Brenda Joyce
nachspioniert?« Er war viel zu ruhig – gefährlich ruhig.
Francesca bemerkte, dass ihr Mund offen stand.
Sie schloss ihn hastig. Hätte sie doch nur eine Ahnung, was dieses Glitzern in
seinen Augen bedeuten mochte. Hatte er etwa doch mitbekommen, dass sie ihnen
die ganze Zeit dabei zusah?
»Hat Daisy davon gewusst? War sie in Ihren Plan eingeweiht,
Francesca?«
War er wütend? Oder war das Funkeln ein Zeichen von Belustigung?
Aber es gefiel ihr ganz und gar nicht, wie er ihren Namen ausgesprochen hatte.
»Nein! Daisy wusste nichts davon!« Oh, wie sehr sie es bedauerte, für einen
Moment die Beherrschung verloren zu haben. »Ich wollte nicht, dass Sie von
meinem Besuch bei ihr erfahren, und sie hat mir erlaubt, mich im Nebenzimmer zu
verstecken. Eigentlich sollte ich mich aus dem Haus schleichen, aber stattdessen
habe ich die Tür geöffnet und Sie beide beobachtet.« Er fuhr fort, sie
unbewegt anzustarren. Sie wand sich unter seinem Blick. »Ich wollte ja
eigentlich auch gehen, aber dann kam irgendwie eins zum anderen, und ich habe
es einfach nicht mehr fertiggebracht«, fügte sie hinzu und war sich sicher,
dass er die Bedeutung ihrer Worte verstehen würde.
Es wurde still in der Kutsche.
Schrecklich still.
Dann stieß er die Tür auf und sagte bestimmt: »Bitte kommen Sie
mit, Francesca.«
Sie gehorchte, doch ihr Herz raste vor
Aufregung. Warum bloß hatte sie ihm erzählt, was sie getan hatte? Warum? Ob er
wütend war? Würde er vielleicht ihre Beziehung beenden – es sich mit der Heirat
anders überlegen? An seiner Stelle wäre sie außer sich vor Wut. Und der Griff,
mit dem er ihren Arm festhielt, war unerbittlich.
Sie versuchte sich zu befreien, doch das ließ er nicht zu. »Es tut
mir ja so leid«, flüsterte sie schließlich.
»Sie haben die unangenehme Angewohnheit, Ihr Verhalten zu
bereuen, wenn es bereits zu spät ist«, versetzte er ausdruckslos. »Ist Ihnen
jemals der Gedanke gekommen, dass ich es arrangiert hätte, wenn es mein Wunsch
gewesen wäre, dass Sie mir dabei zusehen, wie ich eine andere Frau liebe?«
Seine Stimme war kalt.
»Das ist doch nicht das Ende der Welt«, sagte sie. Sie hätte ihm
gern erzählt, dass es für sie der unglaublichste Moment in ihrem Leben gewesen
war, aber sie entschied sich dagegen.
»Nein, es ist wohl kaum das Ende der Welt.«
»Hätten Sie mich zusehen lassen, wenn ich Sie darum gebeten
hätte?« Sie musste es einfach wissen.
»Nein.«
Sie zuckte zusammen. »Sind Sie mir böse, Calder? Sie verstehen es
so gut, Ihre Gefühle zu verbergen, dass ich es nicht zu erkennen vermag.«
Er zögerte, wählte seine Worte sorgfältig.
»Ich bin verärgert.«
Was in Gottes Namen hatte das mm zu bedeuten, fragte sie sich.
»Haben Sie es genossen, dabei zuzusehen,
Francesca?«
Sie starrte ihn entgeistert an. »Natürlich
nicht!«
Endlich erschien wieder ein kleines Lächeln auf seinem Gesicht.
»Lügnerin«, sagte er leise.
Das Wort umfing sie wie ein Seidenband, wie
eine zärtliche, intime Liebkosung. »Das ist nicht die Art von Beziehung, die
ich mir für uns beide vorstelle«, sagte er leise. »Wenn ich Sie als Hure
wollte, würde ich Sie wie eine nehmen.«
Wieder schossen ihr Bilder in allen
Einzelheiten durch den Kopf. »Es tut mir leid«, wiederholte sie atemlos. Wenn
sie doch nur wüsste, was er wirklich dachte! Ob er wohl seinen Heiratsantrag
zurückziehen würde? Ein seltsamer Schmerz begann sie in der Nähe ihres Herzens
zu quälen. Jeder andere Mann würde es wohl tun, aber Hart war nun einmal nicht
wie andere Männer. »Ich fürchte, ich habe einen mit vielen Makeln behafteten
Charakter«, sagte sie langsam. »Ich stecke ständig in Schwierigkeiten, Hart,
Schwierigkeiten, die ich mir selbst einbrocke.«
»Ja, das kann man wohl sagen«, erwiderte er mit ernster Miene.
»Ich nehme an, dass Sie mich auf höfliche Weise davon in Kenntnis
setzen möchten, dass Sie es sich anders überlegt haben?«
»Anders überlegt?«, fragte er überrascht.
»Wegen unserer Heirat? Nein, Francesca, tut mir leid, aber so leicht kommen
Sie mir nicht davon. Ich bin zwar wütend, denn ich mag Schnüffler nicht
besonders – vor allem nicht, wenn ich es bin, dem man nachspioniert –, aber ich
beabsichtige Sie eines Tages zu heiraten und in mein Bett zu bekommen, und das
lieber früher als später«, fügte er grimmig hinzu.
Eine große Erleichterung überkam sie.
»Und jetzt hören Sie mir einmal sehr genau
zu.«
Ihre Erleichterung schwand dahin.
»Sie sind keine
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