Brennende Fesseln
hinübergewechselt.
Ich gehe ins Arbeitszimmer, ziehe meine Schuhe aus und lege mich aufs Sofa. Ich schließe die Augen und denke an das, was wir hier getan haben, in diesem Arbeitszimmer, auf diesem Sofa. Meine Erregung ist groß. Ich würde gern masturbieren und denke schon daran, es zu tun, aber M. wird bald nach Hause kommen, und ich möchte meinem Verlangen nicht die Spitze nehmen. Draußen höre ich ein paar Krähen kreischen und einen Nachbarjungen nach seinem Hund rufen. Duke! Duke! Komm her, mein Junge!
Ein paar Minuten später betritt M. das Haus. Mein Wagen steht draußen, er weiß also, daß ich da bin und auf ihn warte. Ich höre ihn durchs Haus gehen und schweigend nach mir suchen.
Erst geht er in die Küche, dann ins Wohnzimmer. Schließlich kommt er ins Arbeitszimmer und entdeckt mich auf dem Sofa. Er legt ein paar Bücher und Papiere auf dem Schreibtisch ab. Dann wirft er einen Blick zum Flügel hinüber und runzelt die Stirn. Ich bin in sein Heiligtum eingedrungen, stehle ihm wertvolle Zeit mit dem Stutzflügel, seiner wahren Geliebten. Er hat mich gewarnt, das zu tun – und ich weiß, daß er mich später wegen dieses Verstoßes auspeitschen wird. Er sagt nichts, aber an der Art, wie er seinen Blick über meinen Körper wandern läßt, weiß ich, daß ich diesmal gewonnen habe – ich sehe die Erregung in seinen Augen. Ich bin neugierig, was er tun wird, wie er mich heute ficken wird. Die Entscheidung liegt bei ihm; die Entscheidung liegt immer bei ihm. Vielleicht ist das der Grund, warum meine Leidenschaft für ihn nie nachläßt. Er überrascht mich immer wieder, und unsere Beziehung birgt stets ein Element der Gefahr. Dazu kommt das Wissen, daß ich mich seinen Wünschen und Vorlieben bedingungslos unterwerfen muß.
Er steht immer noch abwartend neben dem Schreibtisch. In seinem weißen Leinenanzug und dem anthrazitfarbenen Hemd wirkt er kühl und frisch. Meine Aufregung schlägt in Angst um, und ich weiß, daß M. genau das erreichen will. Erwartungsvoll setze ich mich auf, hüte mich aber, etwas zu sagen. Ich spekuliere, ob er mich schon heute für meinen Verstoß auspeitschen oder sich die Bestrafung für ein andermal aufheben wird. Vielleicht wird er mich heute wieder fesseln.
Während er reglos an seinem Schreibtisch lehnt, wird mir zum ersten Mal wirklich bewußt, was seine Anziehungskraft ausmacht. Als ich ihn kennenlernte, fand ich ihn gutaussehend, war mit Frannys Urteil aber nicht einverstanden. Sie schrieb, daß er etwas Sinnliches an sich habe, das sie nicht verstehe, eine starke Anziehungskraft, die ihn zugleich unnahbar erscheinen lasse. Ich verwarf ihre Meinung als naiv, das unreife Geschreibsel einer leicht zu beeindruckenden jungen
Frau. Aber im Lauf der Monate hat sich meine Art, auf M. zu reagieren, gewandelt, bei jedem unserer Treffen spreche ich intensiver auf ihn an. M.s Anziehungskraft hat etwas Hypnotisches, sie ist eher psychischer als physischer Natur und deshalb wesentlich mächtiger, fesselnder und gefährlicher. Franny hatte Angst vor seiner Sinnlichkeit, und mir geht es genauso, aber gleichzeitig sehne ich mich danach. Bis ich M. kennenlernte, war mir nicht klar, wie attraktiv ein dominanter Mann sein kann. Ich hatte die andere Seite des Sex nicht gekannt – eine dunklere Seite, wo der Kampf der Geschlechter ebenso rauh wie süß ist.
»Zieh dich aus«, sagt er schließlich und verschränkt die Arme vor der Brust. »Ich will dich nackt sehen.«
Längst habe ich es aufgegeben, M. in Jeans und T-Shirt unter die Augen zu treten. Heute trage ich ein kurzes Sommerkleid aus einem eierschalenfarbenen Knitterstoff, der sich locker um meinen Körper schmiegt. Ich stehe auf und ziehe es aus. Darunter trage ich ein beigefarbenes Seidenhemd. Ich ziehe es mir über den Kopf, hake meinen BH auf und steige aus dem Slip. Nackt, die Hände an den Seiten, warte ich auf seine nächsten Anweisungen, auf die Berührung seiner Hand. Ich spüre den quälenden Schmerz des Verlangens.
»Setz dich auf die Sofakante, und lehn dich zurück.«
Ich gehorche wortlos. An Widerstand denke ich längst nicht mehr.
»Rutsch ganz nach vorn, und zieh die Beine an die Brust. Leg die Hände auf die Knie, und spreize sie. Öffne sie für mich.«
Ich tue, was er verlangt, und erwarte ihn mit gespreizten Knien. Mein Atem geht schneller. Es erregt mich, so vollständig entblößt und unterwürfig vor ihm zu liegen.
Gemächlich kommt er zu mir herüber. »Ja«, sagt er. »So sehe ich dich
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