Brenda Joyce
würde sie
wenigstens nicht ständig an ihren Kummer erinnert!
Hart wartete im Empfangszimmer – ein Zimmer, das normalerweise
für die Begrüßung einer großen Zahl von Gästen benutzt wurde, die zu einer
Party oder zu einem Ball eintrafen – und betrachtete das Landschaftsbild eines
französischen Malers namens Corot. Francesca blieb zögernd auf der Türschwelle
stehen. Hart, der sie offenbar hatte kommen hören, drehte sich um und lächelte
sie an. »Corot ist viel zu zahm für meinen Geschmack«, sagte er.
Ihr Herz vollführte einen kleinen Hüpfer, als
sie ihn ansah. Er trug einen Smoking; offenbar hatte er später am Abend noch
etwas vor. Wie die meisten Gentlemen sah auch er am besten in
Gesellschaftskleidung aus. Francesca konnte sich gut vorstellen, dass einige
Frauen versuchen würden, sein Herz zu gewinnen, und fragte sich, ob wohl eine
zu diesem Kunststück fähig sein würde. »Guten Abend, Calder. Das ist aber eine
Überraschung!«
Lächelnd durchquerte er das Zimmer und trat auf sie zu. »Eine
angenehme, wie ich hoffe.«
»Aber
gewiss doch«, erwiderte sie.
Sein Blick wanderte langsam über sie hinweg und musterte sie
aufmerksam. Francesca vermied es, Hart in die Augen zu blicken, und spürte,
dass sie errötete. »Haben Sie etwa geweint?«, fragte er unvermittelt.
»Ich habe eine Allergie gegen Erdnüsse«, erwiderte sie mit der
schlechten Imitation eines Lächelns.
Er nahm
ihren Arm. »Lügen Sie mich nicht an.«
Sie fuhr zusammen. »Ich ...«
»Sie haben geweint, das ist offensichtlich. Was hat Ihnen mein
Bruder angetan?«
Sie starrte ihn an, und das
Herz hämmerte ihr in der Brust. »Ich habe mich kurz entschlossen entschieden,
Ihnen einen Besuch abzustatten, bevor ich ausgehe«, sagte er, ohne sie aus den
Augen zu lassen. »Ich wollte mich für Ihre Freundlichkeit heute bedanken.«
Sie war sich nicht ganz sicher, ob er auf den Vorfall vor der
Kirche oder auf den in Braggs Büro anspielte, und lächelte – ein kleines
Lächeln nur, aber dieses Mal war es echt. »Warum sollte ich auch unfreundlich
zu Ihnen sein?«
Er erwiderte ihr Lächeln. »Ganz offensichtlich sind Sie eine
überaus liebenswürdige, gütige Frau, und das weiß ich zu schätzen. «
Francesca wäre beinahe das Herz stehen geblieben. Sie löste ihren
Arm aus seinem Griff und trat von ihm weg.
Er betrachtete sie mit einem wissenden Blick. »Sie finden mich
anziehend und abstoßend zugleich, nicht wahr?«
Das überraschte sie. »Ich finde
Sie nicht abstoßend, Calder.«
»Vielleicht wäre anziehend und
Furcht einflößend die bessere Wortwahl«, konstatierte er.
Sie atmete tief ein. Dieses
Gespräch behagte ihr nicht. »Warum sind Sie hier? Doch wohl kaum, um mir mitzuteilen,
dass ich ein freundlicher Mensch bin?«
»Doch, genau das ist der Grund meines Besuches. Ich wollte mich
bei Ihnen für Ihre Freundlichkeit bedanken und zum Ausdruck bringen, wie
erfrischend ich Sie finde, da Sie aufrichtig ist.« Er zuckte mit den
Schultern.
Es meinte es ganz offensichtlich ehrlich, denn Francesca hatte
keine Anzeichen von Spott in seinem Tonfall ausgemacht. »Keine Ursache«,
erwiderte sie lächelnd.
»Ich stehe
in Ihrer Schuld, Francesca«, sagte er nüchtern. »Aber nein, gewiss nicht«, gab
sie erschrocken zurück. Er sah sie lächelnd an. »Warum sahen Sie so bekümmert
aus, als Sie vorhin das Zimmer betraten?«, fragte er.
Ihr Lächeln erstarb, und sie wandte sich ab.
Sie konnte sich nicht entscheiden, ob sie sich ihm anvertrauen sollte oder
nicht.
Er trat
hinter sie. »Ich glaube, ich kenne die Antwort.«
Sein Atem strich über ihren Nacken. Sie wandte sich um und wich
zurück.
»Ich bin ein wenig niedergeschlagen«, gestand sie, was eine
Untertreibung war, die an eine Lüge grenzte.
»Verstehe.«
Sie schlang die Arme um ihren Leib. »Ich fürchte, ich hege gewisse
Gefühle für Bragg, aber ich wusste nicht, dass er verheiratet ist.« Sie zwang
sich zu einem Lächeln. »Oder besser gesagt, ich habe sie gehegt.« Wieder eine
Lüge.
Er legte seine Hand auf ihre Wange. »Arme
Francesca.«
Sie starrte ihn mit großen Augen an, und er
ließ seine Hand fallen. »Ich hatte mich schon gefragt, wo dieses kleine Drama
hinführen würde. Offenbar hat Rick also endlich den Mut gefunden, Ihnen die
Wahrheit zu sagen. Aber, ehrlich gesagt, fällt es mir schwer, Beifall
zu klatschen. Sie haben allen Grund, wütend auf Rick zu sein, meine Liebe. Er
hätte es Ihnen bereits sagen müssen, als sie sich kennen gelernt haben.
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