Brenda Joyce
hat«, erwiderte Francesca mit einem kleinen Lächeln.
Hart musterte sie nachdenklich. »Ich habe ein
gutes Gespür für Menschen, und ich glaube, dass Sie etwas im Schilde führen.
Aber ich wüsste beim besten Willen nicht, was es sein könnte.«
»Wer, ich?«, fragte Francesca mit weit aufgerissenen Augen, von
denen sie hoffte, dass sie unschuldig wirkten.
Er lachte, umfing ihre Taille und zog sie
schamlos nah zu sich heran. Dann gab er ihr einen flüchtigen Kuss auf die
Wange, der ihre Haut zum Brennen brachte. »Lassen Sie das lieber bleiben,
Francesca; Koketterie steht Ihnen nicht. Ich werde mich dann auf den Weg
machen. Falls Sie einmal meine Hilfe benötigen sollten, sagen Sie mir Bescheid.
Sie dürfen mich jederzeit besuchen, ob Tag oder Nacht.« Er zwinkerte ihr zu.
»Selbst wenn ich indisponiert sein sollte.«
Francesca begleitete ihn zur Tür. »Ich danke Ihnen, Calder. Ich
weiß es zu schätzen.«
»Das sollten Sie auch. Ich kann mich nämlich nicht erinnern,
jemals einer Frau ein solches Angebot gemacht zu haben. Und jetzt, Kopf hoch!
Vergessen Sie meinen pflichtversessenen Bruder. Bei dieser Geschichte kann
nichts Gutes herauskommen, weder für Sie noch für ihn. Es gibt noch mehr
Männer auf dieser Welt, glauben Sie mir.« Er grinste sie an und nahm Hut und
Mantel von einem Dienstboten in Empfang.
Während Hart noch damit beschäftigt war, seinen Mantel anzuziehen,
kam ein Dienstmädchen auf Francesca zugeeilt. »Miss Cahill? Es tut mir ja so
Leid, das hier ist eben gekommen, und Penelope hat vergessen, es Ihnen zu
geben.«
Francesca nahm einen fleckigen,
zusammengefalteten Zettel von ihr in Empfang, öffnete ihn und erkannte sogleich
die Handschrift eines Kindes. Bevor sie die Worte überhaupt gelesen hatte,
wusste sie, dass die Nachricht von Joel stammte.
Mis Cahill.
Kann heut abend nich kommen.
Tut mir leit. Joel.
Ihr Mut sank.
»Probleme?«
Sie zuckte zusammen und blickte Hart an, der sie neugierig
beobachtete. »Nein«, erwiderte sie lächelnd. Verflixt noch mal, jetzt musste
sie sich allein mit Anthony treffen!
Ein
Dienstbote öffnete Hart die Haustür.
»Also
bleiben wir Freunde«, sagte Francesca.
»Ja, das
tun wir«, sagte er mit einem vergnügten Glitzern in den Augen. »Für gewöhnlich
bin ich sehr nachtragend, aber nicht gegenüber einer so schönen, klugen und
liebenswürdigen Frau.« Er vollführte eine kunstvolle Verbeugung.
Francesca
lachte.
»Welch ein wundervoller Klang«, sagte er und verließ lächelnd das
Haus.
Francesca blickte ihm nach, als er die Stufen hinunterschritt und
auf seine große, elegante Kutsche zuging, die von vier atemberaubend schönen
Rappen gezogen wurde. Ein Lakai in dunkler Livree öffnete Hart die Tür, und er
stieg ein. Dann setzte sich die Kutsche ruckend in Bewegung, umkreiste die
Auffahrt und fuhr in Richtung Straße davon. Francesca seufzte.
Sie wusste nicht, ob sie sich über Harts Besuch freuen oder beunruhigt
sein sollte. Natürlich konnte es nicht schaden, einen Mann wie ihn zum Freund
zu haben, ganz besonders in der Branche, in der sie gegenwärtig arbeitete.
Sie beobachtete, wie sich ein Schatten von einer großen Eiche
löste, und sah, dass es ein Mann war, der sich mit schnellen Schritten dem Haus
näherte.
Mark Anthony! Bei der Vorstellung, dass sie allein mit ihm würde
gehen müssen, wurde Francesca ein wenig mulmig zumute. Sie wandte sich um
»Wallace, bitte holen Sie mir Hut und Mantel. Ich werde ausgehen«, sagte sie
ein wenig atemlos.
Mark Anthony war mit einer Mietdroschke gekommen, die auf der
Fifth Avenue auf sie gewartet hatte. Während der Fahrt in die Stadt hatte er
kein Wort gesagt, aber einen überaus wachsamen Eindruck gemacht. Es sprach
allerdings für ihn, dass er den Fahrpreis dieses Mal selbst bezahlt hatte, als
sie ihr Ziel – ein kleines Hotel an der Ecke von Broadway und Houston Street –
erreicht hatten. »Da wären wir«, sagte er, als sie auf dem Gehsteig standen.
Das Hotel nannte sich unangemessenerweise das »Grande«. Es war ein
ziemlich heruntergekommenes, vierstöckiges Gebäude, das weder einladend noch
luxuriös wirkte. »Nach Ihnen«, sagte Mark Anthony lächelnd und wies auf die
Eingangsstufen des Hotels.
Francesca zögerte. Sie war ausgesprochen nervös, und die Tatsache,
dass Anthony während der Fahrt nicht besonders gesprächig gewesen war, hatte
sie auch nicht gerade beruhigt. »Ich dachte, Georgette wollte nicht, dass
jemand erfährt, wo sie sich aufhält«, sagte sie, um Zeit
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