Brenda Joyce
Was
werden Sie nun unternehmen?« Sein Blick wich nicht von ihrem Gesicht.
»Gar nichts, natürlich. Was gibt es da schon zu tun?«, erwiderte
Francesca leichthin. Sie wollte sich gerade abwenden, als er plötzlich nach
ihrer Hand griff.
»Bitte, meine Liebe, ich bin ein Mann von Welt – mir machen Sie nichts
vor. Sie sind verliebt, und er hat Ihnen das Herz gebrochen.«
Bei diesen Worten hätte Francesca am liebsten
ihren Tränen freien Lauf gelassen. Doch sie riss sich zusammen und starrte ihn
an.
»Ich gebe Ihnen Folgendes zu bedenken,
Francesca: Mein Bruder ist ein überaus ehrenhafter Mann. Und Sie, Sie sind eine
junge Dame von Stand mit besten Aussichten auf eine gute Partie.«
»Ich schere mich ganz und gar nicht um eine gute Partie!«,
unterbrach sie ihn.
»Schschsch.« Er berührte ihre
Unterlippe mit seinem Daumen, und Francesca wich mit erschrockenem Blick
zurück. »Da könnte ich ja fast eifersüchtig werden«, sagte er und blickte sie
nachdenklich an.
»Bitte ...«, setzte sie an.
Er schüttelte den Kopf, als versuche er, ihn frei zu bekommen.
»Bragg verfügt über eine unglaubliche Selbstbeherrschung. Er wird niemals eine
Grenze überschreiten, wenn es um Sie geht. Daher sollten Sie Ihre Vernarrtheit
vergessen und Ihr eigenes Leben weiterleben. Ansonsten wird es Ihnen lediglich
Herzeleid und Kummer einbringen – von der verschwendeten Zeit einmal ganz zu
schweigen.«
»Das hat es ja schon längst«, murmelte sie.
»Das sehe ich.« Er seufzte. »Wenn es dabei
nicht um Sie ginge, würde ich das Ganze für ein überaus amüsantes Melodram
halten. Aber ich muss zugeben, dass es mich schmerzt, Sie so zu sehen.«
»Ich weiß nicht, was ich sagen soll.« Sie
zögerte einen Moment. »Liebt Bragg seine Frau eigentlich noch?«, fragte sie
dann.
Hart lachte. »Sie ist ein Miststück.«
Francesca schnappte nach Luft.
»Verzeihen Sie. Aber Sie haben nun einmal
gefragt. Diese Frau ist eine liederliche Schlampe. Ich glaube, ihr
gegenwärtiger Liebhaber ist ein spanischer Graf.« Er schüttelte erneut den
Kopf. »An Braggs Stelle würde ich sie herholen und zwingen, mit mir zu leben,
und sie an der kurzen Leine halten. Stattdessen lässt er zu, dass sie mit
ihren Liebhabern durch Europa tingelt und dabei in Saus und Braus lebt. Er
zahlt weiterhin ihre ungeheuren Rechnungen – Rechnungen, die er sich übrigens
gar nicht leisten kann – und zieht es vor, so zu tun, als sei nichts.«
War Leigh Anne wirklich ein so schlechter
Mensch? Seltsamerweise fühlte sich Francesca ein wenig erleichtert, obwohl
Hart damit immer noch nicht ihre Frage beantwortet hatte.
Er schien ihre Gedanken lesen zu können, denn
er sagte: »Nein, meine liebe, süße Francesca, Bragg liebt Leigh Anne nicht.
Aber sie ist das Kreuz, das tragen zu müssen er sich entschieden hat, da er zu
anständig ist, um sie loszuwerden – auf welche Weise auch immer.«
Francesca blickte ihn mit offenem Mund an. »Ich hoffe doch sehr,
dass ich Ihre Andeutungen falsch verstanden habe!«
Er lachte. »Sie sind so naiv! Was übrigens auch einen gewissen Reiz
hat. In welcher Welt sind Sie eigentlich aufgewachsen? In der wirklichen Welt
oder in der Welt der Poesie, der Romane und Schulbücher?«
Francesca machte sich gar nicht erst die Mühe
zu antworten. Sie ließ sich auf ein Sofa sinken. Wenigstens liebte Bragg seine
Frau nicht. Wenigstens war sie ein schrecklicher Mensch. Dann wurde ihr klar,
in welche Richtung ihre Gedanken gingen, und sie wurde wütend auf sich selbst.
Sie musste sich diesen Mann aus dem Kopf schlagen! Was das anging, hatte Hart
Recht, die Sache war nun einmal aussichtslos.
Er nahm neben ihr Platz und ergriff ihre Hand. »Sie wirken so
niedergeschlagen. Ich muss gestehen, dass es mir gar nicht gefällt, Sie so zu
sehen. Ich bin gerade auf dem Weg zu einem Abendessen. Warum begleiten Sie mich
nicht einfach? Ich warte, bis Sie sich umgezogen haben. Es macht nichts, wenn
wir ein wenig zu spät kommen – das ist ja heute en vogue.« Er lächelte sie an.
Francesca versuchte, ihm ihre Hand zu entziehen, doch es war
unmöglich. Daher stand sie auf, sodass er ihre Hand loslassen musste. »Ich
danke Ihnen für das Angebot und auch für Ihre Freundlichkeit, Calder, aber ich
fürchte, ich muss ablehnen.« Er erhob sich langsam. »Aber warum denn? Damit Sie
in diesem leeren Haus Trübsal blasen können?« Francesca mied seinen forschenden
Blick.
»Ich fürchte, ein wenig Trübsal zu blasen ist genau das, was der
Doktor verordnet
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