Brennende Hunde
strapaziös bezeichnet hatte.
Sie befanden sich nun im labyrinthartigen Inneren des
Eeze, in dem es anders war, als Corwell es sonst aus Diskotheken kannte. Keine
Laserlichter, die flackernd die Gesichter und Körper der Gäste erhellten, statt
dessen Schwarzlichtlampen, die dem Interieur etwas Gespenstisches gaben. Auch
Musik, wie sie hier aus den Lautsprechern quoll, träge und endzeitlich, hatte
er noch niemals gehört. Nebelmaschinen spuckten kalte, weiße Wolken aus und
erschwerten ihm und Dr. Chairman die Sicht. Wenn man in diesem Spuk aus
Irrlicht und Nebel überhaupt etwas sah, waren es junge Menschen mit blassen Gesichtern
und bizarren Frisuren. Sie wirkten gelangweilt und bewegten sich so langsam und
träge, als wären ihre Körper auf Slomo gestellt.
„Also, Corwell, sehen Sie sich um. Und geben Sie
Bescheid, wenn Sie die Gothic-Lady irgendwo sehen.“
„Aber die sehen hier alle so aus“, gab er zurück. „Und
ich habe sie nur auf dem kurzen Weg vom Sadie’s bis zu ihrem Pick-Up gesehen.“
„Was wollen Sie machen, wenn man Sie demnächst in ein
schwarzes Viertel versetzt? Glauben Sie mir, da sehen zunächst auch alle gleich
für uns aus.“
„Ich werde in ein schwarzes Viertel versetzt?“ Corwell
wirkte beunruhigt.
„Furcht, mein Kleiner? Wovor? Weiß, schwarz, gelb oder
rot – die Menschen sind alle und überall gleich: kleine verstockte, bösartige Wesen,
die für diesen Planeten dasselbe darstellen wie ein Ebola-Virus für den
menschlichen Körper. Aber irgendwann lernt man, die einzelnen Exemplare
auseinanderzuhalten.“
Sie hatten eine der zahlreichen kleineren Theken
erreicht, und Dr. Chairman bestellte bei der Bedienung mit den lilafarbenen
Dreadlocks und den dunkel geschminkten Kajalaugen zwei Budweiser light.
Plötzlich, als habe sie sich aus dem Boden geschraubt,
erschien neben Corwell eine junge Frau in einem schwarzen Latexbustier und mit feuerroten
Haaren. Eine Zeitlang stierte sie Corwell aus ihren schwarzgeschminkten Augen
einfach nur an, dann erschien ein winziges Lächeln auf ihrem Gesicht.
„Was ist rothaarig, willig und wohnt hier gleich um die
Ecke?“ fragte sie ihn.
„Pech, meine Kleine. Der Junge gehört mir“, antwortete
Dr. Chairman für ihn.
Das Mädchen schmollte kurz mit den Lippen, dann ging es
davon.
„Corwell, hören Sie auf damit!“ wandte sich Dr. Chairmann
barsch an Malvicks Assistenten.
„Womit aufhören?“ wollte er wissen.
„Den Zombies hier schöne Augen zu machen.“
„Aber ich hab’ überhaupt nichts gemacht. Ich stand
einfach bloß da.“
„Dann hören Sie auf, einfach bloß dazustehen, und machen
Sie sich endlich an die Arbeit!“
Mißmutig setzte Corwell sich in Bewegung, um einen
Rundgang zu machen und nach der Gothic-Lady Ausschau zu halten. Er haßte es, wie
Dr. Chairman mit ihm sprach. Überhaupt hatte er sich die Arbeit beim Los
Angeles Police Department ruhiger vorgestellt. Seit er von Berkeley, wo er
seine Ausbildung absolviert hatte, hierher versetzt worden war, begegnete ihm
ständig der Tod. Ein Wunder, daß die Stadt überhaupt noch Einwohner hatte.
***
In seinem braunen Dodge war der Mann mit der Halbglatze
dem Alpha Spider bis nach Downtown gefolgt, wo er beobachtet hatte, wie Buster
McCullum und sein beleibter Begleiter in einem Club namens Eeze verschwunden
waren. Er parkte den Dodge, ging zum Alpha Spider hinüber, bückte sich und
zerstach mit einem Messer die Reifen.
Der Mann trug einen altmodischen Herrenanzug, ein weißes
Oberhemd mit schwarzer, schmaler Krawatte und war sich bewußt, daß ihn der
Türsteher des Clubs in dieser Aufmachung nicht so ohne weiteres hineinlassen
würde. Unschlüssig stand er auf der anderen Straßenstraße und hielt seinen
Blick dem Eingang zugewandt. Nichts würde ihn davon abhalten können, das Böse
in dieser Welt zu eliminieren. Gott persönlich hatte ihn auserwählt, gegen den
Schmutz und die Sünde zu Felde zu ziehen. Männer wie Buster McCullum trugen die
Schuld, daß die Musik des Teufels sich ausbreitete und die Seelen der Menschen
verdarb. Unzucht und Lasterhaftigkeit wurden gepriesen, die Schönheit der Musik,
ihre einst göttliche Reinheit, mit jeder Note, jeder Textzeile in böser Absicht
besudelt. Luzifer dirigierte und verbreitete seine Botschaften mit Hilfe der
Radiostationen, der Plattenfirmen und MTV. Sie alle standen in seinen Diensten
und infiltrierten den menschlichen Geist, füllten ihn mit abnormen Sehnsüchten
nach Sex und mit schrecklichen
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