Brenda Joyce
auch, dass er
bereits eine Mätresse hatte. »Aber ... er hat doch eine Mätresse«, sagte sie.
Wie viele Frauen konnte ein Mann denn gleichzeitig aushalten?
»Die ist
er losgeworden. Jetzt hat er Daisy!«
Francesca hatte keine Ahnung,
was sie davon halten, und noch viel weniger, was sie dazu sagen sollte. »Es tut
mir ja so Leid«, flüsterte sie nach einer Weile.
»Sie haben eine Abmachung über
sechs Monate getroffen«, sagte Rose. »Ich könnte ihn dafür umbringen!«
»Nun, sechs
Monate, das ist ja keine Ewigkeit«, versuchte Francesca sie zu trösten, war
aber immer noch wie benommen. Andererseits konnte sie gut verstehen, warum
Hart Daisy gebeten hatte, seine Mätresse zu werden. Sie war eine wunderschöne,
sinnliche und herzensgute Frau. Natürlich war er ganz vernarrt in sie.
Aber Rose
war offenbar mehr als nur aufgebracht, und Francesca hatte bereits bei ihrer
ersten Begegnung erkannt, dass sie unberechenbar war. Es bereitete ihr ein
wenig Sorgen, dass Rose derart erzürnt war über Hart. Aber was konnte sie schon
tun?
Dann
dachte sie daran, wie Hart seit kurzem Connie umgarnte.
»In sechs
Monaten kann eine Menge passieren«, gab Rose zurück. »Und er ist ein solcher
Mistkerl. Er hat Spielregeln aufgestellt!«
Francesca
hörte wohl, was Rose sagte, antwortete aber nicht sofort. Wie konnte Hart nur
Daisy zu seiner Mätresse machen und dabei in aller Offenheit mit Connie
flirten? Natürlich musste sie ihrer Schwester sofort von dieser Neuigkeit
berichten. Connie wäre darüber sicherlich aufgebracht – sehr aufgebracht sogar
– und würde Hart bei seinem nächsten Annäherungsversuch die kalte Schulter
zeigen. Ein Lächeln begann sich auf ihrem Gesicht auszubreiten – diese kleine
Liebelei wäre mit Sicherheit in dem Moment zu Ende, wenn Connie von Daisy
erfuhr!
Letztendlich war diese
Entwicklung ein Segen, und Francesca dankte Gott dafür.
Mit diesen tröstlichen Gedanken
wandte Francesca ihre Aufmerksamkeit wieder Rose zu. Ob sie sich wohl in
irgendeiner Weise durch Hart bedroht fühlte?
»Sie haben doch sicherlich Gelegenheit gehabt, ausführlich mit Daisy darüber
zu reden?«
»Nicht
wirklich. Es ging alles so schnell. Mir dreht sich immer noch der Kopf!« Sie
blickte zur Seite. Francesca glaubte, eine Träne in Roses langen, schwarzen
Wimpern erblickt zu haben.
Francesca
ergriff ihre Hand, doch Rose zog sie wieder weg. »Sie beide sind doch so gute
Freundinnen. Ganz gleich, was auch im nächsten halben Jahr geschehen mag, Ihre
Freundschaft wird es überleben, da bin ich mir sicher.«
Rose sah sie an. Ihr starres
Gesicht hatte einen weicheren Ausdruck angenommen. »Ich danke Ihnen, Miss
Cahill. Daisy hatte Recht, Sie sind sehr freundlich. Sie mag Sie«, fügte sie
hinzu.
Francesca
lächelte. »Bitte nennen Sie mich doch Francesca.« Mit einem Mal kam ihr ein
Gedanke. »Wissen Sie was, ich hätte Lust, Daisy einen Besuch abzustatten. Warum
begleiten Sie mich nicht?«
Rose
blinzelte zunächst ungläubig und begann dann zu strahlen.
Francesca beschloss, dass der Besuch bei Mrs Stuart warten konnte –
zumal sie ohnehin noch keine neuen Erkenntnisse hinsichtlich der Affäre ihres
Mannes gewonnen hatte. Daisys Haus lag nur wenige Straßenzüge Richtung
Innenstadt entfernt, und Francesca winkte eilig eine Droschke heran. Als sie
ein paar Minuten später vor einem älteren, aber sehr gepflegten Haus hielten,
hörte Francesca, wie Rose vernehmlich durchatmete.
Während
Francesca ihre Geldbörse hervorzog, um den Fahrpreis zu begleichen – wobei sie
der Anblick der kleinen Pistole in ihrer Handtasche wieder einmal überraschte
–, musterte sie Rose von der Seite und spürte, wie nervös sie war. Sie fragte
sich insgeheim nach dem Grund dafür.
Rose berührte ihre Hand. »Ich
habe das Geld schon bereit«, sagte sie und reichte dem Kutscher einen halben
Dollar und etwas Kleingeld.
»Vielen
Dank«, erwiderte Francesca.
Sie
stiegen aus, traten durch ein schmiedeeisernes Tor und schritten den
gepflasterten Weg hinauf, der zu dem prächtigen Ziegelsteinhaus führte. Francesca
beschloss, ihre Begeisterung Rose gegenüber lieber nicht zu zeigen – das Haus
war wunderschön, und Francesca konnte sich vorstellen, wie der Garten im Sommer
aussehen musste, wenn alles in voller Blüte stand. Auf ihr Klopfen hin wurde
die Tür umgehend von einem Dienstboten geöffnet.
Daisy stand
am anderen Ende des geräumigen Eingangsbereichs mit dem beigefarbenen
Marmorfußboden, wo eine breite Treppe in die
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