Brennaburg
bekannt. Ich stehe zu meinem Versprechen, im Guten wie im Bösen … Nun noch eins: Du wirst dich für einige Wochen von deinen Leuten trennen müssen. Ihr werdet in verschiedenen Burgen wohnen. Sobald es über die Grenze geht, seht ihr euch wieder. Ich hoffe, du bist einverstanden. Ansonsten …« Gero wies zur Tür.
Die Bande beriet sich. Als sie fertig war, sagte Hemuzo spöttisch: »Tut mir leid, Herr Graf, doch diese Schweinehunde weigern sich. Ich würde es ja ein Weilchen ohne sie aushalten, aber sie sind so verflucht anhänglich. Sie meinen, daß es ihnen reinweg das Herz brechen würde, wenn sie auf mich einen Tag verzichten müßten. Was jetzt?«
»Was soll sein? Ihr dürft gehen.«
Bereits am Abend standen sie erneut vor dem Tor. »Wir haben's uns überlegt, Herr Graf. Da du nun einmal drauf beharrst, uns arme Waisen auseinanderzureißen, mag es also in Gottes Namen geschehen. Wie ist es, willst du uns noch?«
Hemuzo folgten Bukko, der Schlächter, Richolf, der Mönch, und Wolfram Pülverchen, welcher deshalb so hieß, weil er angeblich ständig zu sagen pflegte, daß er jeden, der sich mit ihm anlege, zu Staub zermalmen werde. Zu seiner Bande zählte ein dunkelhäutiger Mann, der von seinen Spießgesellen Peppo gerufen wurde. Sein Erscheinen verursachte auf dem Hof beträchtliche Aufregung. Schon seit längerem lief das Gerücht um, daß sich Wolfram bei seinen Überfällen eines schwarzgesichtigen Ungeheuers bediene. Gero hatte dem bisher keinen Glauben geschenkt, mußte aber jetzt einräumen, daß die Berichte der Bauern der Wahrheit entsprachen. Mit seinem pechfarbenen Antlitz, in dem sich die weißen Augäpfel wie unter einer Maske bewegten, der platten Nase und dem krausen Haarschopf, der den Kopf gleich einer riesigen Mütze bedeckte, bot der Fremde in der Tat einen furchteinflößenden Anblick.
Die Gefolgsleute bekreuzigten sich. Einige baten sogar, ihn wieder wegzuschicken, weil er ihnen womöglich Unglück brächte. Auch dem Grafen kamen Bedenken. Zwar erinnerte er sich, gehört zu haben, daß am Rande der Erde dunkelhäutige Menschen lebten, die man Äthiopier nannte; er hatte sie sich jedoch etwas anders vorgestellt.
»Woher bist du?« fragte er den Schwarzen, der zuvor alle Prüfungen glänzend bestanden hatte.
»Komm aus Italie«, antwortete dieser mit einer unerwartet hohen Stimme. »Ist da hinten.«
Er schwenkte den Arm, und Gero vermerkte erstaunt, daß er nach Süden zeigte. Draußen war es trüb, der Mann weilte zum erstemal in seinem Haus, trotzdem hatte er sich sofort orientiert. Seine Verblüffung unterdrückend, sagte der Graf: »Wo Italien liegt, weiß ich wohl. Ich vernahm allerdings noch nie, daß dort Menschen deiner Hautfarbe wohnen. Ich meine, du bist vom Stamme der Äthiopier.«
Entgeistert starrte ihn Peppo an. Plötzlich beugte er sich vor, klatschte sich auf die Oberschenkel und stampfte dabei mehrere Male mit dem rechten Fuß auf. Es sah aus, als vollführe er einen Tanz. »Blöder Quatsch!« stieß er, von Lachen geschüttelt, hervor. »Bin von kein Stamm. Komm aus Italien. Aus Venezia.«
»Nun gut, aus Venedig also«, sagte Gero. »Und deine Eitern? Wie gelangten sie dorthin? Auf dem Schiff eines Sklavenhändlers, vermute ich. Habe ich recht?«
»Weiß nicht. Hab kein Elter. War bei Kaufmann.«
»Bei einem Kaufmann bist du aufgewachsen? Warum hast du ihn denn verlassen?«
Abermals lachte der Schwarze, und zwar derart ansteckend, daß sogar etliche Dienstleute zu schmunzeln begannen. Den meisten freilich stand der Mund offen. So etwas Seltsames war ihnen noch nicht begegnet.
»Hat mich geschlagen, das Aas«, gab er fröhlich tänzelnd Bescheid. »Einmal habe ich ihn geschlagen. Da wollte er mich brennen.«
»Und?«
»Habe ich ihn –« Er verdrehte jäh die Augen, steckte seine himbeerfarbene Zunge heraus und machte »äcks«.
»Du hast deinen Herrn getötet?«
»Ja«, bestätigte Peppo strahlend. »Ist schon paar Jahre bei Teufel.«
Seine Kameraden johlten begeistert, und auch unter den Männern des Grafen wurde beifälliges Gelächter laut. Gero gebot ihm mit einer Handbewegung Einhalt. »Und wie ging es danach weiter?«
»Bin gelaufen. Über Berge.«
»Über die Alpen bist du gekommen?« entfuhr es Gero.
Peppo nickte. »War schrecklich«, sagte er düster, krümmte sich, kreuzte schlotternd die Arme über der Brust und klapperte mit den Zähnen.
»Warst du allein?«
»Erst nein, dann ja.« Seine Miene hellte sich wieder auf.
»Später habe
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