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Brennende Fesseln

Brennende Fesseln

Titel: Brennende Fesseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Reese
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Ihnen, sich mit ihm einzulassen. Sie handeln sich damit nur Ärger ein – und Sie stören unsere Ermittlungen. Wir können keine Amateurdetektive gebrauchen, Nora. Lassen Sie ihn in Ruhe.«
    Ich stehe auf. »Das kann ich nicht.« Mit einem Nicken in Richtung Tüte sage ich: »Lassen Sie mich wissen, was dabei herauskommt.« Dann drehe ich mich um und gehe.
    Ich fahre zu meinem Haus zurück. Auf der anderen Straßenseite ist eine Nachbarin, eine kleine Mittvierzigerin namens Ann Marie, gerade damit beschäftigt, die Hecke zwischen ihrem und dem angrenzenden Grundstück zu schneiden. Über den Jeans trägt sie ein Flanellhemd, das ihr viel zu groß ist – wahrscheinlich gehört es ihrem Mann –, dazu Gartenhandschuhe. Überall liegen abgeschnittene Zweige herum. Ich bezweifle, daß jetzt die richtige Zeit zum Heckenschneiden ist, sage aber nichts. Ich kenne mich da zu wenig aus; um meinen Garten kümmert sich mein Vermieter. Ich hole die Post aus dem Kasten und gehe ins Haus. Drinnen angekommen, höre
ich meinen Anrufbeantworter ab. Vier Nachrichten sind drauf: eine von einer Freundin aus Reno, eine von Ian, eine von Maisie, meiner Freundin beim Bee , und die letzte von M. Ich habe ihm weder meine Telefonnummer noch meine Adresse gegeben, aber ich stehe unter »N. Tibbs« im Telefonbuch. Seine Nachricht ist kurz und bündig: »Ich hole dich Samstag vormittag gegen elf ab.« Er nennt keinen Namen, aber es ist zweifellos seine Stimme.
    Ich weiß nicht recht, wie ich auf Ians Anruf reagieren soll. Er will mich heute abend sehen, aber ich glaube nicht, daß ich ihm schon gegenübertreten kann. Mein Verrat ist zu tiefgreifend. Ich hinterlasse eine Nachricht auf seinem Anrufbeantworter. Um Zeit zu gewinnen, tische ich ihm eine Notlüge auf. Ich erzähle ihm, daß ich krank bin und deswegen heute abend keine Lust auf Gesellschaft habe. Vielleicht geht es mir in ein paar Tagen wieder besser, sage ich. Ich glaube, es ist nur ein leichter Grippeanfall. Nach diesen Worten lege ich auf, dankbar, daß ich in einem Zeitalter lebe, dessen Technologie es einem erlaubt, die Wahrheit zu umgehen. Ich weiß, daß ich ein Feigling bin.

13
    Als M. am Samstag an meiner Tür klingelt, warte ich schon auf ihn. Er hat mir nicht gesagt, wo es hingehen soll, deswegen habe ich einen kurzen schwarzen Rock angezogen, der für alle Gelegenheiten paßt, und darüber einen langen roten Pulli. Ich mache ihm die Tür auf, und er kommt unaufgefordert herein, als gehöre er hierher.
    »Ich dachte, wir gehen weg?« frage ich.
    »Ja«, antwortet er. »Später.« Dann fügt er hinzu: »Darf ich?« und beginnt eine Besichtigungstour durch mein kleines Haus. Er trägt eine Hose aus feinem Köper und einen sehr
teuer aussehenden grauen Pulli, und er hat das selbstsichere Auftreten eines Mannes, der es gewohnt ist, seinen Willen durchzusetzen. Es zeigt sich an seiner Haltung, der Präzision seiner Bewegungen, der Art, wie er spricht – und der Art, wie er mich Sonntag nacht geliebt hat. Ich weiß noch genau, wie er mich berührt hat – selbstbewußt, in dem sicheren Wissen, mir Lust zu bereiten –, und trotz meiner Feindseligkeit durchläuft mich eine Welle des Verlangens. Ich weiß, daß ich mich auf gefährlichem Terrain bewege.
    »Falls wir irgendwo hinfahren wollen«, sage ich, »dann nichts wie los.«
    M. lächelt. »Und ob wir irgendwo hinfahren! An einen Ort, der dich sehr interessieren wird.«
    Aber er macht keine Anstalten, mein Haus zu verlassen. Ich folge ihm durch die Diele und den schmalen Gang. Es gibt zwei Schlafzimmer, an jedem Ende eines, und in der Mitte ein Gästebad. Das kleinere Schlafzimmer habe ich zum Büro umfunktioniert. Dort stehen mein Schreibtisch, mein Computer und zwei wandfüllende Bücherregale. Nachdem er einen flüchtigen Blick in dieses Zimmer geworfen hat, eilt er weiter in mein Schlafzimmer. In der Tür bleibt er stehen und sieht sich um. Eine gläserne Schiebetür führt in den Garten hinaus und spendet zusätzliches Licht. Auf der gegenüberliegenden Seite des Zimmers steht eine Schrankwand mit verspiegelten Schiebetüren, die den Raum größer wirken lassen, als er in Wirklichkeit ist. Auf meinem großen Luxusbett sind Satinkissen in Rosa und Rauchblau verteilt. Als er Ians Foto auf der Kommode entdeckt, geht er sofort hinüber und greift nach dem Messingrahmen. Auf dem Bild lächelt Ian zu mir herunter. Er hat den Arm um meine Schulter gelegt und hält den Kopf leicht schräg, als würde er gleich in Lachen

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