Brenda Joyce
zuvor im
Speisesaal des Plaza heftig miteinander geflirtet. Francesca wusste, dass Hart
sie eigentlich recht gut leiden mochte, aber an jenem Nachmittag war es so
gewesen, als ob sie gar nicht existierte.
Warum nur? Connie und sie
glichen einander doch so sehr. Ob es daran lag, dass sie eher steif wirkte und
eine Leseratte war? Natürlich war sie nicht eifersüchtig, nicht ein klitzekleines
bisschen; schließlich liebte sie Bragg.
Hart wusste davon, denn Bragg
war sein Halbbruder. Trotzdem herrschten zwischen den beiden Männern Rivalität
und Feindseligkeit.
Francesca seufzte, als sie
Connie rufen hörte: »Fran! Mrs Kennedy ist gekommen, um mit dir zu reden.«
Sie stieg
überrascht die Treppe hinunter und fragte sich, was Maggie Kennedy wohl so
rasch wieder zu ihr führte. Womöglich war sie nicht in der Lage, einen der
bestellten Stoffe aufzutreiben – in diesem Fall hätte sie allerdings auch Joel
mit einer Nachricht vorbeischicken können. Schließlich arbeitete Maggie bei Moe
Levy – sollte sie nicht in der Fabrik sein?
Francesca
betrat die große Eingangshalle ihres Elternhauses, die mächtige, paarweise
angeordnete korinthische Säulen, marmorne Platten an den Wänden und ein
prächtiges Deckengemälde mit einem ländlichen Motiv zierten. In der Nähe der Tür standen Maggie Kennedy und Joel. Als Francesca
sah, dass Maggies Augen vom Weinen gerötet waren und sie ein zerknautschtes
Taschentuch in der Hand hielt, erstarb ihr Lächeln.
Francesca
wechselte einen kurzen Blick mit Connie, ehe ihre Schwester sich auf den Weg
machte. Dann eilte sie auf Mutter und Sohn zu. »Mrs Kennedy, was ist geschehen?
Geht es Ihnen nicht gut? Bitte kommen Sie doch herein und setzen Sie sich.«
»Vielen
Dank«, brachte Maggie heraus.
Francesca
blickte Joel fragend an, als sie die beiden in den kleinen Salon führte. Er
warf ihr einen langen Blick zu, den sie jedoch nicht zu deuten vermochte. Was
war nur passiert?
Maggie ließ
sich in einen Sessel sinken. Sie kämpfte ganz offensichtlich erneut gegen die
Tränen an.
Francesca
kniete sich vor Maggie und nahm die Hände der Frau in die ihren. »Sie sind
gewiss nicht wegen meiner Kleider gekommen, nicht wahr? Ist etwas geschehen?«
Maggie nickte, vermochte aber keinen Ton herauszubringen. Joel, der mager und
klein war und eine ausgesprochen helle Haut hatte, die einen erstaunlichen
Kontrast zu seinen dunklen Augen und seinem schwarzen, lockigen Haar darstellte,
stand neben seiner Mutter. »Irgendjemand hat ihre Freundin um die Ecke
gebracht«, sagte er schroff. »Mausetot ist die.«
»Ach du meine Güte!«, entfuhr
es Francesca. Sie packte Maggies Hände fester.
Maggie atmete tief durch. »Es
tut mir Leid, Miss Cahill.«
»Bitte machen Sie sich um mich
keine Sorgen.«
»Ich ...«
Maggie versuchte sich an einem Lächeln, doch es wollte
ihr nicht gelingen. »Ich glaube, ich stehe unter Schock. Ich hab's gerade erst
gehört, müssen Sie wissen – auf der Arbeit ... Mary und ich sind schon lange
befreundet, und letztes Jahr hat sie auch für ein paar Monate bei Moe Levy
gearbeitet.« Sie musste erneut gegen die Tränen ankämpfen.
Francesca zog sich eine
Polstertruhe heran und nahm darauf Platz. »Fangen Sie doch bitte ganz von vorn
an.«
»Sie müssen den Mörder
finden!«, rief Joel. »Sie war so 'ne nette Dame, und sie hatte keinen Mann,
bloß ihre beiden kleinen Mädchen.«
Francesca blickte Joel an. »Du
weißt, dass ich mein Bestes tun werde.«
Er nickte
eifrig. »Ja, ich weiß.«
»Joel«, flüsterte Maggie und
streckte ihre Hand aus. Er legte die seine hinein, und sie klammerte sich
daran, als wäre er der Stärkere von ihnen beiden.
Als Francesca die beiden so
sah, verspürte sie einen Stich im Herzen. Plötzlich sehnte sie sich danach,
einen Sohn wie Joel zu haben, der so klug und treu war. Dabei wunderte sie sich
über sich selbst, denn bisher hatte sie noch nie den Wunsch nach einem Kind
verspürt. Natürlich war sie immer davon ausgegangen, dass sie eines Tages
mehrere Kinder haben würde, aber jetzt hatte sie diese Sehnsucht zum ersten Mal
mit einer solchen Heftigkeit überfallen.
Doch im Moment kam dies für sie
ohnehin nicht infrage, denn der Mann, den sie liebte, war nicht frei, und sie
würde keinen anderen heiraten.
Maggie
sprach so leise, dass Francesca sich vorbeugen musste, um sie zu verstehen.
»Die Polizei kam mit 'ner Zeichnung von ihr zur Fabrik. Sie haben gefragt, ob
einer von uns die Frau kennt. Ich hab Mary sofort erkannt und das den
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