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Brenda Joyce

Brenda Joyce

Titel: Brenda Joyce Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deadly 01 - Lügen
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noch
mal!«, rief Burton in diesem Augenblick und riss Bragg den Umschlag aus der
Hand.
    »Burton, nein!«, brüllte Bragg und packte den anderen Mann am
Handgelenk.
    Burton gab einen seltsamen Laut von sich, und
es gelang ihm irgendwie, den Commissioner abzuschütteln. Offenbar verlieh ihm
die Verzweiflung übermenschliche Kräfte, denn er war ein viel schmächtigerer
Mann als Bragg. Er öffnete den Umschlag und griff hinein.
    Als er die Hand wieder herauszog, hielt er die Hälfte eines
kleinen, menschlichen Ohrs darin.

Kapitel 7
    SONTAG, 20. JANUAR 1902 – 15 UHR
    Francesca
saß auf einem Stuhl in der Eingangshalle bei den Burtons, die Hände unbewegt im
Schoß gefaltet. Bragg war verschwunden, um sich mit Robert und Eliza zu
unterhalten. Es schien bereits Stunden her zu sein, seit sie den vierten
Umschlag entdeckt hatten. Francesca schloss die Augen, und wieder einmal
überkam sie das Gefühl, als müsse sie die einzige Mahlzeit hochwürgen, die sie
an jenem Tag zu sich genommen hatte – nämlich ihr Frühstück.
    Es bestand keine Notwendigkeit mehr, den
Burtons etwas vorzutäuschen. Jonny Burton ging es nicht gut. Francesca
zweifelte nicht daran, dass das Stück von dem Ohr, das in dem Umschlag gelegen
hatte, Jonny gehörte. Mit was für einem Verrückten hatten sie es nur zu tun?
Francesca krümmte sich mit geschlossenen Augen zusammen und kämpfte gegen die
Tränen an.
    In diesem Augenblick läutete es an der Haustür. Francesca sah zu,
wie ein Hausdiener öffnete und einen bärtigen, älteren Gentleman in einem
schweren, schwarzen Mantel und einem Zylinder einließ. Sie erkannte den Mann
sofort.
    »Ich habe Anweisung, Sie sogleich zu Mrs Burton nach oben zu
führen«, sagte der Diener mit einem leichten schottischen Akzent.
    »Ich bitte darum«, erwiderte der Gentleman,
der seine schwarze Arzttasche in der Hand hielt.
    »Hallo, Dr. Finny«, begrüßte Francesca ihn.
    Der ältere Herr fuhr zusammen, als er sie sah. »Francesca! Was tun
Sie denn hier?«
    Als sie sich von dem Stuhl erhob, hatte sie das Gefühl, in der
letzten Stunde um Jahre gealtert zu sein. »Ich hatte gehofft, Eliza Burton ein
wenig Trost spenden zu können«, erwiderte sie. Was sie nicht erwähnte, war,
dass sie außerdem auf Bragg wartete, weil sie noch mit ihm sprechen wollte,
bevor sie nach Hause ging. Sie wollte ihm unbedingt von ihrer neuesten Theorie
erzählen.
    »Dann hat man den kleinen Jungen wohl noch nicht gefunden?«,
fragte Finny mit aufrichtiger Besorgnis.
    Francesca schüttelte den Kopf. Ihr Instinkt warnte sie, dem Arzt
weitere Einzelheiten des Falles zu nennen.
    »Nun, ich denke, die Burtons waren gut
beraten, James während dieser Krise zu Elizas Eltern zu schicken.« Er
tätschelte ihren Arm. »Sie sehen müde aus, meine Liebe. Ich werde Eliza etwas
geben, damit sie schlafen kann. Warum gehen Sie nicht nach Hause?«
    »Das habe ich vor.« Sie schenkte ihm ein mattes Lächeln. Als Finny
und der Dienstbote die polierten Teakholzstufen hinaufstiegen, die mit einem
persischen Läufer in zarten Creme- und Goldtönen bedeckt waren, kam gerade
Bragg die Treppe herunter.
    Er blieb stehen, um mit dem Arzt zu sprechen.
Francesca spitzte die Ohren, und obwohl Bragg die Stimme gesenkt hatte, konnte
sie jedes Wort verstehen.
    Der Fall hat eine schlimme Wendung genommen,
Finny.
    Geben Sie ihr Laudanum. Ich möchte, dass sie die nächste Nacht
durchschläft.«
    »Ich verstehe, Commissioner«, antwortete der Arzt und schritt
weiter die Stufen hinauf.
    Als Bragg die Eingangshalle durchquerte, fiel sein Blick auf
Francesca. Ein Dienstbote brachte ihm den Mantel, und Francesca schlüpfte in
ihren eigenen, der über ihren Knien gelegen hatte. Gemeinsam machten sie sich auf
den Weg nach draußen.
    »Werden Sie
wohl etwas Ruhe finden?«, fragte sie ihn, als sie ins Freie traten. Der Wind
war inzwischen stärker geworden, und Schneeflocken wirbelten durch die Luft.
Er warf ihr einen Blick zu. »Wie sollte ich, wenn das Leben eines Kindes auf
dem Spiel steht?«
    Bevor er die Treppe hinuntergehen konnte, ergriff Francesca
seinen Arm. »Was will dieser Verrückte nur? Was beabsichtigt er damit?«,
fragte sie verzweifelt.
    »Offenbar
versucht er, die Burtons zu treffen.«
    »Und
dieses Mal gab es keine Nachricht, keinen Hinweis. Nichts, außer ...« Sie
vermochte den Satz nicht zu beenden.
    Bragg
streckte die Hände nach ihr aus, um sie zu stützen. Sie blickte auf und sah ihm
in die Augen. »Und nun?«
    »Ich bin
sicher, dass wir wieder von

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