Brenda Joyce
zu bitten.« Daisy zuckte mit den Schultern. »Und
wenn ich mich weigern sollte, wird Hart mich schon vom Gegenteil überzeugen,
nicht wahr?« Es war eine rhetorische Frage, aber Francesca antwortete dennoch.
»Ja«, sagte sie, verkniff sich aber jeglichen weiteren Kommentar,
auch wenn sie Daisy am liebsten unter die Nase gerieben hätte, dass sie nicht
im Hause dieses Mannes leben und sich von ihm aushalten lassen sollte, wenn sie
unbedingt eine freie Frau sein wollte.
Daisy zuckte wieder mit den Schultern. »Dann habe ich wohl keine
andere Wahl.«
»Bitten Sie Rose doch zu unserem Gespräch herzu«, schlug Francesca
vor, die erleichtert war, wieder die Kontrolle über die Situation erlangt zu
haben. Doch ihr war der Schweiß ausgebrochen. Es war eine Qual gewesen, Daisy gegenüberzutreten,
und dass ihre Begegnung in diesem Haus stattfand, das Hart für seine Mätresse
gekauft hatte, machte die Sache auch nicht einfacher.
Rose betrat den Raum. Francesca blickte sie
erstaunt an. Offenbar hatte sie im Nebenzimmer gelauscht. Als Francesca die
hochgewachsene, umwerfend schöne Frau mit dem olivfarbenen
Teint erblickte, musste sie für einen Moment daran denken, dass Hart Rose am
vergangenen Abend dabei zugesehen hatte, wie sie eine andere Frau liebte. Denn
das war alles, was er getan hatte, dessen war sie sich sicher. Oder nicht?
Rose nickte. »Guten Tag, Francesca. Meinen Glückwunsch.«
»Danke.« Rose benahm sich ihr gegenüber nicht wirklich feindselig,
aber ihr freundliches Benehmen von früher war verschwunden. »Wie geht es Ihnen?«
Rose zuckte mit den Schultern und trat neben Daisy. »Abgesehen
davon, dass ich gestern Abend Ihren Verlobten unterhalten musste?« Ihre Augen
begannen vor Hass zu funkeln. »Gut.«
Francesca musste sich anstrengen, um die Anspielung zu ignorieren.
»Vier Mädchen im Alter von zwölf bis vierzehn Jahren werden vermisst. Sie sind
alle außergewöhnlich hübsch, und wir vermuten, dass sie zur Prostitution gezwungen
werden. Ich bin mir bewusst, dass Sie Hart verachten, Rose, und Sie mich,
Daisy, aber diese armen Kinder wurden ihren Familien entrissen und in eine
schreckliche Welt der Verderbtheit und der Lust gezwungen, und ich bitte Sie beide,
persönliche Differenzen für den Augenblick einmal zu vergessen. Wir müssen
diese Kinder finden. Wir müssen diesen schändlichen Kreaturen das Handwerk
legen, die Kinder entführen und sie in die Prostitution zwingen. Können Sie
uns bitte dabei helfen, sie zu finden?«
Rose und Daisy starrten sie an, dann
wechselten sie einen Blick. Rose legte einen Arm um Daisy, und diese schloss
für einen Moment die Augen, ehe sie Francesca anblickte und sagte: »Sie haben
recht. Es tut mir leid. Ich habe Sie bezüglich Calder angelogen. Rose hat mir
erzählt, dass er lediglich im Zimmer auf und ab gegangen ist, dabei seinen
Scotch getrunken und sie und Linda kaum beachtet hat. Er hat keine von beiden
angerührt. Es tut mir wirklich leid.«
»Und mir tut es leid, dass Ihnen wehgetan wurde«, entgegnete
Francesca mit sanfter Stimme. Sie fühlte sich unglaublich erleichtert. »Und
dass Sie sich in ihn verliebt haben.« Daisy starrte sie an, stritt es jedoch
nicht ab. Für einen Augenblick blieb es still im Raum. Rose blickte Daisy
entgeistert an und ein vorwurfsvoller Ausdruck trat in ihre Augen. »Du liebst
doch mich!«, rief sie.
Daisy wirkte so schmal, so zerbrechlich und verloren. »Gewiss,
aber ich liebe ihn auch. Und ich bin noch nicht bereit, ihn aufzugeben.« Tränen
stiegen ihr in die Augen, und sie eilte aus dem Zimmer.
Rose wandte sich nun Francesca zu, und in ihren Augen lag ein
furchteinflößendes Funkeln. »Er sollte sich besser von mir fernhalten«, sagte
sie warnend. »Und sorgen Sie dafür, dass er Daisy in Ruhe lässt. Sonst werde
ich ihn umbringen. Sagen Sie ihm das, Francesca.«
Francesca atmete tief ein. Rose sah in diesem
Moment tatsächlich aus, als wäre sie imstande, einen
Menschen zu töten.
Rose wandte sich ab und eilte Daisy nach.
Francesca zögerte nicht – das Leben der drei Mädchen stand auf dem
Spiel. Sie lief Rose nach und packte sie am Arm. »Rose, ich benötige Ihre
Hilfe. Ich muss die Mädchen unbedingt finden. Bitte hören Sie sich um! Finden
Sie heraus, wer ein Bordell mit Kindern leitet! Ich bitte Sie!«
Rose schüttelte sie wütend ab und verließ den Raum. Francesca ließ
sich in einen Sessel sinken. Ihr Kopf schmerzte, und sie schlug verzweifelt die
Hände vors Gesicht. Sie hatte sich diese eine
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