Brenda Joyce
die
Straßenbahn«, sagte er. »Warum die Kohle verschwenden?«
»Bist du dir da auch ganz
sicher?«, fragte Francesca gerade, als plötzlich eine Stimme ertönte: »Miss
Cahill! Ja, was haben Sie denn in dieser Gegend zu schaffen?«
Sie
erkannte die Stimme sofort, obwohl sie ihren Besitzer erst zweimal getroffen
hatte. Widerwillig drehte sie sich zu Richard Wiley um, einem groß gewachsenen,
dünnen Mann, der es sich in den Kopf gesetzt hatte, ihr den Hof zu machen, und
der nun knallrot wurde. »Mr Wiley, was für eine angenehme Überraschung«, sagte
Francesca und zwang sich zu einem Lächeln.
Francesca
klopfte nun schon zum dritten Mal an die Tür von Braggs Haus. Das war
ungewöhnlich. In der Vergangenheit hatte Peter sie immer schon geöffnet, wenn
das Klopfen noch nicht einmal ganz verklungen war. Wieso dauerte es dieses Mal
so lange?
Doch dann stand er plötzlich
mit undurchdringlichem Gesichtsausdruck vor ihr.
»Peter!«, rief sie erleichtert.
»Ist alles in Ordnung? Wie geht es den Mädchen?«
»Sie sind wohlauf«, erwiderte
er und blickte suchend an ihrem Kopf vorbei. »Sie haben kein Kindermädchen
mitgebracht?«, konstatierte er.
Francesca schaute ihn blinzelnd
an. Bis zu diesem Moment hatte sie noch nie eine richtige Unterhaltung mit
Peter geführt. Bedeutete seine ungewöhnliche Gesprächigkeit etwa, dass er
darauf brannte, seine Aushilfstätigkeit als Aufpasser der Kinder wieder
aufzugeben? »Ich hatte noch keine Zeit, jemanden zu finden«, sagte sie. »Aber
ich treffe mich in Kürze hier mit Bragg. Wo sind die Kinder denn?«, fragte sie
und trat ein.
»In der
Küche.« Er schloss die Haustür hinter ihr.
Francesca
vermutete, dass sich die Küche hinter dem Esszimmer befand. Sie durchschritt
den kleinen Raum, der in einem zarten Moosgrün gestrichen war und in dessen
Mitte ein dunkler Eichentisch und sechs Stühle standen, öffnete die Küchentür
und blieb wie vom Donner gerührt stehen.
Die beiden
Mädchen saßen an einem kleinen Holztisch, der sich in einem fürchterlichen
Zustand befand. Ganz offenbar hatte Dot mit ihrem Essen gespielt und überall
Apfelmus, Erbsen und Kartoffelbrei verschmiert. Katie saß neben ihr. In ihrem
Haar klebte Kartoffelbrei, und vor ihr stand ein Teller mit Essen, der noch
hoch gefüllt war, was darauf schließen ließ, dass sie nichts davon angerührt
hatte.
Das Mädchen saß wie eine Statue
da, ohne sich zu bewegen, zu lächeln oder einen Ton von sich zu geben. Sie
hätte genauso gut eine Porzellanpuppe sein können.
Als Dot
Francesca im Türrahmen stehen sah, kreischte sie fröhlich und schleuderte dann
eine Hähnchenkeule in ihre Richtung.
Francesca duckte sich gerade
noch rechtzeitig, und die Keule prallte gegen Peters breite Brust.
»Ach herrje!« Sie biss sich auf
die Lippe und sah ihn entschuldigend an.
»Die
Braunhaarige will nichts essen«, erklärte er.
»Ihr Name
ist Katie«, sagte Francesca, die erst jetzt bemerkte, dass der Fußboden mit
Milch bekleckert war. Eine Pfütze befand sich neben Katies Stuhl, die andere
neben Dots.
Peter hob
die Hähnchenkeule auf, schritt an den Mädchen vorbei und warf sie in einen
Mülleimer neben der großen Spüle.
»Bragg
kommt bald nach Hause, Peter«, sagte Francesca ängstlich. »Wenn er diese
Schweinerei sieht, wird er niemals erlauben, dass die Mädchen hier bleiben!« Im
selben Moment fiel ihr ein, dass Peter die beiden womöglich auch nicht im Haus
haben wollte. Sie warf ihm einen fragenden Blick zu, aber seine Aufmerksamkeit
schien ausschließlich auf den Mopp gerichtet zu sein, nach dem er gerade
griff. »Peter? Ist bei Ihnen auch wirklich alles in Ordnung?«
Er trat
auf die erste Pfütze zu und warf Francesca einen kurzen Blick zu, der aber so
distanziert war, dass sie seine Bedeutung nicht zu entziffern vermochte.
Während er die Milch aufwischte, wandte sich Francesca lächelnd an die beiden
Mädchen. »Hallo, Katie. Hallo, Dot.«
Dot
klatschte in die Hände, strahlte Francesca mit ihrem beinahe zahnlosen Mund an
und schlug mit der Faust in den Kartoffelbrei ihrer Schwester.
Katie tat
dagegen so, als habe sie Francescas Begrüßung gar nicht gehört. Sie runzelte
lediglich die Stirn, und Francesca vermochte nicht zu beurteilen, ob dies aus
Wut oder aus Trotz geschah.
»Dot, man
spielt nicht mit seinem Essen«, sagte Francesca. Sie nahm den Kindern die
Teller weg und stellte sie in die Spüle. Als sie mit einem Lappen bewaffnet an
den Tisch zurückkehrte, schnipste Dot dort gerade lachend
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