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Brennaburg

Brennaburg

Titel: Brennaburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang David
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Otfried trocken. Und ohne die Stimme zu heben, so, als sage er ein Gebet auf, fuhr er fort: »Der Graf ist ein verlaustes Gerippe, der Graf –«
    Mit einem Satz war Konrad bei ihm. Er stieß dem überraschten Mann das Knie zwischen die Beine, packte ihn am Hals und schleuderte ihn an der scheuenden Stute vorbei gegen die Stallwand. Das Flechtwerk knackte, Lehmbröckchen rieselten herab, im Stall begann es zu rumoren.
    Otfried stand sofort wieder auf, duckte sich und bleckte die Zähne. Seine trübe blickenden Augen schienen sich zu wölben. Nach Atem ringend, rieb er sich die Kehle und verlagerte dabei sein Gewicht kaum merklich nach vorn.
    Konrad starrte ihn an. »Probier's«, würgte er hervor.
    Otfried schnaufte verächtlich und murmelte etwas Unverständliches. Plötzlich glitt ein Ausdruck von Verwirrung über sein Gesicht, und die angewinkelten Arme sanken herab. Schwankend richtete er sich auf, schneuzte sich und wischte sich mit dem Handrücken über die Nase. »Sonderbar bist du heute«, sagte er und betrachtete Konrad, als sähe er ihn zum erstemal. »Was ist nur in dich gefahren? Als ob ich sonstwas angestellt hätte! Weißt doch so gut wie jeder hier, daß ich ein Spaßvogel bin.«
    Konrad spürte, wie seine Wut verrauchte. Ihn befiel Verlegenheit, und weil er sich darüber ärgerte, sagte er grimmig: »Was jammerst du! Es hat sich eben ausgespaßt; wirst bald begreifen, wieso. Daß du für deine blöden Späße bekannt bist, tut nichts zur Sache. Wetze deine Zunge an wem du willst, den Grafen aber laß in Frieden. Ansonsten wirst du es bereuen. Und nun vorwärts! Hast mich schon viel zu lange aufgehalten.«
    Schweigend sattelte Otfried die Stute. Konrad schaute ihm zu. Erst jetzt wurde ihm bewußt, daß er drauf und dran gewesen war, sich mit dem anderen bis aufs Blut zu prügeln. Dabei mochte er ihn eigentlich und hatte sich bis zu diesem Moment an dessen herausfordernder Art nie gestört … Wie schlecht ihn der Graf doch kannte: Befürchtete, daß es ihm an Härte gebrach. Ein bißchen hatte ihn das gekränkt. Gewiß, er schlug nicht gern, man gehorchte ihm ja meist aufs Wort, und an den Verhören gefangener Räuber beteiligte er sich ebenfalls nicht. Wozu auch? Leute, die sich zu solch einer Arbeit drängten, gab es wahrlich genug. Nun aber, wo es gegen die heimlichen Freunde der Ungarn ging, würde er beweisen, daß es ihm nicht an Galle mangelte. Bei Otfried jedenfalls, er streifte ihn mit einem dankbaren Blick, schien ihm das soeben gelungen zu sein.

ZWEITES KAPITEL
1
    M ITTE O KTOBER VERBREITETE sich in den Dörfern links der unteren Saale die Kunde, daß der neue Grenzgraf tüchtige Männer suche, die bereit wären, im Slawenland Kriegsdienst zu tun. Erwünscht seien sowohl geächtete Freie als auch geflüchtete Eigenleute, sofern der Betreffende wenigstens einen Winter im Wald zugebracht hätte. Man werde nicht danach forschen, was er während dieser Zeit verbrochen habe; jedem, der sich bis zum Beginn der Schneeschmelze stelle, würden seine früheren Schandtaten verziehen. Er bekäme Kleidung, Waffen und ein Pferd, müsse unbedingten Gehorsam schwören und, falls er zu fliehen versuche, mit den schrecklichsten Strafen rechnen. Bewähre er sich, werde man ihm nach Ablauf einer bestimmten Frist ein Stück Boden zuteilen, groß genug, um davon sich und eine Familie ernähren zu können. Als freier und unbescholtener Mann, nur dem König Untertan, dürfe er sich darauf niederlassen und es an seine Nachfahren vererben. Bevorzugt würden junge und kräftige Leute, hieß es weiter, doch hätten diejenigen, die man abweise, nichts zu befürchten, sondern könnten unbehelligt dorthin zurückkehren, woher sie gekommen wären – und sei es geradewegs aus der Hölle.
    Die Nachricht gelangte zu denen, für die sie bestimmt war, wurde allerdings von den meisten zunächst mit Vorbehalten aufgenommen. Dabei war sie so unglaubwürdig eigentlich nicht. Schon König Heinrich hatte des öfteren verurteilte Räuber begnadigt, ihnen Waffen gegeben und sie in der Umgebung von Merseburg angesiedelt. Eine einzige Bedingung hatte er hieran geknüpft, nämlich die, daß sie künftig ihre Landsleute verschonen und statt dessen die Sorben berauben sollten.
    Doch hier handelte es sich nicht darum, dem Galgen zu entgehen, sondern sich freiwillig in die Gewalt eines Mannes zu begeben, der für die Unerbittlichkeit, mit der er selbst den kleinsten Dieb verfolgte, geradezu berüchtigt war. Auch das ruhmlose Ende der

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