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Brennaburg

Brennaburg

Titel: Brennaburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang David
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äußerte, begann der König seine Sorglosigkeit zu bereuen. Folgendes war geschehen: Ein Hofknecht hatte der Slawin die Bekanntschaft eines Bauern vermittelt, der sich gegen das Versprechen einer hohen Belohnung bereit erklärt hatte, mit der Brandenburg Kontakt aufzunehmen. Hierauf hatte sich der Bauer dem Vogt entdeckt und von ihm zur Zusammenarbeit verpflichten lassen. Die Verbindung war zustande gekommen. Eine Gruppe hevellischer Krieger lagerte seit einiger Zeit im Wald, um sich dort mit den Geschwistern während der ersten Tage nach der Flucht zu verstecken.
    Doch dann wollte das Mädchen von dem Vorhaben plötzlich nichts mehr wissen. Sie mied den Knecht und den Bauern und hatte, wie die Bediensteten berichteten, ständig Streit mit ihrem Bruder, dem es indes offenbar nicht gelang, sie zu einer Sinnesänderung zu bewegen. Das brachte den Vogt in Harnisch. Dieser Mann hatte sich derart in seine Aufgabe verbissen, daß ihm anscheinend entfallen war, worum es letztlich ging: darum, sich über die Pläne der Gegenseite Aufschluß zu verschaffen, und nicht, eine Flucht zu provozieren, um sie danach verhindern zu können. Sein Traum war es wohl, die Heveller im letzten Augenblick zu überrumpeln; und nun machte ihm das Mädchen aus eigensüchtigen Gründen einen Strich durch die Rechnung. Erbost wandte er sich an den König und forderte von ihm, er möge seinen Sohn veranlassen, die Verbindung abzubrechen.
    Heinrich wollte die närrische Beschwerde mit einem Schulterzucken abtun und die Verlegung der Geiseln befehlen, da erinnerte ihn die Weigerung der Slawin auf einmal an gewisse Unbegreiflichkeiten im Verhalten seines Sohnes, und er sah Bernhards Bedenken im neuen Licht. Wie, wenn an ihnen nun doch etwas dran war?
    Die gleiche Frage beschäftigte auch den Bischof. Er hatte sich einigermaßen gewundert, daß Heinrich nicht verstehen wollte, welche Gefahr seinem Heiratsplan drohte. Gewundert und ein bißchen an sich gezweifelt, denn dieser Mann hatte schon so oft recht behalten, daß man meinen konnte, Gott fände an seinem Eigensinn Gefallen. Und doch sagte Bernhard eine Ahnung, daß es diesmal anders kommen würde. Bei dem Gedanken stockte ihm der Atem: Dann war er es gewesen, der gewarnt hatte, und Heinrich würde endlich erkennen müssen, daß er mehr war als nur ein lästiger Mahner.
    Bald wurden aber noch seine kühnsten Hoffnungen übertroffen. Ein Bote rief ihn zum König, der mit seinem Hof gerade in Franken weilte. Heinrich begrüßte ihn und kam ohne Umschweife zur Sache: »Diese englische Prinzessin ist da. Übrigens sind es zwei – Schwestern. Glaubst du, es könnte Schwierigkeiten geben? Mir ist, als hättest du einmal so etwas angedeutet.«
    Was für Schwierigkeiten? wollte der Bischof fragen. Als er jedoch die Gereiztheit des anderen bemerkte, unterdrückte er seine Schadenfreude und entgegnete: »Mir scheint, daß dein Sohn für die Geisel mehr empfindet, als dir recht sein kann. In Anbetracht seines eigenwilligen Wesens halte ich deshalb Schwierigkeiten, wie du sie befürchtest, nicht für ausgeschlossen.«
    Heinrich kniff die Augen zusammen. Es hatte ihn einige Überwindung gekostet, diesen Mann, den er nicht mochte, um Rat zu fragen, weswegen er sich fest vorgenommen hatte, das Gespräch beim geringsten Anzeichen von Überhebung zu beenden. War es bereits so weit? Wohl noch nicht. Die selbstsichere Art, in der ihn Bernhard merken ließ, daß er seine Sorgen kannte, erfüllte ihn zwar mit Abneigung, aber auch mit Neugier …
    »Ich befürchte gar nichts«, knurrte er. »Schließlich weiß der Bursche, daß es in solchen Dingen nicht nach seinem Kopf geht.«
    Er streifte den Bischof mit einem hämischen Blick.
    »Ich habe die beiden Engländerinnen beobachtet, und glaub mir, sie haben Feuer. Prachtweiber sind das, alles was recht ist.«
    Bernhard war sicher, daß die Unterhaltung erst an ihrem Anfang stand. Dennoch bewegte er unschlüssig die Schultern. »Nun, vielleicht täusche ich mich«, sagte er bescheiden. »Verzeih, daß ich dich mit meinen Zweifeln behelligte.« Hierauf gab er durch Miene und Haltung zu erkennen, daß er nicht länger auf diesem Thema zu beharren gedachte.
    Der König lief ein paar Schritte in Richtung Tür. Als er sich wieder herum drehte, war sein Gesicht völlig verändert. »Wer von uns beiden irrt, weiß zur Stunde allein Gott«, sagte er treuherzig lächelnd. »Wenn wir es ebenfalls wissen, ist es vermutlich zu spät, und darauf möchte ich es selbstverständlich

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