Brenda Joyce
Salon.
»Der Mord ist gegen sieben Uhr am heutigen Abend passiert«, rief
Francesca, die ihm in den Flur gefolgt war.
Er blieb am Fuß der Treppe stehen, wandte sich
um und blickte Francesca an. »Sie haben die Verdächtige also bereits befragt?«
»Ich
betrachte sie als eine Zeugin«, gab Francesca zurück. »Sie sind keine
Polizistin«, sagte Bragg mit fester Stimme. »Und Ihre Meinung ist nicht
relevant. Es ist mein Ernst, Francesca«, fügte er warnend hinzu. »Dieser Fall
geht Sie nichts an.«
Sie fragte sich, wie oft er ihre Gefühle an diesem Abend wohl noch
verletzen wollte. »Ich habe Ihnen doch dabei geholfen, die Burton-Entführung
aufzuklären«, sagte sie leise. »Das haben Sie selbst gesagt.«
»Ja, das habe ich. Und ich werde Ihnen dafür
auch immer dankbar sein. Aber Sie werden mir auf keinen Fall dabei helfen,
den Randall-Mord aufzuklären, Francesca. Auf gar keinen Fall!« Seine Augen
funkelten. »Und wenn ich Sie dafür zu Hause einsperren lassen muss!«
Sie verschränkte die Arme vor der Brust, verkniff sich aber eine
Antwort.
»Nun?«, fragte er.
Es wollte ihr nicht so recht gelingen, ihn anzulächeln. »Miss de
Labouche ist meine Klientin«, sagte sie. Was allerdings nicht ganz der Wahrheit
entsprach, da ihre Vereinbarung nicht wirklich offiziell war. Aber Miss de
Labbouche würde zweifellos zustimmen, Francescas Dienste in Anspruch zu
nehmen, wenn sie ihr anbot, umsonst zu arbeiten.
Sie konnte förmlich sehen, wie Braggs Blutdruck in die Höhe
schoss.
Ohne ein Wort zu verlieren, stapfte er die Treppe hinauf, und
Francesca eilte ihm nach. Auf dem Treppenabsatz fuhr er herum, sodass sie
beinahe zusammengestoßen wären. »Gehen Sie wieder nach unten!«, zischte er.
Sie hatte keine Lust auf eine
Auseinandersetzung mit ihm. »Na schön. Aber es besteht kein Grund, sich so
aufzuregen, Bragg.«
»In den zwei Wochen, seit wir uns kennen, habe ich schon etliche
graue Haare bekommen«, erwiderte er.
Francesca wandte sich lächelnd ab, denn sonderbarerweise
freute sie sich über diese Antwort. Sie hörte, wie Bragg nach Miss de Labouche
rief, doch die Dame des Hauses antwortete nicht.
Im oberen Stockwerk des Hauses befanden sich lediglich ein
Schlafzimmer und das Bad, was nicht ungewöhnlich war, da es sich um eines jener
großen Stadthäuser handelte, die in mehrere Wohnungen unterteilt worden waren.
Als Bragg die Tür zum Schlafzimmer öffnete, beschloss Francesca,
einen Blick in das Badezimmer zu werfen. Es war eindeutig, dass hier ein Bad
hastig unterbrochen worden war: Auf einem kleinen Hocker standen eine geöffnete
Champagnerflasche und zwei Gläser, eines davon halb voll, ein Handtuch lag auf
dem Boden, und einige Kerzen waren bis auf die Dochte heruntergebrannt. Die
Wände des kleinen, aber recht hübschen Badezimmers waren in einem dunklen
Roséton gestrichen. In einer Ecke stand ein bunt bemalter Wandschirm, und an
einigen Wandhaken hingen mehrere Spitzen-Negligees. Es gab keine Toilette;
diese befand sich in einem angrenzenden, separaten Raum.
Francesca starrte in die Badewanne, eine
Porzellanwanne, die auf vergoldeten Klauenfüßen stand. Im Wasser schwamm ein
großer Gegenstand in einer undefinierbaren Farbe. An seiner Form war allerdings
nichts Undefinierbares, im Gegenteil, es bestand kein Zweifel daran, was er
darstellen sollte. Francesca spürte, wie ihr heiß wurde.
Großer Gott! Plötzlich begriff sie, was Miss de Labouche gemeint
hatte, als sie von erotischem Spielzeug gesprochen hatte. Ihr wurde schwindlig.
»Ich kann sie nicht finden. Aber ich habe gesehen, dass es eine
Hintertreppe gibt, die zur Küche hinunterführt – wahrscheinlich ist Miss de
Labouche auf diesem Weg geflohen«, ertönte in diesem Augenblick Braggs Stimme
hinter ihr. Er verharrte auf der Schwelle der Badezimmertür.
»Oh!«, entfuhr es Francesca. Sie wich durch die offene Tür zurück,
wobei sie ihn in ihrer Hast flüchtig streifte.
»Oh Gott!«, sagte Bragg, der ebenfalls
erkannt hatte, was in der Wanne schwamm, und trat rasch wieder
auf den Flur.
Francesca vermochte ihm nicht in die Augen zu sehen. »Nun, sie war
ganz eindeutig im Bad«, sagte sie.
»Aber das heißt noch lange nicht, dass sie keine Mörderin ist«,
gab Bragg betont gelassen zurück.
Francesca vermied es immer noch, ihn
anzusehen, und warf stattdessen einen Blick ins Schlafzimmer. Die Farbe Rot
dominierte den Raum, an dessen Wänden einige chinesische Gemälde hingen. Die
Vorhänge am Fenster waren goldfarben, und in
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