukunft von gefährlichen Situationen fern zu
halten. Wirklich, das ist mein Ernst, Papa.« Und das entsprach auch voll und
ganz der Wahrheit. »Papa, du wirst mich doch nicht auf die Schnelle
verheiraten, oder? Das hast du doch gewiss nur im Zorn gesagt?«
Er zögerte. »Ich möchte, dass
du glücklich bist, Francesca, das weißt du doch. Nein, ich werde dich nicht zu
einer Heirat drängen, aber ich stimme Julia zu, dass wir anfangen sollten,
ernsthaft darüber nachzudenken, wie wir einen geeigneten Mann für dich finden
können.«
Francesca
atmete auf. Zumindest hatte sie ein wenig Zeit gewonnen, denn offenbar begann
ihr Vater die Dinge wieder von ihrer Warte aus zu sehen. »Vielen Dank, Papa«,
sagte sie. »Ich wünsche dir einen schönen Tag«, gab er zurück. Francesca
schaute ihm nach, als er das Zimmer verließ. Er würde schon bald wieder völlig
auf ihrer Seite stehen, da war sie sich sicher. Aber was ihre Mutter betraf, so
sahen die Dinge anders aus. Jetzt, da Francescas Bruder Evan verlobt war,
würde Julia alles daransetzen, einen Verehrer und letztlich einen Ehemann für
ihre jüngste Tochter zu finden. Francesca seufzte.
Sollte der Tag wirklich einmal kommen,
so würde man sie zum Altar schleifen müssen, während sie schreien und um sich
treten würde!
Mit diesem unerfreulichen Bild
vor Augen verließ auch sie den Salon.
Francesca saß über ihre Biologie-Mitschriften gebeugt am
Schreibtisch, als Connie in ihr Zimmer trat. Doch Francesca war ohnehin nicht
in der Lage, sich zu konzentrieren, da sie ständig an die junge Frau denken
musste, die sie tot im Schnee gefunden hatte. Das schlechte Gewissen hatte bereits
ein wenig nachgelassen, und sie hatte beschlossen, dass sie den Mörder suchen
würde. Doch auch ihre neue Klientin ging ihr nicht aus dem Sinn. Insofern
hätte sie nicht ernsthaft behaupten können, dass Connie sie
beim Arbeiten störte. Francesca lächelte und sagte: »Klopfst du eigentlich
niemals an?«
»Die Tür war offen«, erwiderte
Connie mit einem breiten Lächeln. »Wie sehe ich aus?«
Francesca blinzelte verwundert,
denn ihre Schwester war wie immer perfekt gekleidet. Das blassrosa Kleid, das
sie trug, war überaus elegant, und ihre blauen Augen funkelten. Connie sah sehr
glücklich aus, was Francesca unglaublich freute. Vielleicht hatte ihre
Schwester ja doch nicht übertrieben, als sie behauptete, man müsse die
Vergangenheit ruhen lassen; vielleicht hatten sie und Neil sich wirklich
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