Brennen Muss Salem
nur das sagen, was ich auch Parkins Gillespie gesagt habe. Erstens: Ich bin froh, daß nichts in die Zeitungen gekommen ist; für eine kleine Stadt genügt ein Skandal pro Jahrhundert. Zweitens: Ich habe keine Ahnung, wer eine so perverse Sache getan haben könnte.
Jedenfalls niemand aus der Stadt. Wir haben unsere Narren, aber das -«
Er hielt inne, als er die erstaunten Gesichter Susans und Bens sah. »Ihr wißt nichts? Habt ihr nichts gehört?«
»Was gehört?« fragte Ben.
»Es klingt nach Boris Karloff. Jemand hat gestern nacht die beiden Toten aus der Leichenhalle von Portland gestohlen.«
»Oh, du lieber Gott«, sagte Susan. Sie brachte die Worte nur mit Mühe hervor.
»Was ist los?« fragte Cody, plötzlich beunruhigt. »Wißt ihr etwas darüber?«
»Ich beginne es zu glauben«, sagte Ben.
Mittag war vorüber, als sie ihre Erzählung beendet hatten. Eine Krankenschwester hatte Ben den Lunch gebracht; der stand unberührt auf einem Tablett neben dem Bett.
Das letzte Wort war gesagt. Als einziges Geräusch blieb das Klirren von Gläsern und Besteck, das durch die halboffene Tür drang, weil hungrigere Patienten ihre Mahlzeit einnahmen.
»Vampire«, sagte Jimmy Cody. Und dann: »Ausgerechnet Matt Burke. Da ist es nicht leicht, das Ganze einfach wegzuwischen. «
Ben und Susan schwiegen.
»Und ihr wollt, daß ich den Glick-Jungen exhumiere. «
Cody nahm eine Flasche Aspirin aus seiner Tasche und warf sie Ben zu. »Aspirin«, sagte er. »Nehmen Sie es hin und wieder?«
»Oft.«
»Mein Vater nannte es die beste Krankenschwester eines Arzt - Wissen Sie, wie es wirkt?«
»Nein«, sagte Ben. Er kannte Cody nicht gut genug, um zu wissen, was er für gewöhnlich zeigte oder verbarg, aber Ben war auch überzeugt, daß nur wenige seiner Patienten ihn so kannten, wie er jetzt war: das jugendliche Gesicht von Gedanken und Überlegungen überschattet. Ben wollte Cody's Stimmung nicht stören.
»Ich weiß es auch nicht. Niemand weiß es. Es ist gut gegen Kopfweh und Arthritis und Rheumatismus. Wir wissen auch über diese Leiden nicht sehr viel. Warum tut der Kopf weh? Im Gehirn gibt es keine Schmerzpunkte. Wir wissen, daß die chemische Zusammensetzung von Aspirin jener von LSD gleicht; warum hilft das eine gegen einen Schmerz im Kopf, während das andere den Kopf mit Blumen füllt? Zum Teil verstehen wir das alles nicht, weil wir nicht wirklich wissen, was das Gehirn ist. Auch der beste Arzt der Welt steht auf einer kleinen Insel inmitten eines Meeres von Ignoranz. Wir klappern, wie die Primitiven, mit unseren Medizinmännerstöcken, töten Hühner rituell und lesen Botschaften in ihrem Blut. Weiße Magie. Natürlich würden meine Professoren sich die Haare raufen, wenn sie mich das sagen hörten. Einige von ihnen hat ja schon gestört, daß ich Landarzt in Maine wurde.«
Ben lächelte. »Sie würden Anfälle bekommen, wenn sie wüßten, daß ich eine Exhumierung des Glick-Jungen verlangen
»Werden Sie das tun?« fragte Susan, ehrlich erstaunt.
»Was kann es schaden? Wenn er tot ist, ist er tot. Wenn nicht, dann habe ich etwas, worüber der nächste Mediziner-Kongreß Kopf stehen wird. Ich werde vorgeben, daß ich bei dem Glick-Jungen nach Anzeichen von Enzephalitis schauen möchte. Das ist die einzige vernünftige Erklärung, die mir einfällt.«
»Wäre das nicht auch tatsächlich möglich?« fragte Susan hoff-nungsvoll.
»Verdammt unwahrscheinlich.«
»Wann könnten Sie die Untersuchung frühestens vornehmen?« fragte Ben.
»Vermutlich morgen.«
»Wie wird er aussehen?« fragte Ben. »Ich meine ...«
»Ja, ich weiß, was Sie meinen. Der Junge wurde nicht einbalsamiert?«
»Nein.«
»Und es ist eine Woche her?«
»Ja.«
»Wenn der Sarg geöffnet wird, entströmt ihm Gas und ein ziemlich unangenehmer Geruch. Der Körper mag aufgedunsen sein. Das Haar wird länger sein - es wächst noch erstaunlich lang weiter, und ebenso die Fingernägel. Die Augen sind sicherlich eingefallen.«
Susan versuchte vergeblich, einen Ausdruck wissenschaftlicher Sachlichkeit beizubehalten. Ben war froh, daß er seinen Lunch nicht gegessen hatte.
»Es mag etwas geben, das schlimmer ist als Verwesung«, sagte er ruhig. »Angenommen, Sie finden keines dieser Anzeichen. Angenommen, die Leiche sieht genau so aus wie am Tag der Bestattung. Was dann? Stoßen Sie einen Pfahl durch sein Herz?«
»Nun, ich glaube, soweit wird es nicht kommen. Wenn die Leiche in einem solchen Zustand sein sollte, würde sie ohne Zweifel zu
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