Brenda Joyce
diesem Verrückten hören werden.«
Auch
Francesca zweifelte nicht daran.
»Aber es wird gar keine Lösegeldforderung
geben, nicht wahr?«
»Das
erscheint mir sehr unwahrscheinlich.«
»Damit
scheidet wohl ein Dienstbote als Entführer aus.«
»Nicht
unbedingt. Es gibt Dienstboten, die ihre Herrschaft verachten.
Allerdings kann ich mir nicht vorstellen, dass ein Dienstbote so einfallsreich
ist.« Er verstummte für einen Moment. »Worauf wollen Sie hinaus, Francesca? Ich
meine, Miss Cahill?«
Sie lächelte flüchtig, als er ihren Namen aussprach. »Wenn wir es
nicht mit jemandem zu tun haben, dem es Spaß bereitet, andere Menschen zu
quälen, dann muss sein Motiv wohl Rache sein.«
»So lautet meine Annahme.«
Francesca ging davon aus, dass Bragg die Burtons hierzu gründlich
befragt hatte. »Ist den Burtons irgendjemand eingefallen, der sie derart
hassen könnte, dass er zu so etwas fähig wäre?«
Bragg zögerte. »Francesca, es ist Ihnen doch
hoffentlich klar, dass dies eine offizielle Polizeiangelegenheit bleiben muss,
ganz gleich, wie hilfreich Sie bisher auch gewesen sind?«
»Gewiss«, flüsterte sie. In diesem Moment
begriff sie, dass die Burtons Bragg einen Namen genannt hatten, denn sonst
hätte er ihre Frage lediglich verneint.
»Ich kann Ihnen diese Information nicht weitergeben«, fuhr Bragg
fort und blickte sie durchdringend an.
Es fiel ihr schwer, seinem besorgten Blick auszuweichen. Unwillkürlich
fiel Francesca wieder die Fotografie von Bragg mit der schönen Frau und den
drei kleinen Kindern ein, doch sie schob den Gedanken rasch beiseite. »Ich habe
nachgedacht ...«, setzte sie an.
»»Ehrlich gesagt, wäre ich schockiert, wenn Sie dies nicht getan
hätten.«
Hätten sie sich nicht mitten in einer Tragödie befunden, hätte
Francesca wohl gelächelt. »Möglicherweise – und das ist nur ein Gedanke – will
dieser Verrückte Eliza treffen und nicht Burton.«
Braggs einzige Reaktion bestand in einem kurzen Aufblitzen seiner
Augen.
Francesca zupfte mit ihren von der Kälte beinahe tauben Fingern an
seinem Mantelärmel. »Diese Frau wird von allen bewundert!«, erläuterte sie.
»Vielleicht ist der Entführer in sie verliebt gewesen – und wurde abgewiesen!«
Bragg seufzte. »Fran... Miss Cahill, an all das habe ich auch
schon gedacht. Es gibt nur ein Problem. Eliza Burton hat keinen Gentleman
abgewiesen. Sie sagt, es habe keine unpassenden Annäherungsversuche oder
aufdringlichen Verehrer gegeben, und sie habe sich nicht in irgendeiner Weise
unpassend verhalten.«
Francesca fühlte sich zunehmend unbehaglich.
»Und was ist, wenn sie nicht die Wahrheit sagt? Um ihre Ehe zu schützen?«
Bragg starrte sie entgeistert an. »Was werfen
Sie ihr vor? Lüge? Fehlende Moral? Untreue? Oder lediglich eine gehörige
Portion Selbstverliebtheit?«
»Nein.« Francesca schüttelte den Kopf. Braggs wütende Reaktion
erstaunte sie. »Nein. Es tut mir Leid. Ich bewundere Mrs Burton sehr! Ich ...
ich möchte doch nur, dass der Junge gefunden wird – lebend.«
Der Polizeipräsident wandte sich ab, doch sie
hatte die Verzweiflung in seinen Augen bereits gesehen. Sie blieb stehen und
sah zu, wie er die verschneiten Stufen hinunterging. Dann folgte sie ihm
langsam.
Er nimmt diesen Fall beinahe persönlich, dachte sie. Aber tue ich
das nicht auch?
»Ich werde Sie nach Hause begleiten«, sagte er, als sie nebeneinander
auf dem Gehsteig standen.
Francesca nickte. Einen Augenblick später traten sie durch das
schmiedeeiserne Tor der Cahills. Sie schritten schweigend nebeneinander her,
bis sie schließlich bei Braggs Automobil ankamen.
Francesca sah zu, wie er lederne Handschuhe
aus seinen Manteltaschen zog und die Windschutzscheibe des Daimlers abwischte.
Als er fertig war, wandte er sich zu ihr um.
»Übrigens ist mir noch ein Gedanke gekommen«, sagte er. »Wie
lautet er?«, erkundigte sie sich eifrig.
»Sie sagten, sie hätten sich die Bedeutung der ersten beiden
Hinweise während einer Prüfung zusammengereimt. Was haben Sie damit gemeint?«
Sie
blickte ihn erstaunt an.
»Miss
Cahill?«
»Ich wollte damit sagen ... nun ja, es war
eine Selbstprüfung. Ich beschäftige mich mit unterschiedlichen Themen ... und
von Zeit zu Zeit frage ich mich dann ab«, stammelte sie. Evan und Connie waren
die Einzigen, die von ihrem Studium am Barnard College wussten, und Francesca
wollte ihr Geheimnis nicht gerade jetzt preisgeben.
Bragg sah sie an, als hielte er
sie für überaus sonderbar.
»Ich
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