Brenda Joyce
verbunden bin. Wir
hatten das doch bereits alles geklärt – aber Sie wollen es ja einfach nicht
verstehen. Ich gebe mich nicht mit unschuldigen jungen Frauen ab, Francesca.
Ich habe, ehrlich gesagt, noch nie mit einer Jungfrau geschlafen – und auch
wenn es ein Wunder ist, dass Sie immer noch eine sind« – er warf ihr einen
bösen Blick zu –, »so ist das etwas, was ich erst in unserer Hochzeitsnacht
mit Ihnen zu tun gedenke.«
»Das ergibt einfach alles keinen Sinn«, wandte
sie verzweifelt ein. Sie würde niemals begreifen, warum ein Mann, der die Institution
der Ehe derartig verabscheute, nun plötzlich entschlossen war, sie zu heiraten.
Sie schritt ein paarmal unruhig auf und ab und ließ sich schließlich auf dem
Ledersofa nieder, das unter einem riesigen Genregemälde stand. Das Bild zeigte
eine barfüßige Frau am Strand, die einen Korb in den Armen hielt, während zwei
nackte Kinder an ihr vorbeirannten. Wenn sie sich doch nur getrauen würde, ihn
zu verführen, dann würden sie sich zweifellos nicht mehr auf diese irrsinnige,
verhängnisvolle Weise zueinander hingezogen fühlen, er würde nicht länger den
Wunsch verspüren, sie zu heiraten, und sie könnten weiterhin Freunde bleiben.
In diesem Augenblick sehnte ihr Körper sich danach, dieses lodernde Feuer zu
spüren, und sie vermochte kaum zu atmen. Sie fragte sich, was wohl geschehen
würde, wenn er sie jetzt küsste.
Aber er war stärker als sie, war entschlossen, auch wenn seine
Moralvorstellungen keinen Sinn ergaben – was ja von einem erklärtermaßen
unmoralischen Menschen auch nicht anders zu erwarten war. Plötzlich spürte sie,
wie ihr die Tränen in die Augen stiegen.
»Ach, Sie Ärmste«, sagte er leise, legte
seine langen, kräftigen Finger unter ihr Kinn und hob es an. »Aber Sie werden
mich nicht dazu bringen, meine Entscheidung zu ändern. Mein Entschluss steht
fest. In guten wie in schlechten Tagen. Und ich bin der Überzeugung, dass wir
viele gute haben werden, Francesca. Wir werden ein sehr angenehmes Leben
führen. Sie werden weiterhin Ihre Fälle lösen, und ich werde meine Kunst
sammeln. Ich beabsichtige, nach unserer Hochzeit weniger zu arbeiten. Wenn Sie möchten,
werden wir viel reisen, meine Liebe. Es wird niemals langweilig werden, das
kann ich Ihnen versichern.«
Er würde weniger arbeiten. Sie würden viel reisen. Sie
hätte sich am liebsten die Ohren zugehalten. Sie wagte es, zu ihm aufzublicken,
wie er da vor ihr aufragte. »Und wenn ich Ihnen endlos wieder versichere, dass
ich niemals heiraten werde, weder Sie noch sonst irgendjemanden, werden Sie mir
irgendwann glauben?« Sie musste ihm in die Augen schauen. Er strahlte
Selbstbewusstsein, Reichtum und Macht aus und auch Männlichkeit. Eine
Männlichkeit, die beinahe schon etwas Animalisches an sich hatte. Sie fragte
sich, ob er – abgesehen von seiner Mätresse Daisy – wohl noch anderen Frauen
nachstellte. Fragte sich, ob er immer noch nach Belieben mit so vielen Frauen
schlief. Fragte sich, wann er Daisy wohl das letzte Mal besucht haben mochte.
Sie hatte seine Mätresse schon eine ganze Weile nicht mehr gesehen. Da sie
miteinander befreundet waren, wäre ein Besuch bald wieder einmal fällig.
Er hatte mit keinem Wort erwähnt, was er mit seiner Mätresse
anzustellen gedachte, sollte er tatsächlich einmal heiraten wollen.
»Nein.«
»Dann werde ich auch keine Mühe darauf verschwenden.« Sie blickte
zur Seite. Sie sollte eigentlich dankbar sein, dass er sie nicht in die Arme
geschlossen und in sein Bett – beziehungsweise auf sein Sofa – gezogen hatte.
Tatsächlich war sie darüber ja auch erleichtert. Das sagte ihr zumindest ihr
Verstand. Ob es wohl irgendeine Medizin gab, die auch ihrem Körper
Erleichterung verschaffen würde?
»Das sollten Sie auch nicht«, sagte er. »Ist das nun der Grund
Ihres Besuches? Wollten Sie unsere gegenwärtige Situation mit mir diskutieren?
Mein Büro liegt doch wohl kaum auf Ihrem üblichen Weg.«
Sie sprang auf, denn erst jetzt war ihr wieder eingefallen,
weshalb sie ihn eigentlich aufgesucht hatte. Sie sah wieder Evans geschundenes
Gesicht vor sich. »Nein.« Vielleicht sollte sie jetzt doch besser gehen – sie
konnte Hart ja ein anderes Mal nach dem Darlehen fragen.
»Sie scheinen Angst zu haben.« Er betrachtete sie forschend.
»Mache ich Ihnen etwa Angst?«
Sie schüttelte den Kopf. »Nicht Sie, Hart, sondern das, worum ich
Sie bitten muss.«
Er wurde
ganz still.
Ob er sie wohl dafür hassen würde? Von
Weitere Kostenlose Bücher