Brenda Joyce
welch
eine Überraschung. Aber glauben Sie wirklich, dass er Ihnen treu bleiben
kann?«, fragte sie.
Francesca starrte sie an. Es schien beinahe
so, als seien sie zu Feindinnen geworden. Schließlich sagte sie: »Ich ziehe es vor,
ihn beim Wort zu nehmen.«
»Einen Monat lang mag es leicht sein«,
bemerkte Daisy. »Aber ein Leben lang treu zu bleiben, das ist schon etwas
anderes.«
Francesca verzog das Gesicht und setzte sich. Falls Daisy
versuchte, ihr wehzutun, so war es ihr gelungen. »Calder wird sehr oft
missverstanden. Ich habe ihn von seiner besten Seite erlebt. Es steckt viel
Gutes in ihm, wie Sie ja inzwischen selbst wissen dürften.«
»Francesca, es gibt da etwas, das ich Ihnen erzählen muss«, sagte
Daisy plötzlich, nahm neben ihr in einem moosgrünen Damastsessel Platz und fasste sie am Arm. »Hart war gestern
Abend in einem Club namens J ewel. Es ist ein dekadentes Etablissement,
das von Männern besucht wird, die ihre ausgefallensten sexuellen Phantasien
ausleben wollen. Ich weiß, dass er sich dort aufgehalten hat, weil Rose dort
arbeitet und sie mit ihm zusammen war.«
Francesca erstarrte, erzählte Daisy jedoch nicht, was sie wusste.
Ihr Herz begann aufgeregt zu schlagen. Was würde ihr Daisy wohl erzählen?
»Wirklich?«
»Es tut mir leid«, sagte Daisy sehr ernst, »aber ich kann nicht
zulassen, dass Sie an einen edelmütigen Hart glauben. Er war mit Rose und einer
anderen Frau zusammen, Francesca. Es war ein Dreier, eine Ménage à trois.« Sie
lehnte sich zurück, die Hände im Schoß gefaltet, und beobachtete Francesca
aufmerksam.
Francesca erhob sich. Sie weigerte sich, an Hart zu zweifeln. Sie
würde nicht auf Daisys spitze Bemerkungen hereinfallen. »Unsere Freundschaft
ist ganz offensichtlich beendet«, bemerkte sie kühl. Doch dabei zitterte sie,
denn Daisys Worte enthielten ein Gift, gegen das sie nicht völlig immun war.
»Ich bin nur der Überbringer der Nachricht«, erwiderte Daisy, die
ebenfalls aufstand. »Ich mag Sie, Francesca, und ich möchte nicht, dass Sie
verletzt werden.«
»Hart war im Jewel, weil ich ihn dorthin geschickt habe«,
erklärte sie steif.
Daisy starrte sie mit großen Augen an.
»Wir arbeiten zusammen an einem Fall, Daisy. Das ist auch der
Grund meines Besuchs. Ich wollte Sie und Rose eigentlich um Hilfe bitten.«
Daisy hatte ihre Überraschung überwunden, und
ihr Gesicht wurde ausdruckslos. »Wie unkonventionell von Ihnen. Wie
aufgeschlossen Sie doch sind. Das hätte ich nicht von Ihnen erwartet. Es ist
Ihnen also egal, was Hart tut, wenn er nicht mit Ihnen zusammen ist? Aber mit
seiner Treue ist es ja wohl nicht weit her. Das überrascht mich nicht. Hart ist
nicht der Typ Mann, der sich ein Vergnügen entgehen lässt.«
Francescas Gesicht erstarrte zu einer Maske. Hart hatte ihr
geschworen, er habe die Frauen nicht angerührt, und sie glaubte ihm. Sie
wusste, was Daisy mit ihren Worten bezweckte. Sie wollte Misstrauen und Zweifel
säen. »Es ist mir nicht egal, Daisy. Ganz im Gegenteil. Aber wir wissen doch
beide, dass Hart nur zugesehen und sonst nichts mit Rose und dieser anderen
Frau getan hat.«
Daisy lächelte verkniffen. »Hat er das gesagt? Wie gerissen er
doch ist.«
Damit war es um Francescas Gewissheit
geschehen. Nagende Zweifel quälten sie, das Misstrauen gewann die Oberhand,
und sie fragte sich, ob Hart sie nicht doch angelogen hatte,
auch wenn er auf ihren Vorwurf mit Unglauben und Entgeisterung reagiert hatte.
Sie rief sich in Erinnerung, dass sie doch wahre Freunde waren. Bisher hatte er
sie noch nie angelogen, und schließlich hatte er diesen Club tatsächlich nur
besucht, um ihr bei ihren Ermittlungen zu helfen – um die verschwundenen
Mädchen zu finden. Zudem war sein Argument sehr überzeugend: Warum sollte er
heiraten, wenn er sein Leben so weiterführen wollte wie bisher?
»Ich vertraue Calder«, sagte Francesca, aber obwohl es ihr ernst
damit war, fiel es ihr schwer, die Worte auszusprechen. Wie anfällig sie doch für
einen solchen Angriff war, wie Daisy ihn gerade versucht hatte.
»Sie können Rose gern selbst fragen, was geschehen ist. Sie ist
nämlich hier«, verkündete Daisy.
Francesca zuckte zusammen. Und dann empfand sie zu ihrer eigenen
Erleichterung eine große Wut. »Sie wollen Calder und mich doch nur
auseinanderbringen. Rose liebt Sie. Sie würde gewiss alles für Sie tun und auch
vor einer Lüge nicht haltmachen. Ich bin nicht hier, um meinem Verlobten nachzuspionieren,
Daisy, sondern um Sie um Hilfe
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