Brenda Joyce
Shoz, starrte
Craddock mit kalten Augen an und sprach kein Wort.
»Schätze, wir haben hier 'ne alte Rechnung zu begleichen, wie?«,
sagte Craddock und zerrte Francesca mit einem schmerzhaften Ruck enger an sich.
Noch immer entfuhr ihr kein Laut, doch der Schweiß rann ihr von
der Stirn in die Augen.
»Halt Miss Cahill da raus«, verlangte Shoz
tonlos.
»Warum sollte ich? Hey, weiß deine reiche
Verwandtschaft eigentlich, dass du einen Mann kaltblütig ermordet hast?« Craddock
lachte. »Vor einundsiebzig Zeugen – nein, warte, sechsundsiebzig, wenn man die
Wärter und Timbull, den alten Tyrannen, mitzählt.«
»Wenn ich untergehe, dann gehst du mit mir«, sagte Shoz leise.
Craddock starrte ihn einen Moment lang schweigend an, und
Francesca spürte, wie er sich noch mehr anspannte. Dann entgegnete er dreist:
»Das glaub ich nich. Siehst du, ich hab hier nämlich 'ne Fahrkarte in die
Freiheit, und 'nen Barscheck noch dazu.« Er stieß Francesca erneut die Waffe
gegen die Schläfe, um seinen Worten Nachdruck zu verleihen. Diesmal entfuhr
Francesca tatsächlich ein Stöhnen, denn die Stelle an ihrem Kopf war inzwischen
furchtbar geschunden.
Bragg trat vor. »Miss Cahill hat mit dieser
Angelegenheit nichts zu tun. Draußen steht eine Kutsche mit Fahrer, die können
Sie nehmen – aber nur, wenn Sie Miss Cahill zuvor freilassen.«
»Und das Geld?«
Bragg warf einen Blick zu Hart. Dieser hob die Tasche auf, öffnete
sie und warf ein Bündel Banknoten auf den Boden. Es folgte ein weiteres und
dann noch eines. »Fünftausend, zehntausend, fünfzehntausend. Hier. Jetzt sind
es zwanzig. Sagen Sie Bescheid, wenn ich aufhören soll, Mr Craddock.«
Craddock fielen beinahe die Augen aus dem Kopf. »Wie viel haben
Sie da drin?«
»Die Frage ist nicht, wie viel ich hier drin habe«, versetzte
Hart, »sondern wie viel ich in meinem Safe und auf meinen Bankkonten habe, und
die Antwort lautet: Ich werde Ihnen zahlen, was immer Sie verlangen, aber Sie müssen
Miss Cahill freilassen – sofort.« Sein Blick wanderte zu Francesca.
Etwas in ihr erwärmte sich. Sie zweifelte nicht daran, dass er
ohne Zögern hunderttausende Dollar hergegeben hätte, um sicherzustellen, dass
sie unversehrt freikam.
Craddock leckte sich die Lippen. »Dreißig«, sagte er heiser.
»Dreißigtausend Dollar.«
Hart lächelte und warf zwei weitere Packen Geldscheine zu seinen
Füßen auf den Boden. »Lassen Sie sie los«, verlangte er mit leiser Stimme.
Francesca spürte, wie Craddock seinen Griff lockerte – und dann
ertönten Fußtritte, und Dutzende Männer in blauen Uniformen drängten in den
Saloon, angeführt von Brendan Farr.
»Raus hier!«, schrie Bragg wütend. »Ziehen Sie Ihre Männer zurück
und verschwinden Sie von hier!«
Craddock verstärkte seinen Griff wieder und zerrte Francesca
rückwärts die Treppe hinauf, während er schrie: »Keine Polizei, verflucht, ihr
Bastarde! Keine verdammte Polizei!« Sosehr Francesca sich auch sträubte und
wehrte – gleich darauf stieß er sie in das kleine Zimmer und schlug die Tür
hinter sich und ihr zu.
Francesca stürzte und schlug mit dem Kopf auf dem Holzfußboden
auf. Ihr Schädel schien vor Schmerz zu explodieren, und sie sah Sterne. Dann
hörte sie, wie der Riegel vorgeschoben wurde.
Kapitel 20
DIENSTAG, 18. FEBRUAR 1902 – 17 UHR
Das zeitliche Zusammentreffen war einfach unglaublich. Bragg fuhr
sich mit den Händen über das Gesicht, während ein Officer die Polizisten aus
dem Saloon dirigierte. Es fiel ihm schwer, klar zu denken, schwer, seine Angst
zu unterdrücken. Wenn Francesca etwas zustieße, konnte er niemals damit
leben. Doch er riss sich zusammen und wandte sich an Farr. »Stellen Sie
sicher, dass sämtliche Männer aus diesem Straßenabschnitt abgezogen werden,
ausnahmslos. Ich will keine Polizei in der Nähe des Saloons! Ist das klar?«
Farr war leicht rot angelaufen – offenbar vor Zorn. »Vollkommen«,
erwiderte der Chief. »Harry, Sie haben ihn gehört.«
»Ich bin noch nicht fertig«, unterbrach Bragg
ihn. Offensichtlich war es ein Fehler gewesen, Farr zum Polizeichef zu
ernennen. Der Mann war zu schlau, zu ehrgeizig und zu sehr auf seinen eigenen
Vorteil bedacht. Doch wer hätte jemals gedacht, dass Lucy nach New York kommen
und derartige Probleme auslösen würde? Natürlich hätte er sich denken können,
dass sich Francesca in kürzester Zeit Hals über Kopf in Lucys vertrackte
Angelegenheiten verstricken würde. »Errichten Sie Straßensperren an der
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