Brenda Joyce
der 37th Street entfernt, wo
die Droschke rechts abbiegen und sie vor dem Haus der Stuarts absetzen sollte.
Einer plötzlichen Eingebung folgend, klopfte Francesca gegen die Trennwand und
rief dem Kutscher zu: »Sir! Bitte halten Sie an, wir steigen aus!«
Einen Moment
später eilte Francesca bereits mit Joel im Schlepptau die Straße entlang.
»Rose! Miss Jones! So warten Sie doch!«
Rose drehte
sich um und blickte Francesca erstaunt an, als sie sie erkannte. Dann kniff sie
die Augen misstrauisch zusammen.
Francesca
verlangsamte ihren Schritt. Das letzte Mal, als sie Rose gesehen hatte, waren
sie und ihre »Schwester« Daisy nur ausgesprochen dürftig bekleidet gewesen und
wurden in einem Polizei-Fuhrwerk weggebracht. Damals mussten die beiden Frauen
die Nacht im Stadtgefängnis verbringen, nachdem Bragg in dem Etablissement, wo
sie arbeiteten, eine Razzia hatte durchführen lassen. Francesca konnte sich vorstellen,
dass Rose nicht allzu erbaut sein würde, sie zu sehen, wenn man ihre Beziehung
zu Bragg und der Polizei in Betracht zog. Sie setzte ein freundliches Lächeln
auf und sagte: »Ich habe Sie von der Droschke aus gesehen. Guten Tag, Miss
Jones. Francesca Cahill – ich hoffe, Sie erinnern sich an mich.« Sie streckte
zur Begrüßung die Hand aus.
Rose setzte
die Einkaufstasche ab, machte aber keine Anstalten, die ihr dargebotene Hand
zu schütteln. Stattdessen stemmte sie ihre behandschuhten Fäuste in die
Hüften. »Und? Was wollen Sie von mir?«, fragte sie herausfordernd. Ihre
Aussprache deutete darauf hin, dass sie in einer vornehmen Familie
aufgewachsen war.
Rose schien wütend zu sein,
doch selbst in ihrer Wut war sie eine wunderschöne Frau – groß, dunkler,
makelloser Teint und erstaunlich grüne Augen.
»Es tut mir wirklich Leid, dass
Sie und Daisy eine Nacht im Gefängnis verbringen mussten«, hob Francesca an.
»Ich hatte Bragg gebeten, seine Entscheidung noch einmal zu überdenken, aber
er ließ sich nicht davon abbringen.«
»Warum hätten Sie uns schon
helfen sollen?«, fragte Rose, wobei ihre Stimme bereits etwas weniger scharf
klang.
»Warum? Weil ich es nicht mag,
wenn jemand ungerecht behandelt wird.«
Rose starrte sie an. Dann sagte
sie weitaus weniger feindselig:
»Ich habe den Artikel in der Sun über Sie gelesen. Warum haben Sie diesen Mörder gejagt?«
Francesca zuckte mit den
Schultern. »Ein unschuldiger Mann wurde ermordet. Der Gerechtigkeit musste
Genüge getan werden.«
Rose bedachte sie mit einem
spöttischen Blick. »Wenn man reich ist, dann ist die Gerechtigkeit eine
wunderbare Sache. Leider haben die meisten Menschen nur keine Zeit dafür.«
»Da mögen Sie Recht haben. Aber
ich schon«, erwiderte Francesca.
Darauf gab
Rose keine Antwort.
»Wie geht es Daisy?«, fragte
Francesca. »Grüßen Sie sie doch von mir.« Daisy war in ihren Augen die schönste
Frau, die sie jemals gesehen hatte. Sie sprach ebenso kultiviert wie Rose, und
es war Francesca nach wie vor ein Rätsel, warum sich diese beiden Frauen ihrer
Körper bedienten, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Sie waren mit
Sicherheit keine Schwestern, so viel wusste sie inzwischen, und weitaus mehr
als nur Freundinnen.
Rose erstarrte. Ihre Augen
verdunkelten sich. »Warum fragen Sie nicht Ihren Freund, wie es ihr geht?«
Einen Moment lang war Francesca
verwirrt. »Wie bitte? Ich soll Bragg fragen, wie es Daisy geht?«
»Nicht den Commissioner. Hart.
Calder Hart.« Rose spuckte seinen Nachnamen förmlich aus.
Francesca
blinzelte. »Sie sind ja furchtbar aufgebracht«, sagte sie und legte spontan den
Arm um Roses Schulter, doch Rose schüttelte ihn sogleich wieder ab. »Was ist
passiert? Geht es Daisy nicht gut?« Francesca konnte sich gar nicht vorstellen,
was Hart getan haben könnte, dass Rose derart erzürnt war. Rose starrte nur vor
sich hin, und Francesca wurde klar, dass sie über alle Maßen verzweifelt war
und kein Wort herauszubringen vermochte. »Rose?«, sagte sie leise.
»Hart hat sie zu seiner
Mätresse gemacht«, erwiderte Rose schließlich.
»Wie bitte?« Francesca
schnappte nach Luft. Plötzlich hatte sie ein Bild vor Augen, wie Hart, Daisy
und Rose zusammen im Bett lagen.
»Er hat ihr ein Angebot
gemacht, das sie einfach nicht ablehnen konnte. Sie ist in ein Haus gezogen,
das er extra für sie gekauft hat«, erklärte Rose. »Stellen Sie sich nur vor, er
hat ihr wirklich ein Haus gekauft!«
Francesca war sprachlos. Sie
wusste zwar, dass Hart beide Frauen mochte, aber sie wusste
Weitere Kostenlose Bücher