Brenda Joyce
der Ecke stand ein orientalischer
Wandschirm. Auf dem großen Bett lag eine rote Tagesdecke.
Anschließend begutachtete Francesca die
Hintertreppe, die offenbar tatsächlich zur Küche hinunterführte. Von unten war
sie ihr im Dunkeln gar nicht aufgefallen. »Sie hat ein Bad genommen, Bragg,
genau wie sie gesagt hat«, sagte Francesca.
Er seufzte, legte eine Hand auf ihre Schulter
und führte sie die Hintertreppe hinunter. Auf dem Weg nach unten hörten sie
Stimmen, die aus dem Flur kamen. »Francesca, Sie sind jung und eine Dame von
Stand noch dazu und können sich solche Dinge vielleicht nicht vorstellen – aber
möglicherweise hat diese Frau ja nach dem Mord an ihrem Liebhaber ein Bad
genommen.«
»Sie hat mit ihrem Spielzeug gebadet, Bragg«, erwiderte Francesca
mit scharfer Stimme.
Mittlerweile waren sie in der Küche angekommen. Francesca
entzündete die Gaslampe, und Bragg wiederholte: »Wie ich schon sagte:
Möglicherweise hat sie nach dem Mord an Randall gebadet.«
Jetzt begriff Francesca die Bedeutung seiner Worte und starrte ihn
entgeistert an. »Aber das ist ja krank!«
»Ja, das ist es.« Er ließ sie in der Küche stehen und ging durch
das Esszimmer in die Diele.
Francesca entschloss sich, für den Moment
nicht weiter über eine solch schockierende Möglichkeit nachzudenken, und eilte
ihm nach. Bragg wies bereits zwei Streifenbeamte an, das Gebiet abzusperren,
während zwei weitere Beamte auf ihre Instruktionen warteten. »Ich glaube, dass
der Mord mit einer kleinen Waffe begangen wurde, möglicherweise mit einer Damenpistole
oder auch mit einer Derringer. Das Haus und das Grundstück – wenn nötig der gesamte
Straßenblock – müssen sofort durchsucht werden. Ich erwarte, dass die Waffe
noch heute Nacht gefunden wird.« Die beiden Streifenbeamten eilten mit ernsten
und entschlossenen Gesichtern davon.
Francesca schnitt eine Grimasse. Sie hatte
ganz vergessen, dass Bragg dreihundert seiner Leute degradiert hatte, wodurch
sich die gesamte Behörde in einem einzigen Durcheinander befand und die Leute
zweifellos auch erbärmliche Angst vor ihrem Commissioner hatten. Sie warf einen
Blick auf die beiden anderen Männer, die stocksteif vor Bragg standen und auf
ihre Befehle warteten. Sie sahen nicht besonders glücklich aus, machten aber
den Eindruck, als wären sie notfalls bereit, durch einen Reifen zu springen,
wenn Bragg es ihnen befahl.
In diesem Moment traten zwei Kriminalbeamte in
Zivil durch die Haustür. Einen von ihnen erkannte Francesca wieder: Inspector
Murphy, ein Mann mit einem dicken Bauch und einem mächtigen Schnurrbart. »Die
Leiche liegt im Salon«, sagte Bragg. »Aber zunächst müssen wir Georgette de Labouche
ausfindig machen, die Herrin des Hauses. Verhaften Sie sie noch nicht, aber
bringen Sie sie zum Verhör ins Präsidium. Ich werde sie mir dort persönlich
vernehmen. Francesca, bitte beschreiben Sie Miss de Labouche.«
»Bragg ...«, protestierte sie.
Erst jetzt erkannte auch Murphy Francesca, und seine Augen
weiteten sich vor Überraschung. »Beschreiben Sie bitte Miss de Labouche«,
wiederholte Bragg. »Im Augenblick ist schnelles Handeln geboten.«
Francesca war sich zwar fast sicher, dass es
nicht Georgette war, die Paul Randall getötet hatte, aber sie sagte gehorsam:
»Sie ist Anfang dreißig, etwas mollig und hübsch anzusehen, hat lockiges, rotes
Haar und braune Augen. Sie trug ein blaues Kostüm, dessen Jacke recht gewagt
war, große, aquamarinfarbene Tropfenohrringe und eine große, aquamarinfarbene
Brosche in der Form eines Schmetterlings. Außerdem trug sie an beiden Händen
mehrere große Ringe, von denen einer möglicherweise ein in Silber gefasster
Granat war.«
»Vielen Dank«, sagte Bragg. Dann fuhr er an
Murphy gewandt fort: »Sie kann noch nicht weit sein. Geben Sie die Beschreibung
heraus. Ich möchte Miss de Labouche noch vor Morgengrauen in meinem Büro
sitzen haben. Fangen Sie mit der Befragung der Nachbarn an. Vielleicht hat
jemand gesehen, wie die Dame das Haus verlassen hat oder wann Randall eingetroffen
ist.«
»Jawohl, Sir«, sagte Murphy und trat durch die Haustür. Als sie
seinen Tonfall vernahm, war Francesca erstaunt, dass er nicht auch noch
salutierte.
»Ich würde mir gern einmal die Leiche ansehen«, sagte der andere
Detective.
»Bitte«, gab Bragg zurück und deutete Richtung Salon. Der
Detective ließ sie an der Tür zurück und schritt durch den Flur davon.
Francesca hörte das Klappern von Pferdehufen auf Kopfsteinpflaster
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