Brenda Joyce
Mantel
abnehmen?« Dabei musterte er sie mit seinen bernsteinfarbenen Augen.
Als er den Mantel ergriff, berührten sich
ihre Hände. Im selben Moment war ihr klar, dass er nicht mehr mit ihr haderte,
weil sie für Harts Porträt Modell saß. Er war unverkennbar glücklich, den Abend
mit ihr verbringen zu können. »Ich dachte schon, wir kämen womöglich zu spät,
aber wie ich sehe, ist Sarah auch noch nicht eingetroffen«, bemerkte Francesca
leichthin, um den Eindruck harmloser Konversation zu erwecken für den Fall,
dass jemand sie beobachtete – was seltsamerweise alle zu tun schienen.
»Nein.« Sein Blick glitt noch einmal über ihr neues türkisfarbenes
Kleid. Es hatte ein tiefes Dekolletee, die angeschnittenen Ärmel bedeckten
kaum die Schultern, und das Kleid fiel eng über Francescas Hüften, ehe es sich
um Waden und Fußknöchel herum in einem wallenden Meer aus Spitze ergoss.
Dieses Kleid betonte jede Rundung ihres Körpers aufs Vorteilhafteste und
täuschte so darüber hinweg, dass Francesca in Wahrheit eine Spur zu dünn war.
Im allerletzten Moment war ihr eingefallen, dazu eine Halskette mit Perlenkamee
zu tragen. »Mrs Kennedys Werk?«, erkundigte sich Bragg mit einem Lächeln.
Francesca nickte, erfreut, dass ihm das Kleid offenbar gefiel.
»Gibt es irgendetwas Neues über den Vandalen, der Sarahs Atelier verwüstet
hat?«, wollte sie wissen. Dabei warf sie aus dem Augenwinkel einen verstohlenen
Blick zu Braggs Familie hinüber. Grace war sitzen geblieben und nippte
scheinbar seelenruhig an ihrem Champagner, doch ihre Augen ruhten unablässig
auf den beiden. Rathe war höflich aufgestanden, ebenso wie ein weiterer Mann,
den Francesca noch nie gesehen hatte. Da er und Bragg einander beinahe wie Zwillinge
ähnelten, musste er ebenfalls Rathes Sohn sein. Wie sein Vater und seine Mutter
beobachtete er sie, wobei sein Blick jedoch undurchdringlich und schwer zu
deuten war.
Francesca fragte sich, ob Braggs Familie überhaupt etwas an seiner
Frau lag.
»Es hat in der gesamten Stadt in den
vergangenen drei Monaten keinen weiteren Fall von derartigem Vandalismus gegeben«,
berichtete der Commissioner. »Aber Inspector O'Connor forscht noch nach
etwaigen Vorkommnissen, die länger zurückliegen.«
»Wenn ein solcher Anschlag nicht der Polizei gemeldet wurde, wird
er wohl nie davon erfahren haben.«
»Das ist wahr«, räumte Bragg ein. »Und es ist
durchaus denkbar, dass ein einzelner Fall von Vandalismus nicht angezeigt
wurde.«
Francesca dachte darüber nach. »Haben Sie oder Ihre Männer
Bartolla befragt?«
»Sie verhält sich ausweichend«, erwiderte er und begegnete ihrem
Blick. »Offenbar findet sie die ganze Angelegenheit eher amüsant. Und ich
glaube tatsächlich, O'Connor ist ihrem Charme erlegen.« Er verdrehte die Augen.
»Er ist kürzlich befördert worden«, fügte er hinzu.
Francesca lachte, wurde jedoch gleich darauf wieder ernst. »Ich
habe kurz mit ihr gesprochen, jedoch nichts erfahren, was von Bedeutung wäre.
Der Vorfall schien sie in der Tat wenig zu bekümmern.«
»Ich denke, ich werde die
Gräfin morgen persönlich aufsuchen«, erklärte Bragg. »Um sie ein wenig
eingehender zu befragen.«
Francesca berührte ihn an der
Hand. Seine Haut war glatt, aber nicht seidig oder weich. Sie blickten einander
in die Augen. »Lassen Sie mich mitkommen«, bat sie.
Er zögerte. »Normalerweise hätte ich nichts dagegen, aber in
diesem speziellen Fall halte ich es für erfolgversprechender, unter vier Augen
mit Bartolla zu reden.«
Der Unterton dieser Aussage behagte Francesca ganz und gar nicht.
»Was soll das heißen?« Sie nahm selbst wahr, wie angespannt ihr Tonfall klang.
»Sie brauchen sich keine Gedanken zu machen, Francesca. Die Gräfin
ist Männern nun einmal leidenschaftlich zugetan. Und auch wenn ich keineswegs
die Absicht hege, mit ihr zu flirten, so denke ich doch, dass ein Gespräch mit
ihr ohne Ihr Beisein ergiebiger verlaufen wird.«
Was Francesca da hörte, gefiel ihr gar nicht.
»Grollen Sie nicht«, setzte er scherzhaft hinzu. »Sonst werden Sie
später einmal Zornesfalten bekommen.«
Das war nicht komisch, und Francesca lachte nicht, doch das Ausmaß
ihrer Eifersucht war ihr selbst zuwider.
»Worum geht es?«, erkundigte sich Evan, der
das Gespräch offenbar mitangehört hatte. »Was hat die Gräfin mit dieser Angelegenheit
zu tun?«
Francesca erschrak – sie hatte ganz
vergessen, dass ihr Bruder hinter ihnen stand. Bragg erwiderte rasch: »Bei dem
Anschlag auf
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