Brenda Joyce
zwischen
ihnen zunahm, als handele es sich um elektrische Ströme.
Ich darf ihn nicht so anstarren, ermahnte sie
sich.
Auf Montroses Gesicht war nicht einmal der
Ansatz eines Lächelns zu erkennen, und Francesca war sich plötzlich ziemlich
sicher, dass er wusste, wer der Voyeur gewesen war.
»Francesca, was ist denn mit dir los?«, fragte Connie, die
inzwischen an ihrer Seite war und ihre Hand ergriff.
Bevor Francesca antworten konnte, hörte sie
Montrose besorgt sagen: »Ich glaube, Evan hat Recht. Du solltest wirklich
zu Bett gehen.«
Francesca riss ihren Blick von seinen blauen
Augen los und wandte sich zitternd ihrer Schwester zu. Sie wusste einfach
nicht, was sie tun sollte. Es war doch keine gute Idee gewesen, der Familie
beim Abendessen Gesellschaft zu leisten.
Ganz besonders nicht angesichts ihrer bevorstehenden Verabredung
mit Bragg in wenigen Stunden.
»Am besten lassen wir dir etwas zu essen in dein Zimmer bringen«,
schlug Connie vor.
Francesca sah, dass auch Montrose um den Tisch
herumkam. Er stellte sich neben seine Frau und legte ihr die Hand auf den
Rücken. Es war eine vertraute und liebevolle Geste, doch er hatte kein Recht,
ihre Schwester so zu berühren. Nicht jetzt, und auch in Zukunft niemals wieder.
Francesca hätte am liebsten seine Hand weggeschlagen und vor allen Anwesenden
die Wahrheit über seine Affäre heraus-posaunt.
»Ich glaube, ich werde mich wirklich wieder
zurückziehen«, sagte sie stattdessen. Sie zwang sich zu einem kleinen Lächeln
in Sarahs und Mrs Channings Richtung. »Es tut mir Leid. Es geht mir offenbar
doch nicht gut genug. Ich habe völlig meine Manieren vergessen. Guten Abend.«
»Oh, aber das macht doch nichts«, sagte Sarahs Mutter rasch. »Wenn
Sie krank sind, sollten Sie zu Bett gehen. Wir haben dafür Verständnis.«
Francesca blickte Sarah an. Sie schenkte ihr ein flüchtiges
Lächeln, sagte aber nichts. Doch an ihrem fragenden Blick erkannte Francesca,
dass ausgerechnet Sarah die Einzige im Raum war, die begriff, dass Francesca
etwas bekümmerte und dass ihr Zustand nichts mit der Erkältung oder einer
anderen Krankheit zu tun hatte.
Francesca wünschte allen eine gute Nacht, wobei sie Montroses
Blick mied. Als sie das Esszimmer verlassen hatte, ging ihr Atem plötzlich ganz schnell, als wäre sie soeben ein ganzes Stück
gerannt. Sie stieg die Treppe hinauf und spürte, dass ihr schon wieder die
Tränen in die Augen stiegen. In ihrem Zimmer sank sie erschöpft auf das Bett
und schluchzte in ihr Kissen.
Sie hatte sich gerade das Gesicht gewaschen und alle Spuren ihrer
Tränen entfernt, als es zweimal leise an der Tür klopfte – ein Zeichen, das Francesca nur zu gut kannte. Sie trat aus dem Bad,
als Connie gerade die Tür öffnete und ins Zimmer kam.
»Komm, ich helfe dir beim Ausziehen«, sagte
Connie lächelnd.
»Bitte – noch nicht«, erwiderte Francesca, ging zu dem moosgrünen
Sofa vor dem Kamin hinüber und ließ sich darauf fallen.
Connie setzte
sich in den Sessel, der daneben stand. Sie strich Francesca zärtlich eine
Haarsträhne aus dem Gesicht. »Was auch immer du gerade im Schilde führst, es beeinträchtigt
deine Gesundheit«, sagte sie sanft.
»Ich brauche nur ein paar Stunden Schlaf, das ist alles«, erwiderte
Francesca kläglich.
»Das will ich hoffen.« Connie musterte ihre kleine Schwester
lächelnd. »Was ist denn los? Abgesehen davon, dass du dir eine leichte
Erkältung eingefangen hast?«
»Na ja«,
erwiderte Francesca, und ihr Puls begann zu rasen, »diese
Burton-Affäre verfolgt mich.« Sie war sich der Zweideutigkeit ihrer Worte sehr
wohl bewusst.
Connie verzog das Gesicht. »Eliza tut mir schrecklich Leid. Sie
muss krank sein vor Kummer und Sorge.« Sie schloss für einen Moment die Augen.
Francesca starrte ihre Schwester an und begriff, dass Connie
wirklich keine Ahnung hatte, dass Eliza die Geliebte ihres Mannes war.
Francesca legte ihre Hand auf die ihrer Schwester und drückte sie fest. Connie
öffnete verdutzt die Augen. »Was ist denn?«
Francesca brachte ein schwaches Lächeln zustande und verspürte
schon wieder den Drang zu weinen.
»Ich war
heute bei Eliza.«
Sie war sich bewusst, dass sie sich auf gefährliches Terrain
begab. Sollte sie Connie erzählen, dass Neil ebenfalls dort gewesen war?
»Wie geht
es ihr?«
»Sie war ... indisponiert zu der Zeit. Hast du sie in letzter Zeit
besucht?«
»Nein. Am Montag bin ich natürlich vorbeigegangen, um meine
Betroffenheit auszudrücken, aber unter den
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