Brenda Joyce
Thirty-third
und Thirty-first Street, an der Second und der Third Avenue – wir wissen nicht,
in welche Richtung er flüchten wird.« Bragg sah zu, wie Nicholas die
Geldscheinbündel vom Boden aufsammelte. »Irgendeine Spur von Joel und Chrissy?«
Farr berichtete: »Der Junge und das kleine Mädchen sind draußen
bei einem meiner Männer. Beiden geht es gut.«
Bei diesen Worten fiel Bragg ein Stein vom Herzen.
Shoz, der zusammen mit Rathe, Rourke und Hart ein wenig abseits gestanden
hatte, riss die Augen weit auf und stürmte aus dem Saloon. Gleich darauf hörte
man draußen Chrissy begeistert »Papa!« rufen. Bragg lächelte beinahe – nur dass
ihm allzu deutlich bewusst war, dass sich Francesca noch immer dort oben in
Craddocks Gewalt befand.
Er durfte jetzt nicht daran denken, wie häufig es vorkam, dass
Geiselnehmer ihre Opfer töteten. Er musste den Gedanken einfach aus seinem
Kopf verbannen.
»Soll ich hinaufgehen und
versuchen, Craddock dazu zu bewegen, dass er Miss Cahill freigibt und sich
stellt?«, fragte Farr.
Bragg hätte ihn am liebsten
umgebracht. Stattdessen entgegnete er bemüht freundlich: »Nein. Lassen Sie
Harts Kutsche vor dem Saloon vorfahren.« Dann wandte er sich zum Gehen.
Farr hielt ihn am Arm zurück. »Sie wollen ihn in diese Kutsche
steigen lassen? Womöglich verlieren wir dann seine Spur! Das ist keine gute
Idee!«
»Ich werde tun, was erforderlich ist, um Miss Cahill zu retten«,
versetzte Bragg kalt. Farr musterte ihn jetzt mit allzu wissendem Blick. Der
Mann war offenbar – ebenso wie seine gesamte Familie – darüber im Bilde, dass
er Francesca Cahill liebte. »Schaffen Sie die übrigen Zivilisten hier raus«,
wies Bragg seinen Polizeichef an und deutete mit einer Kopfbewegung auf die
sechs Männer, die im Hinterzimmer Poker gespielt hatten. Mehrere von ihnen
warfen begehrliche Blicke auf das letzte Bündel Geldscheine, das Nicholas
gerade in Harts Tasche steckte.
Plötzlich erschien Shoz wieder im Saloon. Er
warf einen Blick auf Farr, dann schritt er auf Bragg zu und blieb schweigend
stehen.
Dieser erkannte, dass sein Schwager unter
vier Augen mit ihm sprechen wollte. Womöglich hatte Shoz eine Idee, wie man Craddock
fassen und Francescas Freilassung bewirken konnte. Allerdings war da noch
Brendan Farr, der offenbar entschlossen war, sich in diese Angelegenheit
einzumischen. »Wo ist Chrissy?«
»Bei dem Jungen.«
»Wir sollten sie nach Hause und in Sicherheit bringen«, sagte
Bragg entschieden. »Rathe?«
Sein Vater trat vor. »Ich würde lieber bleiben
...«
»Ich habe hier noch genügend Finger am Abzug«, wandte Bragg ein.
»Bitte geleite Chrissy und Joel sicher heim. Kennedy gehört zu den Cahills«,
fügte er säuerlich hinzu. Niemand anderer als Francesca hätte es fertig bringen
können, die gesamte Familie Kennedy in ihrem Elternhaus einzuquartieren.
Rathe zögerte, dann nickte er und fasste Shoz am Arm. »Was immer
du denkst – tu es nicht«, sagte er. »Du hast eine Frau, die auf dich wartet,
eine Frau, die dich vergöttert, und drei Kinder, die ihren Vater innig lieben
und ihn brauchen.«
Shoz erwiderte nichts. Sein finsterer, starrer Gesichtsausdruck
war unmöglich zu deuten.
Rathe wandte sich an seinen Sohn. »Rick, du darfst nicht zulassen,
dass er etwas Törichtes unternimmt.«
»Das werde ich auch nicht.«
Rathe nickte und schritt hinaus.
Shoz warf noch einen Blick auf Farr, der tat, als überwache er
seine Männer, die gerade die Pokerspieler hinausführten – in Wirklichkeit
lauschte er offensichtlich dem Gespräch. Bragg zog seinen Schwager zum Fuß der
Treppe hinüber, wobei sein Blick unwillkürlich nach oben huschte. Natürlich
ging es Francesca gut, versuchte er sich einzureden – Craddock wollte
schließlich zweierlei: Geld und seine Freiheit. Mit einem Mord würde er keines
von beidem erreichen.
Doch er war
nun einmal ein skrupelloser Verbrecher, der bereits mindestens ein
Menschenleben auf dem Gewissen hatte. Und was wichtiger war: Sein eigentliches
Motiv war Rache.
»Die beiden
sollen rauskommen. Ich kann Craddock auf dem Weg vom Saloon zur Kutsche
abschießen«, sagte Shoz leise.
»Nein«,
widersprachen Bragg und Hart wie aus einem Mund. Der Halbbruder des
Polizeipräsidenten hatte sich zu den beiden Männern gesellt.
»Das Risiko wäre zu groß«,
fügte Bragg entschieden hinzu.
»Du könntest ihn verfehlen
oder, schlimmer noch, Francesca treffen«, ergänzte Hart düster.
Shoz blickte die beiden verächtlich an. »Was
Weitere Kostenlose Bücher