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Brennen Muss Salem

Brennen Muss Salem

Titel: Brennen Muss Salem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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daß er etwas Uraltes in der menschlichen Seele berührt, eine Saite zum Schwingen bringt, die sagt: Zieh fort oder stirb - zieh fort oder stirb.
    In diesem Jahr kam der erste Herbsttag (der wirkliche Herbstbeginn, im Gegensatz zum Herbstbeginn nach dem Kalender) am 28. September, an dem Tag, an dem Danny Glick auf dem Harmony-Hill-Friedhof begraben wurde.
    An der Einsegnung in der Kapelle hatte nur die Familie teilgenommen, aber zur Beerdigung kam beinahe die ganze Stadt -
    die Klassenkameraden, die Neugierigen und die alten Leute, für die der Besuch eines Begräbnisses beinahe zwanghaft wird, während das Alter langsam das Totenhemd auch für sie webt.
    In einem langen Zug kamen die Autos die Burns Road herauf.
    Trotz der Helle des Tages hatten alle die Lichter aufgeblendet.
    Zuvorderst kam Carl Foremans Leichenwagen, die Hinterfenster voll von Blumen, dann folgte der alte Mercury von Tony Glick. In den nächsten vier Autos saßen Familienangehörige, einige von ihnen waren sogar von weither, aus Tulsa in Oklaho-ma gekommen. Weitere Teilnehmer der langen Parade waren: Mark Petrie (der Junge, den Ralphie und Danny besuchen wollten, als Ralphie verschwand) mit Vater und Mutter; Richie Boddin und Familie; Mabel Werts im Auto von Mr. und Mrs.
    William Norton (sie saß im Wagenfond und erzählte fortwährend von Begräbnissen, die sie erlebt hatte, bis zurück zum Jahre 1930); Lester Durham und dessen Frau Harriet; Eva Miller mit ihren Busenfreundinnen Loretta Starcher und Rhoda Curless; Parkins Gillespie und sein Assistent Nolly Gardener im Polizeiauto der Stadt; Lawrence Crockett und seine mißmutige Frau; Charles Rhodes, der Autobuschauffeur, der alle Be-gräbnisse aus Prinzip besuchte; Charles Griffen mit seiner Familie.
    Mike Ryerson und Royal Snow hatten am frühen Morgen das Grab ausgeschaufelt und hatten über die ausgeschaufelten Erd-schollen Streifen von Plastikgras gelegt. Mike hatte ein ewiges Licht angezündet, wie die Glicks es verlangt hatten. Mike erinnerte sich, daß Royal ihm an diesem Morgen verändert vorkam.
    Üblicherweise riß Royal während der Arbeit faule Witze, aber an diesem Morgen war er schweigsam, beinahe mürrisch gewesen. Vielleicht ein Katzenjammer, dachte Mike.
    Vor fünf Minuten, als Carls Leichenwagen den Hügel heraufgekommen war, hatte Mike die Tore geöffnet und einen Blick auf die eisernen Spitzen geworfen, wie er es immer tat, seit er den Hund dort oben gefunden hatte. Dann ging er zu dem frisch ausgeschaufelten Grab, wo Pater Callahan wartete. Der Pater trug eine Stola um die Schultern, das Buch in seiner Hand war bei der »Totenmesse für Kinder« aufgeschlagen. Mike wußte, daß dies hier die »dritte Station« genannt wurde. Die erste war das Totenhaus, die zweite war die kleine katholische Kapelle, die letzte Harmony Hill. Schluß der Vorstellung.
    Ein Frösteln überkam Mike, und während er auf das hellgrüne Plastikgras hinabsah, fragte er sich, warum es zu jedem Begräbnis dazugehörte. Es sah genau nach dem aus, was es war: nach einer billigen Imitation des Lebendigen, die diskret schwere braune Erdklumpen bedeckt.
    »Sie kommen, Pater«, sagte er.
    Callahan war ein großer Mann mit stechend blauen Augen und einer rötlichen Haut. Sein Haar hatte die Farbe von grauem Stahl. Ryerson, der seit seinem sechzehnten Lebensjahr nicht mehr in der Kirche gewesen war, mochte ihn von allen Pfarrern der Stadt am liebsten.
    John Groggins, der Methodistenpriester, war ein alter, eingebildeter Hypokrit, und Pattersön, der Mormonenpfarrer, war vollkommen verrückt. Bei einem Begräbnis des Diakons der Kirche – das lag etwa zwei, drei Jahre zurück – hatte Pattersön sich doch tatsächlich auf dem Boden herumgewälzt. Callahan aber war für einen Papisten doch recht nett; seine Begräbnisse waren ruhig und tröstlich, und immer sehr kurz. Ryerson hatte seine Zweifel, ob Callahan all diese roten Äderchen auf den Wangen und um die Nase herum nur vom Beten hatte, aber wen ging es etwas an, wenn Callahan gelegentlich zu tief ins Glas schaute? Wie die Zeiten waren, schien es geradezu ein Wunder zu sein, daß nicht alle Geistlichen im Narrenhaus endeten.
    »Danke, Mike«, sagte Callahan und schaute zu dem hellen Himmel hinauf. »Das wird hart werden, heute.«
    »Vermutlich. Wie lange?«
    »Höchstens zehn Minuten. Ich werde den Schmerz der Eltern nicht noch verlängern. Es liegt ja noch genug vor ihnen.«
    »O. k.«, sagte Mike und ging auf den hinteren Teil des Friedhofs zu. Er

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