Brenda Joyce
auch nur raten.«
»Es ist
sein Blut, nicht wahr? Glauben Sie, dass er tot ist? Haben wir es hier mit
einem Verrückten und einem Mörder zu tun?«
»Er ist nicht tot«, presste Bragg hervor.
»Der Junge ist nicht tot.«
Als sie spürte, dass sich ihre Augen erneut
mit Tränen zu füllen begannen, atmete Francesca tief ein. »Ich hoffe, dass Sie
Recht haben. Um seinetwillen und um seiner Familie willen.«
»Ich habe
Recht«, sagte er kurz angebunden.
Francesca konnte nicht verstehen, warum er so entschlossen darauf
beharrte, dass der Junge noch am Leben war. Wollte er sich selbst Mut zureden?
»Dieser
Verbrecher ist nicht auf Lösegeld aus, nicht wahr?«, sagte sie. »Hier geht es
gar nicht um Geld, oder?«
»Nein,
Lösegeld scheint keine Rolle zu spielen«, stimmte er ihr zu.
»Womöglich
will irgendjemand die Burtons verhöhnen.«
»Ja. So
könnte man es wohl ausdrücken«, erwiderte Bragg. Ihre Blicke trafen sich. Es
dauerte einen Moment lang, bevor Francesca weitersprechen konnte. »Aber warum,
Bragg? Warum sollte jemand die Burtons so sehr hassen? Es sind nette
Leute. Ich kenne sie seit zwei Jahren und kann mir einfach nicht vorstellen,
dass sich einer der beiden Feinde gemacht haben könnte.«
»Wir werden die Antwort darauf wissen, wenn wir den Täter
ausfindig gemacht haben, der hinter dem Verbrechen steckt«, erwiderte Bragg
ausdruckslos.
Francesca erzitterte. Sie konnte ihre Augen nicht von Bragg
abwenden. »Also haben wir es mit einem Verrückten zu tun. Nur ein Verrückter
würde so etwas tun.«
»Ich fürchte, ja. Sie sollten Ihren Mantel holen«, fuhr er dann
fort. »Ich möchte sehen, wo genau Sie die Nachricht gefunden haben.«
Sie
nickte. »Werden Sie es den Burtons mitteilen?«
»Ich habe
keine andere Wahl«, antwortete er.
Zitternd vor
Kälte standen sie nebeneinander vor dem hölzernen Pfosten. Francesca
beobachtete, wie Bragg mit den Fingern die Stelle rings um den Nagel abtastete.
Sie konnte sich nicht vorstellen, wonach er suchte.
»Was machen Sie da?«, fragte sie.
»Ich hatte törichterweise gehofft, dass ich eine Spur von
demjenigen finden würde, der die Nachricht hier angebracht hat. Möglicherweise
eine Faser oder auch nur ein Haar.«
Er bückte sich und untersuchte mit den nackten Händen den Schnee.
»Haben Sie die beiden ersten Nachrichten mit der Seite verglichen,
die ich gestern Abend auf unserer Schreibmaschine getippt habe?«
»Ja. Die Nachrichten wurden nicht auf Ihrer Remington 5
geschrieben, sondern auf einer Maschine mit Umschalttaste, wie ich es bereits vermutet hatte.« Bragg stand
auf und wischte sich seine Hände am Mantel ab. »Und sie wurden beide auf
derselben Maschine geschrieben. Das zumindest haben wir ermitteln können.«
»Meine Mutter hat übrigens die Gästeliste wieder gefunden«, sagte
Francesca und hoffte, dass Bragg nicht bemerkte, wie sie errötete, da ihre
Wangen ohnehin rot vor Kälte waren.
»Ich weiß. Sie wurde mir gestern Abend noch ins Büro geschickt.«
Er ergriff ihren Arm und half ihr von dem Fundament herunter.
Er musste lange gearbeitet haben. Francesca
bewunderte sein Durchhaltevermögen und seinen Ehrgeiz. Als sie über den
Bauplatz gingen, fiel ihr plötzlich die Fotografie in seinem Büro ein.
Wenn die Frau auf dem Bild seine Ehefrau war und diese Kinder
seine eigenen Kinder, wäre er dann nicht zu einer vernünftigen Zeit nach Hause
gegangen?
»Arbeiten Sie immer so lange?«, fragte sie
und errötete erneut.
»Häufig«, erwiderte er. Nach einer Weile fuhr
er fort: »Es ist schon seltsam, dass die Gästeliste an genau der Stelle, wo
Ihre Mutter glaubte, sie zuletzt gesehen zu haben, wieder aufgetaucht ist.«
Francesca mied seinen Blick. »Sie lag
wahrscheinlich die ganze Zeit über auf ihrem Sekretär und war lediglich zwischen
die anderen Papiere geraten.«
Bragg äußerte sich nicht dazu. Sie spürte,
dass er sie musterte, und hoffte, dass sie ihr Gesichtsausdruck nicht verraten
würde.
»Ich gelange immer mehr zu der Überzeugung,
dass jemand, der den Burton sehr nahe steht, hinter dem Verschwinden des Jungen
steckt«, sagte Bragg.
»Können Sie nicht diesen Rohling, Gordino,
festnehmen lassen?« Sie blieb abrupt stehen und fügte aufgeregt hinzu: »Er weiß
doch sicherlich, wer dieser niederträchtige Schuft ist!«
Bragg lächelte. »Gute kriminalistische Arbeit, Miss Cahill. Leider
ist Gordino untergetaucht. Aber meine Männer suchen ihn bereits, und wenn sie
ihn gefunden haben, werde ich der Erste sein,
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