Brennende Finsternis - Carriger, G: Brennende Finsternis - Changeless
Lady Maccon erschauderte schon beim bloßen Gedanken.
»Oder denen der Vampiren.« Ganz gleichgültig, wie sehr sich beide Gruppen in die zivilisierte Gesellschaft integriert hatten, Werwölfe und Vampire würden einander niemals wirklich vertrauen.
Unvermittelt blieb Lady Maccon stehen. Ihr Mann tat vier lange Schritte, bevor er merkte, dass sie angehalten hatte. Gedankenverloren starrte sie hinauf in den Äther, während sie ihren Sonnenschirm im Nacken drehte.
»Gerade habe ich mich wieder an etwas erinnert«, sagte sie, als er an ihre Seite zurückgekehrt war.
»Oh, das erklärt natürlich alles. Wie töricht von mir zu glauben, dass du gleichzeitig gehen und dich an etwas erinnern könntest!«
Sie streckte ihm die Zunge heraus, setzte sich aber wieder in Bewegung, um langsam auf die Burg zuzuschlendern. Er passte sein Tempo ihren Schritten an. »Dieses Insekt, das mich beim Frühstück erschreckt hat. Das war überhaupt keine Kakerlake. Das war ein Skarabäus. Aus Ägypten. Er muss etwas mit den Artefakten zu tun haben, die sie mit sich zurückgebracht haben.«
Lord Maccon verzog den Mund. »Igitt!«
Sie waren ein ganzes Stück hinter dem Rest der Gruppe zurückgefallen. Die anderen wollten gerade die Burg betreten, als jemand daraus hervortrat, jeden Einzelnen der Gruppe höflich begrüßte und dann zielstrebig auf Lord und Lady Maccon zu marschierte.
Es handelte sich um Madame Lefoux.
Alexia winkte der Französin grüßend zu. Madame Lefoux trug ihren schönen taubengrauen Gehrock, gestreifte Hosen, eine schwarze Satinweste und eine königsblaue Halsbinde. Es war ein hübsches Bild: Castle Kingair, nebelverhangen und grau im Hintergrund, und davor die attraktive, wenn auch völlig unangemessen gekleidete Frau, die auf sie zu eilte. Bis Madame Lefoux nahe genug war, um erkennen zu können, dass sie auch noch etwas anderes trug: nämlich einen besorgten Ausdruck im Gesicht.
»Isch bin froh, dass isch Sie beide gefunden ’abe!« Ihr Akzent war auf einmal ungewöhnlich ausgeprägt, sie klang schon fast so schlimm wie Angelique. »Etwas ’öchst Ungewöhnlisches ist gesche’en, Lady Maccon. Isch ’abe nach Ihnen gesucht, um Sie zu informieren, dass isch, als isch nach dem Äthografen gese’en ’abe, sah, dass …«
Ein ohrenbetäubender Knall hallte durch die schottischen Highlands, dass Alexia glaubte, der Nebel würde erzittern. Madame Lefoux, deren Gesichtsausdruck von Sorge zu Überraschung wechselte, brach mitten im Satz ab und geriet ins Taumeln. Ein roter Fleck erblühte auf einem der makellosen grauen Rockaufschläge.
Lord Maccon fing die Erfinderin auf, bevor sie zu Boden gestürzt wäre, und legte sie sanft und vorsichtig ab. Kurz hielt er ihr die Hand vor den Mund, um herauszufinden, ob sie noch atmete. »Sie lebt.« Schnell zog sich Alexia den Schal von den Schultern und reichte ihn ihrem Gatten, damit er ihn als Verband benutzen konnte und nicht auch noch die letzte seiner guten Halsbinden ruinierte.
Alexia sah zur Burg hoch und suchte die Zinnen nach einem Gewehrlauf ab, auf dem das Sonnelicht funkelte, doch dafür gab es zu viele Zinnen und zu wenig Sonne. Der Heckenschütze, wer immer er auch sein mochte, blieb unsichtbar.
»Sofort runter mit dir, Weib!«, befahl ihr Ehemann, packte sie bei einer Rüsche ihres Rocks und zerrte sie zu Boden neben die hingestreckte Französin. Die Rüsche riss. »Wir wissen nich’, ob der Schütze auf sie oder auf uns gezielt hat«, knurrte er.
»Wo steckt denn dein hochgeschätztes Rudel? Sollten die nicht angehetzt kommen, um uns zu helfen?«
»Woher willst du denn wissen, dass es nich’ sie sind, die da schießen?«, fragte ihr Mann.
»Gutes Argument.« Lady Maccon hielt ihren offenen Sonnenschirm schützend so, dass er sie so gut wie möglich in Richtung der Burg abschirmte.
Ein weiterer Schuss peitschte. Die Kugel fuhr neben ihnen in die Erde und ließ Torf und kleine Steinchen aufspritzen.
»Das nächste Mal«, brummte der Earl grimmig und blickte auf ihren Sonnenschirm, »zahl ich noch ein bisschen drauf und lass das Ding mit einem Metallschild bespannen.«
»O ja, das ist sicher ungemein praktisch an heißen Sommernachmittagen! Komm schon, wir müssen uns Deckung suchen!«, zischte seine Frau. »Ich lasse den Sonnenschirm hier aufgespannt liegen, um sie abzulenken.«
»Hinüber zu der Hecke?«, schlug Conall vor und machte eine Kopfbewegung nach rechts, wo eine kleine, mit wilden Rosen überwucherte Böschung die offizielle
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