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Brennen Muss Salem

Brennen Muss Salem

Titel: Brennen Muss Salem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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bevor man Glick, schreiend und um sich schlagend, aus dem Grab ziehen konnte.
    »Danny, hör jetzt endlich auf! Du hast deine Mutter erschreckt! Dafür wirst du eine Tracht Prügel bekommen! Laßt mich in Ruhe! Laßt mich in Ruhe .. . Ich will meinen Jungen ...
    laßt mich los, ihr elenden Kerle ... o mein Gott–!«
    »Vater unser, der du bist in dem Himmel -« begann Callahan von neuem, und andere Stimmen fielen ein.
    »– geheiligt werde dein Name, dein Reich komme -«
    »Danny, komm zu mir, hörst du mich? Hörst du mich?«
    »– im Himmel, also auch auf Erden. Gib uns heute unser tägliches Brot und vergib uns -«
    »Daaannnyyy –«

    »- und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen, Amen.«
    »Er ist nicht tot«, schluchzte Tony Glick. »Er kann nicht tot sein. Er ist zwölf Jahre alt.« Mit tränenüberströmtem Gesicht stolperte Tony vorwärts, obwohl ihn die Männer zurückhielten. Vor Callahan fiel er auf die Knie und faßte mit erdverschmutzten Händen nach des Paters Soutane. »Bitte geben Sie mir meinen Jungen zurück. Bitte treiben Sie keinen Scherz mit mir.«
    Sanft nahm Callahan Tonys Kopf in beide Hände. »Lasset uns beten; Herr, wir bitten dich, stehe den trauernden Eltern bei. Du hast dieses Kind in der Taufe als dein Kind angenommen und ihm das ewige Leben geschenkt. Erweise auch uns dein Erbarmen und laß uns teilhaben an der unvergänglichen Freude. Durch Christus, unseren Herrn, Amen.«
    Er hob den Kopf und sah, daß Marjorie Glick in Ohnmacht gefallen war.
    Als alle fortgegangen waren, kam Mike Ryerson zurück und setzte sich an den Rand des offenen Grabes, um sein letztes Sandwich zu verzehren und um auf Royal Snow zu warten.
    Das Begräbnis hatte um sechzehn Uhr stattgefunden, und jetzt war es fast siebzehn Uhr. Die Schatten wurden länger, die Sonnenstrahlen fielen jetzt durch die großen Eichen im Westen ein. Wo war dieser verflixte Royal?
    Mikes Sandwich war mit Bologneser Wurst und mit Käse belegt – sein Lieblingssandwich. Alle belegten Brote, die Mike sich machte, waren Lieblingssandwiches; das war einer der Vorteile des Junggesellendaseins. Mike steckte den letzten Bissen in den Mund und wischte sich die Hände ab.
    Jemand beobachtete ihn.
    Er fühlte es plötzlich und mit absoluter Sicherheit. Mit weit aufgerissenen Augen blickte er auf dem Friedhof umher.
    »Royal? Royal, bist du da?«
    Keine Antwort. Der Wind seufzte in den Bäumen, und in den sich bewegenden Schatten der Ulmen konnte man Hubert Marstens Grabstein sehen. Plötzlich fiel Mike Wins Hund ein, und wie der auf dem eisernen Gitter aufgespießt gehangen war.
    Augen. Ausdruckslos. Beobachtend.
    Dunkelheit, überrasch mich nicht hier ...!
    Mike sprang auf, als hätte jemand laut gesprochen.
    »Zum Teufel mit dir, Royal.« Er sprach die Worte leise vor sich hin. Jetzt glaubte er nicht mehr, daß Royal in der Nähe war oder überhaupt kommen würde. Er würde alles allein tun müssen, und es würde lange dauern. Sehr lange.
    Er machte sich an die Arbeit und versuchte nicht, die Angst zu verstehen, die ihn überkommen hatte. Er fragte sich auch nicht, warum diese Arbeit, die ihn bisher nie beirrt hatte, ihm jetzt auf einmal so schwer fiel.
    Mit raschen, sparsamen Griffen zog er den künstlichen Grasteppich weg, rollte ihn ein und trug ihn zum Lieferwagen, der vor dem Tor geparkt war. Kaum hatte er den Friedhof verlassen, hörte das ekelhafte Gefühl, beobachtet zu werden, auf.
    Mike nahm den Spaten aus dem Wagen, ging zurück und zögerte. Er starrte auf das offene Grab. Seltsam. Es schien ihn zu verspotten.
    Jetzt fiel ihm auf, daß das Gefühl, beobachtet zu werden, aufgehört hatte, als er den Sarg nicht mehr hatte sehen können.
    Plötzlich glaubte er, Danny Glick mit offenen Augen auf dem kleinen Seidenkissen liegen zu sehen. Nein - das war töricht.
    Man schloß den Toten stets die Augen. Er hatte Carl Foreman oft genug dabei zugesehen. »Natürlich kleben wir sie zu«, hatte Foreman einmal gesagt. »Schließlich wollen wir nicht, daß die Leiche der Trauergemeinde zublinzelt!«
    Mike begann Erde auf den Mahagonisarg zu schaufeln. Bei dem dumpfen Laut, den das Aufschlagen der Schollen verursachte, wurde Mike beinahe übel. Er streckte sich und sah zerstreut auf die Kränze ringsum. Verdammte Verschwendung.
    Schon morgen würden die welken Blütenblätter überall umherliegen. Warum nicht das Geld der Krebsforschungsgesellschaft geben oder dem Roten Kreuz? Das hätte wenigstens einen

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