Brenda Joyce
ihrer Familie erfährt, was geschehen ist. Sie
wäre dir sicherlich sehr dankbar, wenn du vor Andrew und Julia kein Aufhebens
darum machen würdest.«
Bragg trat auf ihn zu und starrte ihn an. »Warum bist du eigentlich
derart in diesen Fall involviert, Calder? Glaubst du etwa, du könntest
Francescas Herz erobern, indem du ihr bei der Aufklärung hilfst?«
Hart war wütend, ließ sich jedoch allenfalls eine leichte Verärgerung
anmerken. »Es gefällt mir ebenso wenig wie dir, wenn sie sich in Gefahr
begibt.«
Für einen Moment blieb es still. »Hat sie den
Kerl gesehen?«
»Nein.«
»Ist sie
imstande, die Waffe zu beschreiben?«
Hart stutzte. Diese Frage war ihm gar nicht in den Sinn gekommen.
»Ich weiß es nicht. Ich vermute, schon.«
»Und die
Wunde ist wirklich nur oberflächlich?«
Er nickte.
»Ja.«
»Wann hat
der Überfall stattgefunden?«
»Kurz vor
sieben.«
»Und wie kommt es, dass ihre Eltern nichts davon wissen, obwohl
sich der Überfall vor ihrem Haus ereignet hat? Ist sie zu dir gekommen?« Bragg
musterte seinen Bruder durchdringend.
»Ist das
eine persönliche Frage?«
»Beantworte sie einfach«, verlangte der
Commissioner kühl.
Hart seufzte. »Ich kam gerade aus dem Haus. Es war Zufall, nichts
weiter. Sie hat mich gesehen und nach mir gerufen.« Sein Gesicht verdüsterte
sich bei der Erinnerung daran. »Es war wirklich ein ziemlich entsetzlicher
Anblick. Die weiße Bluse, die sie unter ihrem Kostüm und dem Mantel trug, war
voller Blut.«
Bragg starrte ihn an.
Hart blickte auf und lächelte
grimmig. »Aber du kennst ja Francesca. Sie schafft es immer wieder, bei ihren
Ermittlungen die übelsten kriminellen Element anzuziehen.«
»Ich bin froh, dass du dort
warst«, sagte Bragg.
Hart
blinzelte.
Bragg nickte. »Das ist mein
Ernst. Also schön – ich werde gleich morgen früh mit Francesca sprechen. Falls
dir noch irgendetwas einfallen sollte – selbst wenn es sich nur um eine
unbedeutende Kleinigkeit handelt –, dann melde dich bei mir. Du weißt ja, wie
du mich erreichen kannst«, fügte er spöttisch hinzu.
Hart nahm einen Schluck von seinem Scotch, zog kurz in Erwägung,
eine ebenso spöttische Antwort zu geben, entschied sich jedoch, die Spitze zu
ignorieren.
Bragg
wandte sich ab und ging.
Bis auf die eine Lampe, die auf dem Tisch im Flur brannte, lag das
Haus im Dunkeln. Das unangenehme Gespräch mit seinem Bruder hatte ihn auf dem
ganzen Nachhauseweg verfolgt, ebenso wie die Tatsache, dass Hart ihr in der Not
beigestanden hatte und nicht er. Doch nun verblassten die Eindrücke langsam. Er
löschte das Licht, stieg langsam die Treppe hinauf und löste dabei seinen
Binder.
In Gedanken sah er Leigh Anne vor sich.
Doch er schob das Bild beiseite. Stattdessen dachte er an den
Angreifer. Er hatte Francesca ein Messer an die Kehle gehalten – das war
zweifelsohne der Grund dafür, dass sie annahm, es müsse sich um den Mörder von
Tom Smith gehandelt haben. Die übrigen Verbindungen lagen auf der Hand: Smith
war irgendwie in die Sache verwickelt gewesen – schließlich hatte er gelogen,
als sie ihn wegen seiner vermissten Tochter
befragten –, und mit seinem Angriff auf Francesca hatte der Schurke sie davon
abbringen wollen, den Fall weiter zu verfolgen. Bragg betrat das Schlafzimmer.
Sie hatte eine kleine Lampe auf ihrem Sekretär in der hinteren
Ecke des Raumes brennen lassen. Aus dem Augenwinkel sah er das Bett, sah ihre
kleine, schlafende Gestalt. Er ignorierte den Anblick, ging zum Ankleidezimmer
hinüber und zog sich mit heftigen, wütenden Bewegungen aus.
Hätte er Francesca doch am
frühen Abend selbst nach Hause gebracht! Aber stattdessen war er der Einladung
von Harris und seiner politischen Runde gefolgt, und Hart war derjenige
gewesen, der zu ihrer Rettung kam. Bragg griff mit einer plötzlich
übermächtigen Wut nach seinem Nachthemd, das auf einem Bügel hing. Was war nur
aus seinem Leben geworden?
Leigh Anne kam ihm wieder in den Sinn, nackt und sinnlich, die
Augen verführerisch und mit glasigem Blick, wenn sie zum Höhepunkt kam. Er
fluchte in sich hinein, warf das Nachthemd beiseite, ging zur Türschwelle des
Schlafzimmers und starrte auf das Bett.
Die Decke
verbarg sie vor seinen Blicken.
Er starrte ins Halbdunkel des Raumes. Francesca war mit Hart
verlobt. Es war einfach unglaublich.
Wollte sie
ihn damit womöglich bestrafen?
Nein, dachte er bitter, sie war Hart offenbar tatsächlich verfallen
– er hatte es mit eigenen Augen gesehen.
Wieder
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