Brenda Joyce
etwas entgangen war. Doch dann erinnerte
sie sich daran, wie Hart mit Connie gesprochen hatte, und wusste plötzlich,
dass sich Julia und Sarah irrten. Außerdem hätte sie ohnehin nicht im Traum
daran gedacht, Hart zu heiraten – sie beabsichtigte im Augenblick überhaupt
niemanden zu heiraten. »Ich glaube nicht, dass es irgendeine Frau schaffen
wird, ihn vor den Altar zu schleppen, Mama«, flüsterte sie.
»Unsinn! Jeder Mann muss irgendwann einmal heiraten, und da wird
er wohl kaum eine Ausnahme machen. Warum also nicht dich?« Julia strahlte. Ganz
offensichtlich war sie über die jüngsten Entwicklungen entzückt.
Francesca verschränkte ihre Arme fest vor der Brust. Jemand musste
ihre Mutter aufhalten, sofort! Mit einem Mal sah sie Bragg vor sich, der sie
wütend anschaute. Hatte er sie nicht erst wenige Stunden zuvor beschuldigt, in
Calder verliebt zu sein? Francesca hatte bisher keine Zeit gehabt, über diese
Unterhaltung nachzudenken, aber als sie sich jetzt daran erinnerte, kam es ihr
so vor, als sei Bragg angesichts dieser Vorstellung ziemlich unglücklich und
möglicherweise sogar eifersüchtig gewesen. Was ja eigentlich keinen Sinn
ergab, da er angeblich nichts weiter als ihre Freundschaft suchte.
»Ich habe mich entschlossen, niemals zu heiraten«, sagte Francesca
bestimmt. »Und davon wirst du mich nicht abbringen, Mama.«
»Bitte sag so etwas nicht, Francesca, das ist
ja albern!«, rief Julia.
»Albern ist wohl kaum das richtige Wort. Du kannst mich nicht
zwingen zu heiraten. Ich ziehe es nun einmal vor, ledig zu bleiben. Ich werde
weiterhin bei dir und Papa wohnen und mich
in meinen Gesellschaften engagieren, in der Hoffnung, dass ich ein wenig dazu
beitragen kann, dass in dieser Stadt einige Reformen durchgesetzt werden.« Nach
einer Weile fügte sie hinzu: »Eines Tages, wenn ihr beide alt seid und ich
hier bin, um mich um euch zu kümmern, wirst du dich noch sehr über meine
Entscheidung freuen.«
»Du willst doch wohl etwa keine alte Jungfer werden!«, rief Julia
entsetzt. »Auf solch schreckliche Gedanken kannst auch nur du kommen. Das werde
ich nicht zulassen.«
»Ich scherze nicht, Mama.«
»Ich auch nicht.«
»Außerdem wird es gar nicht so leicht werden,
mich zu verheiraten.« Das Hochgefühl, das sie eigentlich beim Ausspielen ihrer
Trumpfkarte erwartet hatte, wollte sich nicht so recht einstellen.
»Das ist doch wohl nicht dein Ernst, Francesca! Weiß du, wie viele
Anfragen ich täglich wegen dir erhalte?«
»Von deinen Freunden vielleicht, aber gewiss nicht von ihren
Söhnen.« Für gewöhnlich lehnte Francesca es ab, am gesellschaftlichen Leben
teilzunehmen, um nach einem geeigneten Heiratskandidaten Ausschau zu halten,
doch dieser Gedanke versetzte ihr nun sonderbarerweise einen Stich.
»Was ist denn nur los, Schätzchen?«, fragte Julia und strich ihr
über die Wange. »Was ist los mit dir?«
Francesca verzog das Gesicht. »Ich bin keine
Närrin. Ich weiß sehr wohl, dass mich die Leute eigenartig finden. Man hat mich
schon des Öfteren als exzentrisch, sogar als unweiblich bezeichnet. Aber das
ist mir egal.« Sie zuckte mit den Schultern.
Das Problem war nur, dass es ihr irgendwo tief in ihrem Inneren
doch nicht vollkommen egal war und sie sich verzweifelt danach sehnte, ebenso
vergöttert und begehrt zu werden wie Connie.
Julia blickte sie mit offenem Mund an.
»Ich weiß sehr wohl, was hinter meinem Rücken über mich geredet
wird.« Francesca lächelte tapfer. »Connie und ich sehen zwar wie
Zwillingsschwestern aus, aber darauf fällt niemand herein. Du täuschst dich
also. Deine Freunde mögen mich als geeignet für ihre Söhne erachten, aber diese
Söhne halten mich ganz bestimmt nicht für die geeignete Braut. Und was Calder
Hart angeht, der ist nicht an mir interessiert – nicht auf diese Weise, das
kannst du mir glauben.«
»Francesca. Schätzchen! Wie kommst du nur auf solche Gedanken?«
Julia zog sie an sich. »Niemand redet hinter deinem Rücken über dich.«
Francesca lächelte nur. Sie hatte nicht vor, dieses Thema näher
mit ihrer Mutter zu erörtern. Sie hatte erst wenige Wochen zuvor mit eigenen
Ohren gehört, wie zwei junge Damen sie als exzentrisch und unweiblich und zudem
auch noch als hochnäsig bezeichnet hatten. Francesca war sich darüber im
Klaren, wie sehr sie sich von anderen jungen Frauen ihres Alters unterschied.
Sie hatte schon als Kind gewusst, dass sie anders war als all die anderen
kleinen Mädchen.
»Francesca, schlag dir diese
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