Brenda Joyce
Schulden auf«, teilte Andrew
seinem Sohn nüchtern mit.
»Ich werde eine Möglichkeit finden, sie selbst abzuzahlen«, entgegnete
Evan.
Andrew
zögerte.
»Papa, nicht – es sind schon genügend böse
Worte gefallen«, flehte Francesca in die plötzliche Stille hinein und fasste
seine Hand.
Doch es schien, als hätte er sie nicht gehört. »Dann kannst du von
mir aus dieses Haus verlassen, denn du bist nicht länger mein Sohn«, verkündete
er.
Francesca folgte Evan durch die Halle. »Kehr um.
Entschuldige dich. Tu das nicht!«
Er hatte inzwischen den Fuß der Treppe erreicht. Bereits beim Bau
der Cahill'schen Villa war ein separater Gebäudeteil angelegt worden, den er
später einmal mit seiner Familie bewohnen sollte. Dieser Teil hatte einen
eigenen Eingang zur Sixty-second Street hin, über einen Durchgang in der ersten
Etage waren seine Räume jedoch auch mit denen der übrigen Familie verbunden.
Offenbar strebte er nun dorthin.
Evan hielt inne und wandte sich, noch immer hochrot, seiner
Schwester zu. »Ich wäre kein Mann, wenn ich ohne Widerworte täte, was Vater
befiehlt.«
Sie schloss für einen Moment voller Angst die Augen. Dann blickte
sie zu ihm auf. »Wenn du deine Schulden nicht bezahlst, endest du noch im
Schuldgefängnis.«
»Das ist wahr«, versetzte er grimmig. »Und dieses Risiko habe ich
beschlossen einzugehen, denn ich werde Sarah Channing nicht heiraten.«
Francesca fasste ihn am Arm. »Wäre es nicht besser, vorerst so zu
tun, als würdest du die Verlobung aufrechterhalten, und in der Zwischenzeit das
Geld aufzutreiben, um deine Gläubiger zu bezahlen?«
Evan blickte sie an und seufzte. »Du mit deinem gesunden Menschenverstand
und deinem Sinn fürs Praktische. Ja, natürlich wäre das vernünftiger. Aber ich
bin im Augenblick so wütend, dass ich Vater regelrecht hasse.«
»Sag so etwas nicht!«
»Warum denn nicht? Er war schon immer enttäuscht von mir, schon
seit ich überhaupt auf der Welt bin. In seinen Augen habe ich nie irgendetwas
richtig gemacht.«
»Das ist nicht wahr!«
»Doch, und das weißt du selbst. Und soll ich dir noch etwas sagen?
Es geht hier nicht nur um Sarah. Ich hasse es, sein Lakai zu sein, und das war
ich mein ganzes bisheriges Leben lang. Ich hasse die Firma. Ich hasse
sie! Jeden einzelnen Tag, seit ich dort arbeite, habe ich sie gehasst, und wie
du weißt, habe ich bereits mit zwölf Jahren angefangen, nach der Schule dort zu
arbeiten.«
Francesca biss sich auf die Lippe. »Ich wusste, dass du die Arbeit
dort nicht wirklich mochtest, aber ich hatte keine Ahnung, dass du sie so sehr
verabscheust!«
»So ist es aber nun einmal«, versetzte er mit Nachdruck. »Willst
du nicht wenigstens darüber nachdenken, manches von dem, was du gesagt hast,
zurückzunehmen?«
Er zögerte keinen Augenblick lang. »Nein. Ich nehme mir ein
Hotelzimmer, suche mir eine neue Arbeit, und später werde ich eine eigene
Wohnung haben.«
»O Gott«, stieß Francesca hervor. Ihr war,
als ginge mit einem Schlag ihre gesamte Welt in Scherben. »Aber dies hier ist
dein Zuhause.« Sie meinte den separaten Teil der Villa. »Mama und Papa haben
die Nummer 812 für dich gebaut. Du wohnst dort, seit du achtzehn bist.«
»Von mir aus kannst du das Haus an deinem Hochzeitstag bekommen.
Ich will es nicht.«
Francesca spürte, dass es ihm damit nicht wirklich ernst war. Sie
spürte, dass es in ihm einen Teil gab, der noch immer an seiner Familie hing,
einen Teil, der nicht fortgehen wollte. Oder war das nur ihr eigenes
Wunschdenken? »Bitte überlege es dir noch einmal«, flüsterte sie.
»Fran, glaubst du vielleicht, ich hätte aus einer bloßen Laune heraus
beschlossen, meine Arbeit im Cahill'schen Unternehmen aufzugeben? Glaubst du,
ich hätte die Verlobung leichtfertig gelöst? Ich habe
einhundertachtundneunzigtausend Dollar Schulden! Schulden, die mir den Hals
brechen könnten, denn meine Gläubiger sind Leute, von denen ich befürchten
muss, dass sie mir bald im ganz wörtlichen Sinn den Hals brechen! Ich habe nächtelang
wach gelegen und über einen Ausweg gegrübelt. Ich habe keine Wahl!«
»Verabscheust du Sarah denn so sehr?«
»Nein, Fran. Im Gegenteil – als Freundin mag ich sie sogar. Dies
ist eine Angelegenheit zwischen mir und Vater. Sarah ist bloß eine Schachfigur
in einem größeren Zusammenhang, den sie nicht begreift.«
Francescas Augen füllten sich mit Tränen, doch sie verstand ihren
Bruder. »Was ist mit Mama?«, fragte sie plötzlich voller Sorge.
Weitere Kostenlose Bücher