Brennaburg
Prebor lachte schallend und schüttelte einige Male den Kopf. »Ja, ja, ich habe sehr hohe Gäste.«
Er hielt inne und blickte an Geros Schulter vorbei in Richtung Dorf.
»So viele Männer führst du an«, sprach er, die Brauen hebend, weiter.
»Dies ist nur ein kleiner Teil von denen, die meinem Befehl unterstehen«, entgegnete Gero steif. »Graf Siegfried hat, wie dir sicherlich zu Ohren gelangt ist, im verflossenen Jahr das Zeitliche gesegnet. Ich wurde sein Nachfolger.«
»Zeitliche gesegnet? Was ist?«
»Nun, er starb.«
»Oh ja, ich weiß«, sagte Prebor betrübt. »Der arme Graf Siegfried! Er war so ein guter Mann. Es schmerzt mich sehr, daß er tot ist … Aber für dich«, seine düstere Miene hellte sich wieder auf, »macht mich glücklich, daß du sein Nachfolger wurdest.«
Konrad betrachtete ihn erstaunt. Selbst wenn Prebor tatsächlich noch keinen Verdacht geschöpft hatte, mußte ihm die Aussicht, eine solch große Zahl Leute zu beköstigen, doch einen gehörigen Schrecken einjagen. Nichts davon war ihm indes anzumerken; der unverhoffte Besuch schien ihn vielmehr aufrichtig zu freuen.
Nach wie vor lächelnd, blickte Prebor dorthin, wo die anderen warteten. »So viele Krieger hast du mit«, sagte er abermals und schnalzte anerkennend mit der Zunge. »Die Bauern haben schon Angst und sind geflohen.«
»Das tut mir leid. Ich versichere dir, es war nicht meine Absicht, sie in Angst zu versetzen.«
»Aber lieber Freund, was glaubst du von mir?« sagte Prebor, in einem Ton, als kränke ihn diese Beteuerung über alle Maßen. Doch da lächelte er bereits wieder und fuhr fort: »Bauer ist dumm, deshalb hat er immer Angst. Scheint die Sonne ein paar Wochen, hat er Angst, daß es nicht mehr regnen könnte, regnet es lange, hat er Angst, daß die Sonne nicht wiederkehrt. Soll er Zaun um meine Burg höher bauen, hat er Angst – ich weiß nicht, warum – und schimpft auf mich. Kommen jedoch Fremde ins Land, fällt er auf die Knie und spricht: Bitte, bitte, mein guter Herr, laß mich in deine Burg hinein, ich fürchte mich so!«
»Ja, du hast recht«, pflichtete ihm Gero mit zerstreuter Miene bei, »so sind sie.«
»Also werde ich ihnen sagen, sie sollen in ihre Häuser gehen.« Prebor schaute den Grafen fragend an und fügte hinzu: »Burg ist zu klein für so viele Männer, Dorf ebenfalls. Wo werden deine Krieger schlafen?«
»Wir führen Zelte mit uns.«
»Gut. Stroh haben wir genug. Ich sage nachher, daß man euch gibt. Jetzt werde ich die Bauern … Wie heißt bei euch?« unterbrach er sich. »Ah, ich weiß: Ich werde ihnen Beine machen.«
Er drehte sich um und schrie mit scharfklingender, fast wütender Stimme etwas zum Wehrgang hoch; um seinen Mund, der gerade noch gelächelt hatte, legten sich harte Falten. Drinnen erscholl Gebrüll, worauf die Leute, die zu ihnen hinabblickten, verschwanden. Kinderweinen ertönte, in das sich ein Zischen mischte, das rasch anschwoll. Es dauerte nicht lange, da stiegen aus der Burg Dampfwolken in den Himmel.
Wenig später knarrte das Tor, und mehrere Dutzend Menschen samt ihrem Vieh betraten die Brücke. Etliche trugen mit Essen gefüllte Kochkessel, andere zogen oder schoben ihre Wagen, wohingegen die Ochsen nebenher liefen. Offenkundig hatte man den Leuten nicht einmal Zeit zum Anspannen gelassen. Während sie den Graben überquerten, wurden von der Burg Gegenstände heruntergeworfen, die sie dort in der Eile vergessen hatten: Mützen, Löffel, Schöpfkellen, Pelze, Musikinstrumente, sogar Kinderspielzeug. Wer nichts zu schleppen hatte, sammelte die Sachen auf, und nachdem sie damit fertig waren, setzte die Schar ihren Weg fort.
»Jetzt noch ein Weilchen«, sagte Prebor. »Sie haben alles verunreinigt. Meine Leute müssen erst saubermachen.«
Konrad sah den Bauern hinterher. Seine Kameraden hatten Prebor unauffällig umstellt – um ihn an der Flucht zu hindern oder aber, sollten sich auf dem Wehrgang Bogenschützen zeigen, als Geisel zu benutzen. Der Sorbe war, wie er so dastand, ein Gefangener, und nur ein Wunder konnte ihm noch helfen. Doch obwohl alles ohne Blutvergießen abzugehen schien, verspürte Konrad keine Erleichterung, sondern angesichts der sorglos freundlichen Art Prebors eher Beklommenheit.
Er vernahm ein Räuspern. »Wie viele Krieger hast du?« erkundigte sich Gero mit versteinerter Miene.
»Weshalb möchtest du wissen?« fragte Prebor lächelnd zurück.
»Ist es ein Geheimnis? Dann verzeih meine Neugier.«
»Nein, es ist kein
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