Brenda Joyce
klargeworden, dass
ich deinem Bruder nun zur Seite stehen muss – was auch geschehen mag.«
SAMSTAG, 22. FEBRUAR
1902 – MITTERNACHT
»Ich werde Sarah
hineinbegleiten«, sagte Rourke. Hart räkelte sich träge auf der Sitzbank. Sein
kräftiger Körper war dem von Francesca ausgesprochen nahe. »Tu das«, sagte er
liebenswürdig.
Francesca spürte die Hitze seines Oberschenkels an ihrem Bein. Es
war ihr nicht unangenehm. Im Gegenteil, es wäre ihr lieber gewesen, wenn er es
fester an sie gepresst hätte. Sie hatte sich den ganzen Abend über gänzlich
undamenhaft benommen. Hatte bei fast jedem Glas mitgehalten, das Rourke und
Hart tranken, dabei hatten sie zwei ganze Flaschen Rotwein geleert. Und Hart
war ihr den ganzen Abend nicht von der Seite gewichen, war geduldig und aufmerksam
gewesen und ach so männlich – und viel zu attraktiv, um es in Worte zu fassen.
»Gute Nacht«, sagte Sarah. »Und vielen Dank für den wundervollen
Abend.«
Hart sprang auf – nicht mehr im Mindesten
träge – und stieg, gefolgt von Sarah, mit Rourke aus dem Landauer.
»Gute Nacht«, sagte Francesca und lehnte sich
aus der Tür. Nur einen Moment noch und sie würden allein sein. Trotz des Weins,
der Unterhaltung und der Ermittlung waren ihre Gedanken im Laufe des Abends
immer wieder zum heutigen Nachmittag zurückgekehrt. Und jedes Mal, wenn sich
Hart ihr zugewandt hatte, war sie dahingeschmolzen wie Butter in der Pfanne.
»Und sei unbesorgt!«, rief sie.
»Wir sehen uns morgen Vormittag nach deinem
Seminar«, rief Sarah mit einem fröhlichen Winken zurück. Ihre Augen strahlten
vor Aufregung, und da Sarah nicht ein einziges Glas Wein getrunken hatte,
wusste Francesca, dass sie den Abend tatsächlich genossen hatte. Sie sah zu,
wie Rourke sie den Weg zum Haus entlangführte, und kniff nachdenklich die Augen
zusammen. Sarah hatte den ganzen Abend über kaum ein Wort mit Rourke gewechselt.
Sie hatte sich überwiegend mit Francesca und Hart unterhalten und ihren
Begleiter dabei fast völlig ignoriert.
»Besteht wohl die Möglichkeit, dass Sarah und Rourke ein Paar
werden?«, fragte Francesca, als Hart wieder in den Landauer stieg und die Tür
hinter sich schloss, so dass sie völlig unter sich waren.
Er nahm auf dem Sitz neben ihr Platz. »Ich
spiele niemals den Kuppler«, erklärte er in einem Tonfall, der deutlich besagte,
dass das Thema damit für ihn erledigt war.
»Es ist in der Tat ein albernes und hoffnungsloses Unterfangen«,
stimmte ihm Francesca zu, und es wurde ihr eng ums Herz. Zwei kleine Lampen
erleuchteten das Innere der Kutsche. Sie dachte darüber nach, was für ein
perfekter Abend dies gewesen war und wie das perfekte Ende dazu aussehen würde.
Sie könnte ihm das Hemd öffnen – Knopf für Knopf, wie Daisy es
getan hatte. Und dann auf seinen Schoß klettern und ...
Sie schüttelte den Gedanken ab, fragte sich jedoch, ob sie sich
tatsächlich getrauen würde, ihn zu verführen. Sie besaß nicht Daisys
Erfahrung. Aber andererseits hatte sie eine schnelle Auffassungsgabe, und sie
hatte am heutigen Tag einiges über das Liebesspiel gelernt.
Er schien jeden verfügbaren Zentimeter Platz
in der Kutsche für sich zu beanspruchen. Er beobachtete sie. Ein wohliger
Schauer überlief sie und sie stieß einen Seufzer aus. Wenn sie ihn nicht zu
verführen versuchte, würde sie möglicherweise nicht einmal einen Gutenachtkuss
bekommen. Sie konnte sich einfach nicht vorstellen, dass der Abend enden
sollte, ohne dass seine Lippen die ihren berührten.
»Ich fürchte, ich habe ein Monster
erschaffen«, murmelte er.
Sie warf ihm einen Blick zu. »Nein, nur eine Frau mit einem
einzigen Ziel.«
Er kicherte. »Wir könnten unsere Verlobung schon morgen
bekanntgeben«, sagte er in dem schleppenden Tonfall, der so typisch für ihn war. »Dann könnte ich Ihnen beibringen,
wie man einen Mann richtig küsst.«
Francesca atmete tief durch. Seine Stimme weckte lebhafte
Erinnerungen an das, was am Nachmittag geschehen war. »Und auch ein paar andere
Sachen«, hauchte sie.
»Wie bitte?« Er stutzte, dann betrachtete er sie mit zusammengekniffenen
Augen. »Was für andere Sachen?«
Sie musste es einfach versuchen. Ihr Verlangen brachte sie sonst
noch um. Sie lächelte ihn an – ein wenig gequält, wie sie fand –, ignorierte
seinen überraschten, argwöhnischen Blick und kletterte voller Angst vor einer
Zurückweisung auf seinen Schoß.
»Was tun Sie denn da?« Er schien ein Lachen zu unterdrücken.
Es war weder so bequem
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