Brennende Fesseln
warst vorgewarnt. Du hast von Anfang an gewußt, was passieren wird – vielleicht nicht ganz genau, aber du hast zumindest eine vage Vorstellung.«
»Worauf wartest du dann?«
Er küßte mich noch einmal auf den Hals und ging dann zum Herd zurück. »Ich warte, bis du soweit bist.«
Ich begreife nicht, wie sein Verstand funktioniert. Warum sollte er auf mich Rücksicht nehmen, auf Franny aber nicht? Vor allem, wo es so offensichtlich ist, daß sie mehr verwöhnt werden wollte als ich. Seit der Sache mit den Verbänden hat M. mich zu nichts mehr gedrängt. Vor ein paar Tagen holte er seine Seile hervor und wollte mich fesseln. Wir lagen in seinem Bett, als er in den Nachttisch griff und die Seile herauszog. Ich zuckte zurück.
»Nein«, sagte ich entschieden. »Ich lasse mich von dir nicht fesseln.«
Er ließ den Strick vor meiner Nase baumeln. »Bildest du dir etwa ein, daß ich dir nur dann etwas tun kann, wenn du gefesselt bist? Täusch dich nicht, Nora – wenn ich dir etwas tun wollte, dann könnte ich das. Mit oder ohne Seil. Das müßtest du inzwischen schon wissen.«
Ich gab ihm keine Antwort, tat, als hätten seine Worte mich erschreckt. Ich wollte, daß er mich für schwächer hielt, als ich in Wirklichkeit war. Er sollte ruhig glauben, daß ich Angst vor ihm hatte. Allzusehr schauspielern mußte ich nicht.
»Na gut«, sagte M. schließlich, »lassen wir das mit den Stricken vorerst sein. Aber irgendwann werde ich sie benutzen.« Er sagte das mit einer solchen Gewißheit, daß ich eine Gänsehaut bekam.
Nur einige wenige Männer, zu denen ich Vertrauen hatte, haben mich bisher gefesselt, wenn auch nur locker, und ich habe es umgekehrt mit ihnen gemacht, aber das war nur ein Spiel. Es machte Spaß, es war erotisch, und ich wußte, daß alles ohne körperlichen Schmerz abgehen würde. Mit M. wäre Ernst daraus geworden. Die Erinnerung an das, was ich als Mumie durchgemacht hatte, war noch zu frisch.
Er drängte sich näher an mich. Noch immer hatte er ein Stück Seil in der Hand, und er begann, damit über meinen nackten Körper zu streichen, meine Brüste, meinen Bauch, die Innenseiten meiner Schenkel. Ich lag reglos da wie ein Tier, das vor Schreck wie gelähmt ist.
»Die Menschen haben eine angeborene Tendenz, vor Schmerz zurückzuschrecken«, sagte er, während er mich mit dem Seil liebkoste. »Ich genieße es, meine Frauen zu bestrafen, wenn sie ungehorsam waren, und um das richtig tun zu können, um sie angemessen züchtigen zu können, sind manchmal Fesseln erforderlich. Sie gewährleisten, daß die Frauen stillhalten, bis ich mit ihnen fertig bin. Ich genieße es, Frauen in Fesseln zu sehen, sie hilflos vor mir zu sehen und mit ihnen zu machen, was ich will, zu wissen, daß sie mir völlig ausgeliefert sind. Aber ich gebrauche die Seile nicht nur meinetwegen. Manche Frauen mögen den Schmerz, brauchen aber das Gefühl, zur Unterwerfung gezwungen zu werden. Sie können nicht offen zugeben, daß sie den Schmerz an sich schätzen oder daß sie sich wünschen, vergewaltigt, ausgepeitscht oder sonstwie bestraft zu werden. Sie brauchen das Gefühl, gefesselt zu sein, um es genießen zu können. Ich gebe ihnen bloß, was sie wollen.« Nach einer kurzen Pause fügte er hinzu: »Manchmal gebe ich ihnen auch mehr, als sie wollen. Deine Schwester hat immer mehr bekommen, als sie wollte.«
»Zum Beispiel?« fragte ich. Diesmal benutzte ich Franny, um von mir selbst abzulenken.
Er schwieg einen Moment nachdenklich. Dann sagte er:
»Ich habe dir schon ein paar Tage lang nichts mehr von ihr erzählt, stimmt’s? Ich nehme an, es ist an der Zeit, eine weitere Lücke ihres Tagebuchs zu füllen. Bondage. Laß uns über das Thema Fesseln reden. Wenn ich mich richtig entsinne, hat sie in ihrem Tagebuch erwähnt, daß ich sie ein paarmal festgebunden habe, aber ansonsten äußert sie sich kaum zu diesem Thema. Sie haßte Fesseln mehr als alles andere, mehr als den Schmerz – und genau aus dem Grund habe ich sie bei ihr besonders oft eingesetzt. Eines Abends habe ich sie nackt und mit gespreizten Beinen ans Bett gefesselt und ihr die Augen verbunden. Ich habe ihr gesagt, daß ein paar Freunde, lauter Männer, auf eine Runde Poker vorbeikämen und daß ich ihnen gestatten würde, sie sich einer nach dem anderen anzusehen und mit ihr zu machen, was sie wollten. Dann schob ich ihr Stöpsel in die Ohren, so daß sie nichts mehr hören konnte, und ließ sie allein im Schlafzimmer zurück. Weinend flehte sie
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